Diese Arbeit beschäftigt sich mit den elektronischen Eigenschaften von Schichten auf Substraten. Im entwickelten Modell kann der Ge Anteil beider Schichten im gesamten Bereich variiert werden. Durch mechanische Verspannung wird die Entartung von Leitungsbandzuständen mit unterschiedlichem Quasiimpuls aufgehoben. Diese Entartungsreduktion hängt von der relativen Orientierung des Quasiimpulses der Bandminima und der auf die Schicht einwirkenden Kräfte ab. Die Aufspaltung der Bandminima hängt über den Verzerrungs-tensor von den Legierungszusammensetzungen der epitaktischen Schicht und des Substrats ab. Die Aufspaltung und die mittlere Verschiebung der X- und L-Täler werden mit Hilfe der Deformationspotentialtheorie berechnet. Die Form des Verzerrungstensors wird von der Orientierung des Substrats bestimmt und ist im allgemeinen Fall nicht diagonal. Der Einfluss des Verzerrungstensors auf die verschiedenen Leitungsbandminima führt zu veränderten elektronischen Eigenschaften des Halbleitermaterials.
Um die Kinetik der Ladungsträger in verspannten SiGe Schichten zu untersuchen, wird die semiklassiche Boltzmann Transportgleichung verwendet. Diese ermöglicht es, die gegenseitigen Abhängigkeiten von Streuprozessen, Bandstruktureffekten und Verspannungseffekten in sehr allgemeiner Weise zu berücksichtigen.
In dieser Arbeit wird ein analytisches Leitungsbandmodell verwendet, welches Anisotropie und Nichtparabolizität berücksichtigt. Dadurch können die Streuraten sowie der Einfluss der Verspannung auf die Streuraten analytisch angegeben werden. Es werden folgende Streumechanismen berücksichtigt: akustische Innertal-Phononstreuung, welche elastisch angenommen wird, Zwi-schental-Streuung durch optische und akustischen Phononen, bei höheren Elektronenkonzentrationen Elektron-Plasmon-Streuung, Legierungsstreuung, sowie die Streuung an ionisierten Störstellen. Im letzteren Modell werden Effekte wie die Paar-Streuung, impulsabhängige Abschirmung und eine Korrektur für die zweite Born'sche Näherung berücksichtigt. Durch die Verspannung werden sämtliche Streuraten verändert, etwa durch die geänderte kinetische Energie im Endtal und die Anzahl der verfügbaren Endtäler. Die Störstellenstreuung wird durch die geänderten Abschirmungsparameter beeinflußt.
Die Boltzmanngleichung wird mit Hilfe der Monte Carlo Methode gelöst. Diese Methode erlaubt eine Lösung des semiklassichen Transportproblems, ohne zusätzliche physikalische Näherungen treffen zu müssen. Um den Beweglichkeitstensor bei niedrigen elektrischen Feldstärken zu berechnen, wird ein spezieller Monte Carlo Algorithmus für verschwindendes Feld angewendet. Da bei hohen Elektronenkonzetrationen das Pauli-Verbot an Einfluss gewinnt, wurde dieser Algorithmus für entartete Halbleiter erweitert. Ebenso wurde ein bestehender Monte Algorithmus zur Berechnung der Kleinsignal-Beweglichkeit für entartete Halbleiter erweitert.
Es wurden unterschiedliche Transportberechnungen in verspannten SiGe Schichten durchgeführt. Als Parameter werden die Dotierungskonzentration, die Legierungszusammensetzungen der epitaktischen Schicht und des Substrats, sowie die kristrallografische Orientierung des Substrats variiert. Um das komplexe Verhalten der Niederfeldbeweglichkeit zu erklären, kann die Besetzung der Täler als Funktion der Dotierung und der Legierungszusammensetzungen herangezogen werden. Für Substrate, deren Orientierung nicht mit den Hochsymmetrie-Richtungen und zusammenfallen, wird die Elektronenbeweglichkeit in der Schicht anisotrop. Für MOS-Transistoren ist im Besonderen die Beweglichkeitskomponente parallel zur Grenzfläche von Bedeutung. Der höchste Wert für die Parallekomponente konnte in verspanntem Si auf einem SiGe Substrat beobachtet werden. Ab einem Ge Anteil von 0.2 sättigt die Erhöhung der Gitterbeweglichkeit bei etwa 55% im Vergleich zu unverspanntem Si. Im Fall von Heterostruktur-Bipolartransistoren ist die die Normalkomponente der Elektronenbeweglichkeit in der verspannten SiGe Basis maßgeblich. Für diese Komponente kann keine Verbesserung erzielt werden, da der positive Effekt durch die Aufspaltung der Bandminima durch diestarke Legierungsstreuung kompensiert wird.
Im Weiteren wird das Zusammenspiel von Verspannungseffekten und dem Effekt durch das Pauli-Verbot gezeigt. Der Anstieg des Fermi-Niveaus kann in bestimmten Fällen dem positiven Effekt durch die Bandaufspaltung entgegenwirken. Es wurde die Kleinsignal-Beweglichkeit für verspannte und unverspannte Si Schichten berechnet, sowie der Einfluss des Pauli-Verbots untersucht.
S. Smirnov: