Bei Verwendung von gebräuchlichen Werten für wird deutlich, daß die Punktdefektdichte für leichte Ionen über- und für schwere Ionen unterschätzt wird. Dieses Phänomen läßt sich dadurch erklären, daß bei schweren Ionen die Stoßkaskaden überlappen, was zu stabilen Defekten führt, während bei leichten Ionen ein Teil der Schäden auf Grund der im Gitter deponierten Energie ausheilt.
Jaraiz [Jar93] veröffentlichte den physikalisch vollständigsten Ansatz, der die Gesamtzahl und Lage aller Atome und Gitterpositionen in der Simulation festhält, und die Rekombination zwischen Vakanzen und Zwischengitteratome innerhalb eines Einfangradius (,,Capture radius``) zuläßt. Es ist offensichtlich, daß der Rechenaufwand für diesen Ansatz sehr hoch und nur in Spezialfällen sinnvoll ist.
Speichert man hingegen die Leerstellen und Zwischengitteratome nur innerhalb einer Stoßkaskade [Kle91], so wird zwar der Rechenaufwand vertretbar, die Rekombination mit bereits existierenden Defekten kann aber nur mehr statistisch in Betracht gezogen werden.
Hobler versuchte in [Hob95c, Hob95d] das modifizierte Kinchin-Pease Modell dahingehend zu erweitern, daß sowohl a) die Rekombination innerhalb einer Stoßkaskade als auch b) die Rekombination mit bereits existierenden Defekten statistisch erfaßt wird. Da das dynamische Verhalten dieser beiden Mechanismen stark differiert, werden in diesem Modell zwei Parameter benötigt.
Addiert man nun die mit der Gesamtänderung der Frenkel-Paare gewichteten Einzelwahrscheinlichkeiten, so erhält man
Da keine beliebig hohen Defektkonzentrationen entstehen können, ist es
naheliegend eine Sättigungskonzentration
einzuführen. Fordert man nun, daß bei Erreichen von die Anzahl
der Gitterdefekte konstant bleibt, muß die Wahrscheinlichkeit für
Rekombination gleich der Wahrscheinlichkeit für das Überleben eines
Punktdefektes sein. ergibt sich danach zu
mit als Dichte der bereits vorhandenen Punktdefekte.
Kombiniert man nun beide Mechanismen und bezeichnet mit das Inkrement der Defektzahl, das sich aus dem modifizierten Kinchin-Pease Modell ergeben würde, so erhält man die Anzahl der stabilen Defekte zu
Abbildung 2.28: Abhängigkeit der
stabilen Defektkonzentration als Funktion der auf Grund des
modifizierten Kinchin-Pease Modells generierten
Schadenskonzentration .
Daraus resultiert der in Abbildung 2.28 dargestellte Verlauf der Gesamtdefektkonzentration als Funktion der auf Grund des modifizierten Kinchin-Pease Modells generierten Schadenskonzentration .
Die Werte für sind in der Tabelle 2.6 für Bor, , Phosphor und Arsen zusammengestellt.
Tabelle 2.6: Die Parameter und des
statistische Punktdefektmodells fuer Bor, , Phosphor und Arsen.
Bei -Implantationen muß zusätzlich beachtet werden, daß bei Auftreffen des Moleküls auf die Kristalloberfläche eine Dissoziation in ein B und zwei F Ionen erfolgt, wobei sich die Energie E des Moleküls im entsprechenden Massenverhältnis auf die Komponenten aufteilt. Es gilt
und daher erhält das Ion B die Energie
wobei und die relative Atommassen von Bor bzw. Fluor
darstellen.
Dieses Modell liefert korrekte Dotierungsprofile bei verschiedenen Implantationsdosen, Wafer-Orientierungen, Kristallachsen, usw. kann aber darüber hinausgehend keine weiteren physikalischen Aussagen treffen. Insbesondere bleibt die Ermittlung amorphisierter Zonen in Abhängigkeit der Temperatur anderen Modellen vorbehalten [Boh96] (siehe Kapitel 5).