Gegenstand der Dissertation ist die Entwicklung eines effizienten
Verfahrens zur Simulation der elektromagnetischen Emission, die von
Leiterplatten ausgeht, welche in elektrisch kurzem Abstand parallel zu
einer leitenden Abdeckung angeordnet sind. Solche Anordnungen findet
man zum Beispiel in automotiven Steuergeräten, wo die Leiterplatten
oft unter einer metallischen Gehäuseabdeckung liegen, in Mobiltelefonen,
wo oft metallische Schirmungen oder parallele Leiterplatten zum
Einsatz kommen, in schmalen DVD Gehäusen und bei Leiterplatten, die
parallel zu metallischen Kühlkörpern platziert sind.
Eine Betrachtung des Speicher- und Rechenzeitaufwandes der verschiedenen
numerischen Methoden für die Simulation der Emissionen von komplexer
Leiterplatten im Frequenzbereich von wenigen kHz bis einigen GHz
zeigt, dass dreidimensionale Vollwellenlösungen mittelfristig nur mit
enorm hohem Aufwand möglich sind. Integrierte Bauteile, die zusammen
mit ihrem Gehäuse ebenso Quellen der Emission sind, müssen genauso
berücksichtigt werden wie externe Beschaltungen, die über Kabel und
Stecker mit den Leiterplatten verbunden sind. Beides verschärft das
Problem der Komplexität in der Simulation, vor allem, wenn es darum
geht im Sinne eines CAD Prozesses eine Optimierung durchzuführen, für
die eine Vielzahl von Simulationen erforderlich ist.
In dieser Arbeit werden daher in einem ersten Schritt die
Mechanismen der Emissionsentstehung, wie leitungsgebundene Emission, direkte
Abstrahlung von Leiterschleifen, oder Common Mode-Auskopplung
von Bauteilen auf der Leiterplatte und die Modellbeschreibung dieser
Mechanismen in der Literatur betrachtet, um ausgehend davon eine
effiziente Simulationsmethode abzuleiten. Dieser Ansatz geht davon aus,
dass die Beschreibung der Mechanismen auf einfachere numerische Probleme
zurückführt und durch die Herstellung des Bezugs zu Koppelpfad und
Quelle sowohl eine Trennung der Simulationsdomänen, wie auch eine
effiziente Optimierung möglich ist. Beispiel dafür ist die Beschreibung
der Common Mode-Induktivität eines Bauteils auf der
Leiterplatte, die unabhängig von dem an die Leiterplatte angeschlossenen
Kabel berechnet werden kann, welches als Antenne wirkt.
Die Emission von Leiterplatten, die parallel zu einer metallischen Abdeckung angeordnet
sind, geht von den Bauteilen und Leiterbahnen auf der Leiterplatte aus, die ein Feld
zwischen der geschlossenen Masselage und der Abdeckung anregen, welches an den
Schlitzen von Leiterplatte und Abdeckung auskoppelt. Für die Beschreibung dieses
Parallelplattenfeldes wird ein Holraumresonatormodell verwendet, wie es in der Literatur
bereits zur Modellierung von Versorgungsflächen über der Masselage verwendet wurde. Das
Modell beruht auf einer zweidimensionalen Helmholtzgleichung für die effiziente
analytische und numerische Lösungsverfahren zur Verfügung stehen. Es wird gezeigt, dass
die Anregung dieses Feldes durch die Quellen auf der Leiterplatte mit einer analytischen
Beziehung beschrieben werden kann. Für die Beschreibung der Auskopplung der Emission von
den Schlitzen zwischen Leiterplatte und Abdeckung wird ein neuer Ansatz zur Trennung von
Simulationsdomänen über Portschnittstellen verwendet, der auf dem Prinzip äquivalenter
Quellen beruht. Mit den Schnittstellenports, der Parallelplattenfeldlösung, und der
Beschreibung der Anregung wird der Common Mode -Koppelpfad von den Quellen auf
der Leiterplatte zu den Schlitzen beschrieben, der unabhängig von der Quelle und auch
unabhängig von der externen Umgebung des Gerätes ist. Diese Koppelpfadbeschreibung ist
gültig für jede Art von Quelle gleichgültig, ob diese in erster Linie magnetisch, oder
elektrisch koppelt. Bei magnetisch koppelnden Quellen und Frequenzen unterhalb der ersten
Holraumresonanz besteht ein direkter Zusammenhang zur Common
Mode-Induktivität, die in der Literatur zur Beschreibung der Common Mode
-Emission von Leiterbahnen und ICs verwendet wird. Der hier beschriebene Ansatz ist
gültig, solange der Abstand zwischen Leiterplatte und Abdeckung elektrisch klein bleibt,
was in den meisten Anwendungsfällen bis zu höheren Hohlraummoden der Fall ist. Das
Common Mode-Koppelverhalten von ICs wird laut Literatur messtechnisch durch
mTEM Messungen oder durch Feld-Scan ermittelt. Für die Modellierung der
Direktabstrahlung von ICs findet man in der Literatur neben diesen messtechnischen
Methoden auch die Modellierung mit Dipolen aus simulierten Strömen. Die messtechnischen
Modellierungsmethoden erfordern einen IC-Prototyp. Die Modellierung mit Dipolen stellt
keinen direkten Bezug zum Common Mode-Koppelverhalten her und erfordert
dreidimensionale Feldsimulation zur Berücksichtigung eines Gerätegehäuses. Die hier
gezeigte analytische Beziehung zur Modellierung der Anregung ermöglicht eine Beschreibung
mit der Geometrie des IC-Gehäuses und den leitungsgebunden Strömen, wobei der Bezug zum
Common Mode-Koppelverhalten erhalten bleibt. Damit kann die Common
Mode-Auskopplung von ICs im Gehäuse analytisch oder mit effizienten
Simulationsmethoden (z.B. FEM) simuliert werden.
Zur raschen Abschätzung der Emission von Gehäusen mit Schlitz wird mit dem
Modellierungsansatz ein rein analytisches Modell zur Berechnung der Freiraumabstrahlung
vom Schlitz abgeleitet. Das Modell verwendet dazu eine neue Methode zur Berücksichtigung
der Abstrahlverluste bei der Berechnung des Hohlraumfeldes. Die Verluste der Abstrahlung
werden dabei berücksichtigt, indem ein Verlustnetzwerk an die Schnittstellenports am
Schlitz angeschaltet wird. Das Verlustnetzwerk wird zuvor aus einer analytischen
Fernfeldlösung ermittelt.
Die Arbeit zeigt zusätzlich zu diesem rein analytischen Verfahren vielfältige Umsetzungs-möglichkeiten des Simulationsansatzes zur Optimierung von Geräten und zur effizienten Vorhersage der Emission mittels Simulation.
C. Poschalko: The Simulation of Emission from Printed Circuit Boards under a Metallic Cover