Werden als Gedankenexperiment zwei unterschiedliche ladungsneutrale und leitfähige Materialien in direkten Kontakt miteinander gebracht, so findet eine Diffusion von Ladungsträgern statt, da deren Konzentrationen vom Material abhängig und daher im allgemeinen nicht identisch sind. Da die Materialien ursprünglich ladungsneutral waren, bildet sich im Bereich der Grenzfläche zwischen den Materialien eine Raumladungszone aus, die wiederum bedingt, daß sich ein elektrisches Feld einstellt, das der Diffusion entgegenwirkt. Ist der Ausgleichsvorgang abgeschlossen, ist der Stromfluß wieder Null.
Abbildung 5.7: Energieverläufe in n- und p-dotierten
Halbleitergebieten vor dem Ausgleichsvorgang, Bild a, und nach dem
Ausgleichsvorgang, Bild b, im thermodynamische Gleichgewicht. Bild b
zeigt die Diffusionsspannung, die sich als Ergebnis der
Ladungsträgerdiffusion im Bereich der Grenzfläche und der daraus
resultierenden Raumladungszone einstellt.
Mit dem nun vorhandenen elektrischen Feld geht jedoch eine Potentialänderung einher. Die Potentialdifferenz, die durch den Aufbau der Raumladungszone im Bereich der Grenzfläche verursacht wird, ist die Diffusions- oder Kontaktspannung. Abbildung 5.7 zeigt als Beispiel die Energieverläufe in einem p-dotierten und einem n-dotierten Halbleiter (Bild a) und nachdem der Ausgleichsvorgang stattgefunden hat (Bild b). Zu bemerken ist der Sprung der Quasi-Fermienergien an der Grenzfläche in Bild a vor dem Ladungsträgeraustausch, was darauf hinweist, daß sich diese Struktur nicht im thermodynamischen Gleichgewicht befindet. Erst nachdem der Austausch stattgefunden hat ist die Quasi-Fermienergie konstant und das thermodynamische Gleichgewicht erreicht.
Die Diffusionsspannung kann nun entsprechend Abbildung 5.7a berechnet werden, indem die Differenz
gebildet wird. Ist Raumladungsneutralität gewährleistet gilt
Setzt man nun für die Ladungsträgerkonzentrationen ein
erhält man mit
die quadratische Gleichung
Deren Lösung lautet
Nachdem y nur positive Werte annehmen kann, ist die entsprechende Lösung zu wählen und die Gleichung für die Quasi-Fermienergie lautet
und mit der Gleichung (5.96) erhält man für die Diffusionsspannung
wobei der Index die Größen des n-dotierten, bzw. des p-dotierten Gebiets bezeichnen.
Die Spezifikation der Diffusionsspannung hat globalen Charakter, da sie die Auswirkungen einer Raumladungszone beschreibt, die einen mehr oder weniger ausgedehnten Bereich des Bauelements einnimmt. Betrachtet man die Berechnung der Differenz als Wahl eines Bezugspotentials, nämlich , so liegt die Idee nahe, auf diese explizite Bezugnahme zu verzichten und auf eine lokale Definition eines Diffusionspotentials überzugehen:
Es sei noch erwähnt, daß eine direkte Messung der Diffusionsspannung, z.B. mit einem Spannungsmeßgerät, nicht möglich ist. Es tritt nämlich auch an den Kontakt-, Halbleitergrenzflächen eine Diffusionsspannung auf, die sogenannte Kontaktspannung. Die Summe der in Serie geschalteten Kontakt- und Diffusionspannungen ist aber Null.
Im Gegensatz zur Diffusionsspannung ist das Diffusionspotential von der Wahl des Referenzwerts abhängig. Dieser Referenzwert wird durch die Bandkantenenergien definiert. Es scheint die Wahl der Referenzenergie beliebig zu sein. Wie im folgenden Abschnitt jedoch gezeigt wird, muß die Referenzenergie bei der Spezifikation der Randbedingungen wieder Berücksichtigung finden. Damit ist der Zusammenhang zwischen dem Referenzpotential der Beschaltung und dem im Bauelement hergestellt. Die Diffusionsspannung kann mittels der Diffusionspotentiale berechnet werden:
Überall dort, wo Raumladungsneutralität gilt, ist das Diffusionspotential mit der Potentialverteilung des thermodynamischen Gleichgewichts identisch. Das Diffusionspotential ist daher als Startlösung für die Simulation gut geeignet.