Kurzfassung

Der Elektronenspin als Freiheitsgrad zieht die Aufmerksamkeit vieler Forscher auf sich, da der Elektronenspin zwei unterscheidbare Zustände in Form der Spinrichtungen entlang einer gewählten Achse bereitstellt, die in guter Analogie zu den beiden Zuständen eines digitalen Bits stehen. Obwohl Überlegungen zu spinbasierten Logikschaltkreisen bis in die 1960er zurückreichen, sind diese erst vor Kurzem realisiert worden, als elektrische und optische Manipulationen des Spins ohne der Notwendigkeit eines magnetischen Feldes eingeführt worden sind. Heute ist spinbasierte Elektronik (“Spintronik”) ein sich rasch entwickelndes Forschungs- und Entwicklungsfeld, welches neue Bauteile ermöglicht, deren Charakteristiken nicht nur vergleichbar, sondern sogar jenen aktueller ladungsbasierter Bauteile überlegen sind.

Um spinbasierte Bauteile herstellen zu können, müssen die Transporteigenschaften des Spins in Halbleitern genau untersucht werden. Da Silizium das weitverbreitetste Material in der modernen Mikroelektronik darstellt, sind insbesondere Spinrelaxierungdetails in Siliziumkanälen von höchstem Interesse. Außerdem wird häufig mechanische Spannung zur Steigerung der Ladungsträgerbeweglichkeit in modernen MOSFETs verwendet. In der vorliegenden Doktorarbeit wird die kp -Methode zur Untersuchung der Subbandstruktur und der Wellenfunktionen in den eingeschränkten Elektronensystemen von Siliziumschichten unter Berücksichtigung von Scherdehnung und der Kopplung von Spinorbitalen verwendet. Analytische Ausdrücke für den vierbandigen kp -Hamilton-Operator werden für den Fall eines quadratischen Potentialtopfs abgeleitet. Aus den Wellenfunktionen werden die zugehörigen Matrixelemente zur Beschreibung der Spinrelaxation berechnet. Eine Analyse der Spinlebensdauer zeigt sowohl Beiträge der Oberflächenrauheit, als auch von Elektron-Phonon-Interaktionen herbeigeführte Spinrelaxiation. Da die Entartung der ungestrichenen Subbänder durch Scherdehnung aufgehoben wird, wodurch die elastischen Zwischentalstreuungen als Hauptbeitrag zur Spinrelaxation unterdrückt werden, wird eine Erhöhung der Spinlebenszeit um eine Größenordnung in verspannten Siliziumschichten vorhergesagt.

Die Verwendung von Silizium in spinbasierten Feldeffekttransistoren (“SpinFETs”) ist von großem Interesse, da es die Herstellung von spinbasierten Bauteilen mittels bereits hochentwickelter Prozessierungschritte für Silizium verspricht. Durch den durch die Grenzfläche verursachten Bruch der Symmetrie der Inversion wird die vom elektrischen Feld abhängige Spin-Orbit-Interaktion in Schichten und Finnen aus Silizium verstärkt. Es wird gezeigt, dass im Falle geeignet ausgelegter Schottkybarrieren eine verstärkte Modulation des Kanalmagnetwiderstands zwischen Source bzw. Drain und dem Kanal auch bei Raumtemperatur bestehen bleibt. Um die Kanallänge reduzieren zu können, muss die Transportmasse entlang des Kanals groß sein. Basierend auf dem zweibandigen kp -Modell wird eine stärkere Abhängigkeit des Wertes für die effektive Spin-Orbit-Interaktion in siliziumbasierten SpinFETs mit in [100]-Richtung orientieren Finnen vorhergesagt, womit diese für eine praktische Realisierung bevorzugt werden sollten.