Die Steigerung der Leistungsfähigkeit von integrierten Halbleiterschaltungen wird in das nächste Jahrzehnt ungebrochen voranschreiten. Dadurch wachsen die Anforderungen an die Einzelbaulemente der integrierten Schaltungen zunehmend. Zur Jahrtausendwende werden integrierte Schaltungen mit etlichen zehn Millionen Bauelementen, deren Strukturgröße bei etwa 0.2µm liegt, industriell gefertigt werden. Das physikalische Verständnis für das elektrische Verhalten der Bauelemente und derer Fertigungsprozesse muß mit diesen steigenden Anforderungen mithalten.
Ein Schwerpunkt der Forschungstätigkeiten des Institutes für Mikroelektronik der Technischen Universität Wien liegt in der Entwicklung von Softwarewerkzeugen, welche Richtlinien für die Miniaturiserung integrierter Bauelemente in Interaktion mit experimentellen Untersuchungen zu erarbeiten gestatten. Dieses Wechselspiel von Simulation und Messung erfordert natürlich den Zugriff auf eine moderne Fertigungslinie für integrierte Bauelemente. Da an der Technischen Universität Wien eine derartige Fertigungslinie nicht existiert, muß das Institut für Mikroelektronik auf experimentelle Daten der Literatur und Bauelemente von diversen Kooperationspartnern zum Zwecke der Eichung der in Entwicklung befindlichen Softwarewerkzeuge zurückgreifen.
Die Erforschung von allgemeinen Richtlinien zur Miniaturisierung bleibt damit zunächst den Halbleiterherstellern vorbehalten, da nur diese den Kreis aus Modellbildung, Simulation, Messung und Eichung befriedigend schließen können. Das Interesse der kleineren Halbleiterhersteller an diesen allgemeinen, längerfristig relevanten Richtlinien ist grundsätzlich groß, jedoch ist es für sie schwierig, die erforderliche Forschungskapazität mit dem dafür benötigten Spezialwissen aufzubringen; die Forschungsaktivitäten werden meist durch konkrete, in naher Zukunft benötigte, Produkte bestimmt.
Das Spezialwissen, welches für die Entwicklung der Werkzeuge für derartige Untersuchungen benötigt wird, ist am Institut für Mikroelektronik vorhanden. AUSTRIA MIKRO SYSTEME INTERNATIONAL AG, der Halbleiterhersteller in nächster geographischer Nähe zum Institut für Mikroelektronik, besitzt die komplementären soliden Fertigungseinrichtungen für moderne Halbleitertechnologien. Die genannten allgemeinen Richtlinien zur Verbesserung integrierter Bauelemente sind auch für die AUSTRIA MIKRO SYSTEME INTERNATIONAL AG von vitaler langfristiger Bedeutung.
Die konkreten Schwerpunkte der Forschungen und Untersuchungen des CHRISTIAN DOPPLER LABORATORIUMS am Institut für Mikroelektronik unter der Patenschaft der AUSTRIA MIKRO SYSTEME INTERNATIONAL AG lassen sich daher wie folgt skizzieren.
o) Untersuchungen von Einflüssen bezüglich Variationen technologischer Prozesse (process sensitivity) auf das grundsätzliche Verhalten mikrominiaturisierter Halbleiterbauelemente mittels Prozeß- und Bauelementsimulation.
o) Verbesserung der physikalischen Modelle moderner industriell eingesetzter Fertigungsschritte (z.B.: rapid thermal annealing)
o) Isolierung der kritischen Parameter für eine Verkleinerung (scaling) von integrierten Bauelementen.
o) Identifikation von parasitären Effekten (z.B.: interconnects).
o) Untersuchung der kritischen Parameter in Hinblick auf Langzeitstabilität (aging) integrierter Bauelemente (z.B.: Untersuchung der Injektion heißer Ladungsträger in das Gate-Oxid)
o) Gewinnung von Ingenieurskonzepten zur Verbesserung und/oder Verkleinerung existenter integrierter Bauelemente.
Das Ziel der Untersuchungen im Rahmen dieser Schwerpunkte ist die Gewinnung von allgemeinen Richtlinien, welche anhand von konkreten Anwendungen und Bedürfnissen der AUSTRIA MIKRO SYSTEME INTERNATIONAL AG zu erproben sind.
Jedoch ist die reine numerische Analyse der Baulemente und derer Fertigungsschritte nicht ausreichend. Die Leistungssteigerung der Computer ermöglicht es heute, für viele Anwendungen sogenannte integrierte Systeme zu gestalten, welche auch einem nur gelegentlichen Benutzer von komplexen Simulationsprogrammen eine leicht verwendbare Bedieneroberfläche mit hoher Funktionalität anbieten.
Zu diesem Thema wird am Institut für Mikroelektronik die Schaffung eines rigorosen Halbleitertechnologie-CAD-Systems unter dem Projekttitel VISTA (Viennese Integrated System for Technology CAD Applications) im Rahmen mehrerer Dissertationen versucht. Die erste Dissertation zu dieser Thematik, welche mit der Entwicklung einer interaktiven Bedienungs- und Programmierumgebung für VISTA und deren Anwendung befaßt war, wurde schon im November 1993 von Herrn Dr.Hubert Pimingstorfer verfertigt; diese Arbeit wurde damals durch das 'Christian Doppler Labor' for Integrated Devices der Austrian Industries in enger Kooperation mit der AUSTRIA MIKRO SYSTEME GmbH finanziert. Im Rahmen des CHRISTIAN DOPPLER LABORATORIUMs FÜR INTEGRIERTE BAUELEMENTE werden Erweiterungen in Richtung integrierte mehrdimensionale Optimierung getätigt.
Eine derartige Entwicklungsumgebung erleichtert einem Halbleiterhersteller, wie der AUSTRIA MIKRO SYSTEME INTERNATIONAL AG, den Einsatz von hochspezialisierten Simulationswerkzeugen für die Prozeß- und Bauelementanalyse bedeutend.