Die thermische Oxidation ist einer von vielen kritischen Herstellungsprozessen hoch integrierter elektronischer Bauelemente. Dabei dient die, aus chemischer Reaktion zwischen dem Grundmaterial Silizium und zugeführtem Sauerstoff, gebildete Oxidschicht als hochwertiges Isolationsmaterial zwischen den einzelnen mikroskopischen Bauteilen. Das Wissen um die physikalischen Gegebenheiten, die während des Oxidationsprozeßes stattfinden, ist daher eine wichtige Grundlage, um die Optimierung von Mikrostrukturen auch in Zukunft zu ermöglichen.
Die stetige Miniaturisierung der integrierten Bauelemente führt zu immer neuen technologischen Herausforderungen in der Herstellung von Halbleiterbauelementen. Da die Kosten und die Dauer für die experimentelle Entwicklung mit jeder neuen Generation immer höher werden, wächst die Notwendigkeit, immer mächtigere Simulationswerkzeuge zu entwickeln, mit denen man im Stande ist, innerhalb kürzester Zeit neue Bauelemente zu erstellen, eventuelle Entwurfsfehler zu beheben und schließlich auch die erhaltenden Charakteristika des Bauelements vorherzusagen. Gerade der Oxidationsprozeß führt dabei immer wieder zu Schwierigkeiten, da einerseits die physikalischen Zusammenhänge noch nicht vollständig geklärt sind, und andererseits die vielfältigen unterschiedlichen Anforderungen die Möglichkeiten der meisten existierenden Werkzeuge übersteigt. So sind neben den Diffusions- und chemischen Reaktionsgleichungen auch die Volumsdilatation des Materials zu berücksichtigen, die aufgrund der Materialeigenschaften von elastischem bis hin zu viskosem Verhalten, die numerische Lösbarkeit erschweren.
Um nun diese Vielfältigkeit in den Griff zu bekommen, wurde der Simulator AMIGOS (Analytical Model Interface & General Object-Oriented Solver) entwickelt. Es handelt sich dabei um ein problemunabhängiges Simulationswerkzeug, mit dem man unterschiedlichste nichtlineare partielle Differentialgleichungen in allen Ortsdimensionen lösen kann. Durch die analytische Eingabe der diskretisierten Differentialgleichungen kann man als Modellentwickler das Konvergenzverhalten des Systems durch eventuelle Strafterme oder Dämpfungsgrößen gut beeinflussen, ohne dabei die zugrundeliegende Programmierung zu kennen. Schließlich hat man auch noch die Möglichkeit, Gitteradaptierungen auf gleiche Art und Weise zu definieren, wodurch die Genauigkeit der Lösung lokal erhöht werden kann.
Basierend auf dem Simulator AMIGOS wurde schließlich ein Oxidationsmodell entwickelt, das Diffusion, chemische Reaktion sowie auch die mechanische Deformation in einem einzigen gekoppelten Gleichungssystem kombiniert. Dabei wird der Anteil an umgewandeltem Sauerstoff verwendet, um die Dehnung des Materials zu berechnen. Dazu war es notwendig, von der gängigen Methode der Beschreibung der Materialgrenze abzuweichen und stattdessen auf eine parameterabhängige Übergangszone zwischen Silizium und Siliziumdioxid überzugehen. Es läßt sich jedoch zeigen, daß sich dieser Ansatz mit der Wahl geeigneter Parameter in das fundamentale Modell von Deal und Grove überführen läßt, das auf einer scharfen Materialgrenze basiert.