Ganz vermeiden lassen werden sich diese parasitären Materialeffekte allerdings nicht. Deshalb ist es unumgänglich durch geeignete Entwurfmaßnahmen diese Effekte zu berücksichtigen, um Fehlfunktionen zu verhindern. Dabei stellt die Computersimulation ein ganz wesentliches Hilfsmittel dar. Je genauer die Simulationen durchgeführt werden, desto näher kann man an die physikalischen Grenzen gehen, um die Leistungsfähigkeit einer integrierten Schaltung weiter zu steigern.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden nun Simulationswerkzeuge entwickelt, um parasitäre Effekte wie Leitungswiderstände und Kapazitäten, transientes Signalverhalten und thermische Reaktionen mit hoher Genauigkeit und trotzdem mit bestmöglicher Effizienz (im Hinblick auf CPU-Zeit und Speicherbedarf) zu berechnen. Gegenüber anderen (kommerziellen) Programmpaketen hat der in dieser Arbeit vorgestellte Simulator den Vorteil, die Berechnungen mit anisotropen Dielektrika sowie gekoppelten elektro-thermischen Simulationen mit temperaturabhängigen Materialeigenschaften durchführen zu können. Als numerisches Verfahren wird die Finite Elemente Methode verwendet. Ihr wurde aufgrund der Anwendbarkeit auf alle hier vorkommenden Differentialgleichungstypen sowie ihrer großen numerischen Robustheit der Vorzug gegenüber anderen Verfahren gegeben. Bei der zeitlichen Diskretisierung sind sowohl das Rückwärts-Euler-Verfahren als auch die Trapezmethode (Crank-Nicolson) implementiert. Für die örtliche Diskretisierung der Differentialgleichungen wird das Galerkin-Verfahren angewendet. Dabei erhält man eine lineares Gleichungssystem sehr hoher Ordnung, das in einem komprimiertem Format abgespeichert wird, um eine effiziente Nutzung des Rechnerhauptspeichers zu gewährleisten. Dieses Gleichungssystem wird mit einem vorkonditionierendem Conjugate-Gradient-Solver (ICCG) gelöst. Da die vorkommenden partiellen Differentialgleichungen schwache Nichtlinearitäten aufweisen, wird eine einfache Relaxationstechnik angewendet, um die Lösung zu ermitteln.
Für eine genaue Simulation ist es unerlässlich, das Simulationsgebiet geometrisch möglichst exakt zu modellieren. Dazu werden die einzelnen geometrischen Teilstücke als polygonal begrenzte Körper dargestellt (Boundary Representation). Außerdem ist Konsistenz im Sinne von Punkt-, Linien- und Flächenkonformität, sowie Überlappungsfreiheit gefordert. Da aufgrund dieser Konsistenzforderungen eine händische Geometrieerstellung unmöglich erscheint, wird ein Präprozessor entwickelt, der einen schichtweisen Geometrieaufbau nach dem solid modeling-Prinzip ermöglicht und automatisch für Konsistenz sorgt.
Die Genauigkeit der Lösung steht und fällt mit der Qualität des Simulationsgitters. Der schichtweise Geometrieaufbau lässt sich für eine besonders einfache und robuste Gittererzeugungsmethode nutzen. Vor- und Nachteile werden anhand eines Vergleiches mit anderen Gittermethoden diskutiert.
Die Simulatoren berechnen nicht nur globale Größen wie etwa Widerstände und Kapazitäten, oft ist man auch an verteilten Größen wie Potenzial, Temperatur oder Stromdichte interessiert. Mit einem dafür entwickelten Visualisierungsprogramm lassen sich diese Attribute auf der Oberfläche anzeigen, Isoflächen und Schnittbilder darstellen sowie Feldlinien berechnen.
Abschließend soll anhand verschiedener praktischen Anwendungen die Leistungsfähigkeit des Simulators demonstriert werden. Es wird eine elektro-thermische Simulation einer Teststruktur mit Al-Leitern durchgeführt und die Ergebnisse werden mit Messwerten verglichen. Das elektrische und thermische Verhalten einer Leitungseinengung, die etwa durch Elektromigration entstehen kann, wird detailliert untersucht. Der Widerstand von Vias in Cu dual damascene Architektur wird berechnet und Verzögerungszeiten und Übersprechen in einem Poly-Silizium Widerstandspaar werden mittels transienter Simulation ermittelt.