In MINIMOS NT wurde zur Diskretisierung der Differentialgleichungen die Methode der Finite-Boxen angewendet. In einem allgemeinen Gitter wird jedem Gitterpunkt Pi eine Box zugeordnet, die ein Gebiet beschreibt, in dem die zu einem Gitterpunkt gehörenden physikalischen Größen gelten. Das Simulationsgebiet wird aus lückenlos aneinandergefügten Boxen aufgebaut.
Abbildung 4.2: Finite Box i, Boxvolumen Vi, Gitterpunkt Pi, Nachbarpunkt Pj, Grenzfläche Aij, Distanz dij.
Die reine Gitterinformation setzt sich aus dem Index i des Gitterpunktes (der Box), dem zugeordneten Volumen Vi und dem geometrischen Ort zusammen. Für benachbarte Gitterpunkte sind außerdem die Distanz ihrer Gitterpunkte dij und die gemeinsame Boxgrenzfläche Aij relevant (Abb. 4.2). Liegt ein Gitterpunkt Pi auf der Grenze zwischen zwei (oder mehreren) Segmenten, so wird der Gitterpunkt Pi einem der Segmente zugeordnet und die Grenzlinie zwischen den Segmenten begrenzt auch die zum Gitterpunkt gehörende Box. Für das angrenzende Segment wird nun ein weiterer Gitterpunkt Pi' definiert, der zwar am gleichen geometrischen Ort liegt, dessen Box jedoch dem zweiten Segment zugeordnet wird. Auch die Box zum Gitterpunkt Pi' wird durch die Grenzfläche zwischen den Segmenten begrenzt. Die beiden Boxen besitzen die gemeinsame Grenzfläche Aii' und ihr Abstand beträgt dii' = 0 (Abb. 4.3).
Abbildung 4.3: Zuordnung von Gitterpunkten, die auf einer Segmentgrenze (durchbrochene Linie) liegen. Definition der Punkte i und i', der Grenzfläche Aii' und benachbarte Punkte.
Die Verknüpfung der Simulationsvariablen auf den Punkten Pi und Pi' erfolgt durch allgemeine Übergangsbedingungen [47]. Die physikalische Information der Punkte Pi und Pi' ist somit nicht notwendigerweise identisch, auch wenn sich diese beiden Punkte geometrisch am selben Ort befinden. Auf diese Weise gelingt die Verarbeitung auch abrupter Änderungen physikalischer Größen, wie sie z.B. an der Leitungsbandkante bei einem Heteroübergang auftreten.
Die Diskretisierung der Differentialgleichungen auf dem Gitter erfolgt mit Hilfe von 'Kontrollfunktionen', die als Resultat einer Integrodifferentialgleichung entstehen. Die Kontrollfunktionen sind damit eine implizite Darstellung der Differentialgleichungen. Sie ergeben im Falle der Konvergenz mit der Lösung Null. Die Kontrollfunktion erhält man, in dem die entsprechende Differentialgleichung über dem Boxvolumen integriert und anschließend von der Integration zur Summation übergegangen wird. Dies soll am Beispiel der POISSON-Gleichung demonstriert werden:
(4/1)
kann auf einfache Weise aus der MAXWELLschen Gleichung
(4/2)
erhalten werden, wobei sich die Raumladung aus freien Ladungsträgern und ionisierten Störstellen zusammensetzt:
(4/3)
Durch Integration von (4/2) über das Boxvolumen erhält man unter Berücksichtigung des Gaußschen Satzes:
(4/4)
Die Diskretisierung erfolgt nun durch den Übergang vom Integral zur Summe und mit (4/3) folgt für den Gitterpunkt i:
(4/5)
Damit lautet die Kontrollfunktion für die diskretisierte POISSON-Gleichung:
4/6)
Aufgrund der begrenzten Rechengenauigkeit jedes Rechners ist es relativ unwahrscheinlich, daß eine Kontrollfunktion in einem iterativen Verfahren tatsächlich exakt Null wird. Erst recht gilt dies für die Gesamtheit aller Kontrollfunktionen, die im Simulator parallel bzw. selbstkonsistent gelöst werden müssen. Man wird daher bestimmte Kontrollfunktionen als Referenzfunktionen verwenden und deren Wert, das Residuum, mit einem Normresiduum vergleichen. Unterschreitet das Residuum der Referenzfunktionen das Normresiduum, so wird die Simulation als genügend genau betrachtet und abgebrochen, bzw. es wird zu einem anderen Iterationsschema übergegangen. Mit Hilfe der Referenzfunktionen kann das Konvergenzverhalten der Simulation überwacht und gesteuert werden.