Das Verstehen des Begriffs der Temperatur ist ein wesentlicher Aspekt, um eine Interpretation physikalischer Modelle zu ermöglichen. Theoretisch wird der Begriff Temperatur in der statistischen Mechanik definiert.
Grundsätzlich gilt, daß sich ein thermisches System immer so einstellt, daß der Grad des Informationsinhaltes ein Maximum wird. Dabei beschreibt der Informationsinhalt das thermodynamische System vollständig. Betrachtet man ein ideales Gas, so liefert der Informationsinhalt alle Raum- und Impulskoordinaten der Gasatome zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das Maximum des Informationsinhaltes wird dabei als Entropie bezeichnet.
Die Temperatur ergibt sich aus der Ableitung der inneren Energie des Systems U nach der Entropie S
Die heute üblichen Halbleitergleichungen sind kontinuierliche Gleichungen. Dies bedeutet, daß der quantenmechanische Teilchencharakter von Ladungen in den Kontinuumsmodellen vernachlässigt wird. Dies ist durchaus gerechtfertigt, sieht man von Spezialanwendungen wie z.B. Single Electron Devices ab [75], bei denen das Bauteilverhalten maßgeblich von einzelnen Ladungsträgern bestimmt wird. Wird mit Kontinuumsmodellen gerechnet, so bedeutet dies nicht, daß keine quantenmechanischen Effekte mitberücksichtigt werden können [29,66,67]. Die statistischen, quantenmechanischen Ereignisse müssen allerdings entsprechend häufig auftreten, sodaß ein zeitlicher Mittelwert angegeben werden kann. So ist bei transienter Simulation darauf zu achten, daß in einem Zeitschritt entsprechend viele quantenmechanische Ereignisse stattfinden, damit man diese dann durch ein Kontinuumsmodell beschreiben kann.
Im realen Bauteil ist das Energiesystem des Kristallgitters von den Energiesystemen der Ladungsträger mikroskopisch räumlich getrennt. Die thermische Energie der Atomrümpfe wird durch Phononenschwingungen (Schwingungen des Atomkerns) beschrieben, während die thermische Energie der Elektronen (Valenzelektronen) und Löcher (Defektelektronen) am Rand der Atomhülle auftritt. Eine Folge der Kontinuumsmodelle ist, daß die lokale, mikroskopische Begrenzung vernachlässigt wird. Die Modelle berechnen daher an einem Ort mehrere Temperaturen.
Fließen im Halbleiterbauteil geringe Ströme, so kann man in erster Näherung die Gittertemperatur gleich der
Raumtemperatur setzen. Um das Temperatursystem der ,,freien`` Ladungsträger (Elektronen und Löcher)
beschreiben zu können, sind Annahmen über die thermodynamische Potentialfunktion der inneren Energie zu treffen. Da
Elektronen und Löcher FERMI-Teilchen mit Spin 1/2 sind, ist mit einer
FERMI-DIRAC-Statistik der Teilchen
zu rechnen [1]. Die in der Realität auftretende freie Ladungsträgerkonzentration ist meistens jedoch um
Größenordnungen geringer als die lokale Atomdichte. Dabei liegt die Annahme zugrunde, daß mögliche Dopanden
elektrisch aktiviert sind und daß Effekte wie Hochinjektion zu vernachlässigen sind. Die Wechselwirkung der freien
Ladungsträger wird also in erster Näherung durch die Nachbaratome bestimmt und nicht durch Wechselwirkung mit
anderen freien Ladungsträgern. Diese Näherungen rechtfertigen das Verwenden einer
MAXWELL-BOLTZMANN-Verteilung für die Modellierung der inneren Energie des Ladungsträgersystems. Eine
grundlegende Behandlung der statistischen Herleitung erfolgt über die Berechnung der großkanonischen Zustandssumme
des idealen Gases, wie es in [1] nachgelesen werden kann. Demnach ergibt sich für die innere Energie
U
Die innere Energie pro Teilchen kann durch eine mittlere kinetische
Energie beschrieben werden
Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik besagt, daß die Entropie eines thermodynamischen Systems im Limes selbst gegen Null strebt. Erhöht man die Temperatur eines thermodynamischen Systems, so steigt seine Entropie ebenfalls an. Aus diesem Grund besitzt beispielsweise ein monochromatischer Elektronenstrahl eine relativ niedrige Temperatur, obwohl die einzelnen Elektronen eine hohe kinetische Energie aufweisen. Die Entropie des Strahles ist gering, da der Informationsgehalt zur vollständigen Beschreibung gering ist. Trifft dieser Strahl auf eine Festkörperoberfläche, dann wird die gerichtete kinetische Energie durch Streuprozesse in ungerichtete thermische Energie umgewandelt. Die Temperatur der gestreuten Elektronen steigt an, die gerichtete kinetische Energie nimmt im Gegensatz dazu ab.