3.5 Klassifizierung



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3.5 Klassifizierung

 

Je nach den in auftretenden Funktionen kann ein Bauteil nach den folgenden Kriterien klassifiziert werden [28]:

Lineares oder nichtlineares Bauteil:
      Ein Bauteil ist genau dann linear, wenn zu jedem Zeitpunkt linear ist [28]. Wenn dies nicht der Fall ist, ist das Bauteil nichtlinear.
Algebraisches Bauteil:
Ein Bauteil wird als algebraisch bezeichnet, wenn die Funktion als eine algebraische Relation dargestellt werden kann. Unter einer algebraischen Relation wird eine Gleichung oder ein System von Gleichungen verstanden, das nur streng algebraische Operationen (also keine Differentiation, Integration, Zeitverzögerung, etc.) enthält.
Dynamisches Bauteil:
Es treten die Operatoren Differentiation und Integration nach der Zeit auf. Eine Zeitabhängigkeit der Bauteileigenschaften ist ebenfalls möglich.
Zeitinvariantes oder zeitvariantes Bauteil:
Ein Bauteil ist genau dann zeitinvariant, wenn nicht explizit von der Zeit abhängt, ansonsten ist es zeitvariant [28].
Passives Bauteil:
Die Begriffe passiv und aktiv werden in der Regel einem Bauteil intuitiv zugeordnet. Chua hat in [32] passiv derart definiert, daß alle diejenigen Bauteile, die elektrische Energie (definiert als Produkt aus Spannung und Strom, wobei das Verbraucherzählpfeilsystem verwendet wird) nicht in unbeschränktem Ausmaß abgeben können, passiv sind. Bauteile, die elektrische Energie unbeschränkt abgeben können, sind dagegen aktiv. Nach dieser Definition sind die klassischen passiven Bauteile, wie der Widerstand und die Kapazität, klarerweise mit der Eigenschaft passiv versehen. Es werden aber auch Halbleiterbauelemente, wie Transistoren, sowie Operationsverstärker und reale Spannungsquellen als passiv klassifiziert. Dies widerspricht dem gängigem Sprachgebrauch komplett.

Die Ursachen für diese Diskrepanz werden einem klar, wenn man sich die übliche (vereinfachte) Darstellung von Schaltungen vor Augen führt. Z.B. stellt man die Spannungsversorgung eines Operationsverstärkers selten direkt dar. Die Energieversorgung wird implizit als gegeben angenommen, die Spannungsquellen werden also als im Operationsverstärker inkludiert angenommen. In dieser Darstellungsform ist der Operationsverstärker klarerweise ein aktives Bauelement (in der Regel ein n-Pol mit vier Anschlüssen). Wenn man die Spannungsversorgung explizit darstellt, wird der Operationsverstärker ein passiver n-Pol (mit mindestens 5 Anschlüssen).

Ähnlich verhält es sich beim Transistor. Wenn man z.B. nur das Kleinsignalverhalten einer Transistorschaltung betrachtet, verwendet man für Transistoren das Kleinsignalersatzschaltbild. Die Versorgungsspannung und damit der Energielieferant wird weggelassen. In diesem Fall ist der Transistor ein aktives Bauelement. Wird jedoch die Originalschaltung mit allen Gleichspannungsquellen betrachtet, liegt ein passives Bauelement vor.

Im Gegensatz zu den idealen Bauelementen (ideale Quellen, Widerstand, Kapazität, etc.), wo die Eigenschaft aktiv oder passiv durch [32] klar definiert wird, hängt bei den realen Bauelementen (reale Quellen, Halbleiterbauelemente, etc.) die Eigenschaft aktiv/passiv vom Modell des Bauelements ab.

Aktives Bauteil:
Bauteile, die elektrische Energie unbeschränkt abgeben können, sind aktiv.

Eine weitere Klassifizierungsmöglichkeit für lineare Bauteile stellt die Einteilung nach ihren elektrischen Eigenschaften in resistive, kapazitive, induktive und memristive Bauteile und deren Kombinationen dar [28].

Resistiv:
  Ein rein resistives Bauelement ist ein Bauteil, in dem keine Energie gespeichert werden kann, d.h. die Vektoren und sind in allen möglichen Fällen 0. Typisches Beispiel ist ein ohmscher Widerstand.
Kapazitiv:
  Ein rein kapazitives Bauelement ist ein Bauteil, in dem nur Energie als elektrisches Feld gespeichert werden kann. Ein Bauteil ist kapazitiv, wenn es einen Zustand des Bauteils gibt, in dem mindestens zwei Elemente des Ladungsvektors ungleich 0 sind. Der verkettete Fluß ist für ein rein kapazitives Bauteil gleich 0. Typisches Beispiel ist ein idealer Kondensator.
Induktiv:
  Ein rein induktives Bauelement ist ein Bauteil, in dem nur Energie als magnetisches Feld gespeichert werden kann. Es gibt daher mindestens einen Zustand des Bauteils, in dem ungleich 0 ist. Die Ladung eines rein induktiven Bauteils ist immer 0. Typisches Beispiel ist eine ideale Spule.
Memristiv:
  Ein rein memristives Bauelement ist ein Bauteil, bei dem es einen expliziten funktionalen Zusammenhang zwischen den verketteten Flüssen und den Ladungen gibt. Ein rein memristives Bauteil besitzt Zustände, in denen die Ladung ungleich 0 ist und Zustände, in denen der Fluß ungleich 0 ist. Chua gibt bei der erstmaligen Definition der Eigenschaft memristiv in [24] kein reales Beispiel eines Memristors an. Möglicherweise ist der Strahlungswiderstand einer Antenne [83] ein memristives Element. Der Strahlungswiderstand stellt eine Beziehung zwischen elektrischem und magnetischen Feld einer Antenne her und wird wie der Memristor in Ohm gemessen.



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Martin Stiftinger
Fri Jun 9 19:49:39 MET DST 1995