Die Simulation der Herstellungsprozesse und des elektromagnetischen Verhaltens heutiger Halbleiterbauelemente ist eines der anspruchsvollsten Teilgebiete der angewandten Mathematik und der Elektronik und von beträchtlicher Bedeutung für die Industrie. Diese Simulationen und damit auch die des elektrischen Verhaltens der Bauelemente ermöglicht es Halbleiterherstellern, die Eigenschaften zukünftiger Bauelemente bereits vor dem Beginn des Produktionszyklus zu bestimmen. Äußerst teure Testläufe werden überflüssig, da das Verständnis der physikalischen Vorgänge während der Fabrikation und der Verwendung der Bauelemente vertieft wird. Mit Hilfe dieses Wissens können die Bauelemente in einer frühen Phase des Herstellungszyklus optimiert werden und die Herstellungsprozesse können in Hinblick auf die Qualität der fertigen Bauelemente und die Ausbeute der Prozesse verbessert werden.
Diese Arbeit besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil befaßt sich mit der Frage, wie Modellparameter bestimmt werden können. Beinahe alle Modelle für die Simulation von Herstellungsprozessen und Bauelementen hängen von bestimmten Parametern ab, die genau bestimmt werden müssen, um aussagekräftige Simulationen zu garantieren. Daher wurde ein System zur Bestimmung von Modellparametern für praxisrelevante Probleme entwickelt. Weiters wird die Verwendung von Approximationen vorgeschlagen, die mehrere Vorteile gegenüber der herkömmlichen Response-Surface-Methode haben.
Der zweite Teil ist Anwendungen der Parameterbestimmung und Prozesssimulation gewidmet. Die Deposition von Schichten in Siliziumgräben und das Ätzen von Gräben in Silizium sind entscheidende Herstellungsprozesse für heutige Speicherzellen und andere Bauelemente wie Power MOSFET s. Die Simulation und das Verständnis der zeitlichen Änderung der Waferoberfläche ermöglicht es, die Profile der Schichten vorherzusagen und dadurch die Prozessbedingungen und die Eigenschaften der fertigen Bauelemente zu optimieren.
Für Topographiesimulationen ist eine genaue Beschreibung der sich bewegenden Grenzenlinien zusätzlich zu einer korrekten Behandlung der chemischen und physikalischen Prozesse sehr wichtig. Die Level-Set-Methode bietet eine neue und interessante Alternative zu etablierten Methoden zur Beschreibung von Grenzlinien. Daher wurde ein verbesserter Level-Set-Algorithmus entwickelt, der auch als Basis eines allgemeinen Simulators für Depositions- und Ätzprozesse dient. Er besteht aus vier Modulen, nämlich einem Level-Set-Modul, einem Modul für Oberflächenreaktionen und Modulen für den Transport von Teilchen im Diffusions- oder Radiositybereich. Er kann alle gebräuchlichen Depositions- und Ätzprozesse simulieren.
Alle Anwendungen wurden von Partnern aus der Industrie angefordert oder inspiriert. Das Thema der Kooperationen mit Cypress Semiconductor (San Jose, CA, USA), mit Infineon Technologies (Villach, Österreich) und mit dem Toshiba R&D Center (Kawasaki, Japan) war Topographiesimulation. Die Kooperationen mit dem Sony Atsugi Technology Center (Hon-Atsugi, Tokio, Japan) und mit austriamicrosystems (Unterpremstätten, Österreich) befassten sich mit der Bestimmung von Modellparametern.
Clemens Heitzinger 2003-05-08