2.4 MESFET, HFET und HBT
Die unipolaren Bauelemente auf GaAs-Basis - MESFET und HFET -
verfügen im Vergleich zum bipolaren HBT über einen großen
zeitlichen Entwicklungsvorsprung. Zwar sind HFETs, MESFETs und
HBTs in Anwendungsgebieten bis etwa 30 GHz recht gleichmäßig
vertreten, jedoch dominiert der HFET bei den Frequenzen des Millimeterwellenbereichs,
obwohl auch MESFET-Schaltungen und diskrete HBTs gute Ergebnisse
liefern. Allerdings ist der HFET gegenüber MESFET und HBT
heute noch aus Qualitätsgründen im gesamten Millimeterwellenbereich
nur schwer zu überbieten [74].
Die Vorteile der unipolaren Bauelemente gegenüber dem HBT
liegen auf der Hand:
- Während MESFETs und HFETs in planarer Technik hergestellt
werden können, werden HBTs in Mesa-Technik gefertigt. Das
erfordert zusätzliche Planarisierungsschritte. Zudem erfordern
Fertigungsprozesse für unipolare Bauelemente im allgemeinen
weniger Maskenebenen als HBT-Prozesse.
- Unipolare Leistungsbauelemente (power HFET/MESFET)
haben meist sehr langgezogene, schmale Abmessungen. Ihr thermischer
Widerstand ist daher meist kleiner als der eines HBT. Außerdem
sind auch bei Leistungsbauelementen die Stromdichten noch wesentlich
kleiner, als bei einem HBT. Damit kommt es bei HFETs und MESFETs
nicht zu einer starken Selbsterwärmung. Im Gegensatz dazu
sind HBTs thermisch limitiert. Zwar können aufgrund der kompakten
HBT-Geometrie hohe Flächenleistungsdichten erzielt werden,
die resultierende Selbsterwärmung führt jedoch zur Degradation
der Transistoreigenschaften.
- MESFETs sind prozeß- und schaltungstechnisch bis mindestens
20 GHz in hohem Maße optimiert und weisen ein ausgezeichnetes
Preis/Leistungsverhältnis auf. HFETs zeigen ausgezeichnete
Hochfrequenzeigenschaften und sind schaltungstechnisch etabliert.
Da sie den gesamten mit HBTs zugänglichen Bereich bereits
effizient abdecken, stellt sich die Frage nach der Rentabilität
einer weiteren teuren Technologie.
- HFETs weisen hauptsächlich aufgrund der Entkopplung von
Dotierstoffatomen und Leitungselektronen hervorragende Rauscheigenschaften
auf. Sie werden daher bevorzugt für rauscharme Erfordernisse
eingesetzt.
Im Gegenzug weisen die HBTs durchaus auch einige Vorteile gegenüber
den unipolaren Bauelementen auf:
- HBTs sind vertikale Bauelemente, deren Mindeststrukturgrößen
im mm-Bereich liegen und sind damit selbst mit einfacher Kontaktlithographie
in hochwertiger Qualität herstellbar. Dagegen sind die lithographischen
Anforderungen, die an schnelle MESFETs und HFETs gestellt werden
müssen, wesentlich höher. Die unipolaren Bauelemente
sind durch ihre lateralen Abmessungen, insbesondere die Gatelänge
bestimmt, die mittlerweile routinemäßig bei 250 nm
liegt und in absehbarer Zeit auch kommerziell die 100 nm Marke
unterschreiten wird.
Die Steilheit gm ist beim HBT generell höher als bei den
unipolaren Bauelementen und meist auch bei niedrigen Strömen
bereits sehr hoch. Sie zeigt eine exponentielle Abhängigkeit
von der Basis-Emitterspannung Vbe, während bei MESFET und
HFET nur lineare oder quadratische Abhängigkeiten zu beobachten
sind.
- Die Durchbruchspannung kann beim HBT über die Dicke der
Kollektordiode fast nach Belieben eingestellt werden. Beim Leistungs-HFET
wird versucht dies durch Vergrößerung des Abstandes
zwischen Gate und Drain zu steuern. Mit dieser Maßnahme
werden jedoch meist die Hochfrequenzeigenschaften verschlechtert.
- In HBTs sind aufgrund der vertikalen Struktur erheblich höhere
Stromdichten zu erzielen, da bei geeigneter Geometrie die gesamte
Emitterfläche zum Gesamtstrom beiträgt. Beim HFET sind
die Gesamtstromdichten durch den dünnen lateralen Kanal bestimmt.
Im Zusammenhang mit den hohen erreichbaren Durchbruchspannungen
ergeben sich zudem auch sehr hohe Leistungsdichten im HBT, die
einem HFET nicht zuzumuten sind.
Insgesamt überwiegen die Vorteile des HFET die der MESFETs,
aber auch die der HBTs. Selbst im Vergleich zu den weit verbreiteten
Si-Bipolartransistoren schneidet der HFET bei fortschreitender
technologischer Entwicklung immer besser ab. Die Vorteile der
Si-Bipolartransistoren sind derzeit noch:
- Si ist als Substratmaterial wesentlich billiger als GaAs.
- Si benötigt keine teuren epitaktischen Verfahren.
- Si-Prozesse sind ausgereift.
Die Vorteile der GaAs-Bauelemente werden umso entscheidender,
je höher die Frequenzen werden. Zwar sind auch bei den Si-Bipolartransistoren
Grenzfrequenzen bis 60 GHz erreicht worden, aber die geringere
Spannungsfestigkeit des Si bei höheren Frequenzen führt
dazu, daß Si-Bipolartransistoren trotz der dreifachen thermischen
Leitfähigkeit gegenüber GaAs für Leistungsanwendungen
lediglich bis zu einigen GHz in Frage kommen. Die bisher höchsten,
mit DH-HFETs erreichten Grenzfrequenzen liegen bei ft = 150 GHz
und fmax = 350 GHz [9]. Die wichtigsten Vorteile der GaAs-Bauelemente
gegenüber den Si-Transistoren sind:
- Die Elektronenbeweglichkeit ist in GaAs sechsfach höher
als in Si. Im InyGa1-yAs-Kanal eines DH-HFETs können noch
weit höhere Beweglichkeiten erzielt werden.
- Aufgrund des größeren Bandabstandes von GaAs und
AlxGa1-xAs, sowie der höheren kritischen Feldstärke
für den Lawinendurchbruch, können bei gleicher Schichtdicke
höhere Durchbruchspannungen erzielt werden. Auch ist die
intrinsische Ladungsträgerkonzentration niedriger als in
Si, so daß auch der zweite oder thermische Durchbruch erst
bei sehr viel höheren Temperaturen stattfindet.
- Maßnahmen zur elektrischen Isolation der einzelnen Transistoren
werden beim semi-isolierenden GaAs als Substrat überflüssig.
- Si ist aufgrund seiner intrinsischen Leitfähigkeit nur
bedingt als Substrat für MMICs geeignet. Si-Transistoren
werden fast ausschließlich in Hybridschaltungen verwendet.
- GaAs-Schaltungen sind aufgrund ihrer geringen Strahlungsempfindlichkeit
prädestiniert für Satellitenanwendungen.
- GaAs ist ein direkter Halbleiter. Damit können elektrische
und optische Anwendungen auf einem Chip integriert werden.
Diese Aufzählung zeigt, daß GaAs-Bauelemente in Zukunft
weitere Marktanteile besetzen werden, wenn nicht andere Materialien,
die zur Zeit Gegenstand intensiver Untersuchungen sind, zusätzliche
Vorteile bieten. Neue Materialien sind z.B. InP- und InAlAs- Verbindungen,
sowie Verbindungen aus der IV. Hauptgruppe des Periodensystems,
wie z.B. SiGe.