Das physikalische Ätzen nutzt hauptsächlich den Impuls der auftreffenden Ionen aus, um durch Oberflächenstöße Material abzutragen. Die Ätzung erfolgt bevorzugt in Richtung der auftreffenden hochenergetischen Ionen, also weitgehend anisotrop, jedoch mit geringer Selektivität. Das Verfahren wird im wesentlichen für Stoffe benutzt, die mit den gebräuchlichen Ätzgasen keine flüchtigen Produkte bilden. Zu den Nachteilen des Verfahrens zählen Redeposition und Neigung zu Strahlenschäden. Physikalische Ätzverfahren sind das Ionenstrahlätzen (engl.: Ion Beam Etching, IBE) und das Sputterätzen (engl.: Sputter Etching, SE).
Abbildung 4.2: Wirkungsweise der Trockenätzverfahren; (a) physikalisch,
(b) chemisch, (c) chemisch-physikalisch.
Beim chemischen Ätzen findet vorwiegend eine chemische Reaktion zwischen den neutralen Teilchen aus einem Plasma (Radikale) und den Atomen der zu ätzenden Oberfläche statt. Vorraussetzung für die Ätzung ist die Bildung eines gasförmigen, flüchtigen Reaktionsproduktes. Da die mittlere freie Weglänge der Neutralteilchen im allgemeinen klein gegenüber den Bauteilabmessungen ist, bewegen sich diese durch unzählige Stöße praktisch rein zufällig. Der entstehende Ätzangriff ist damit isotrop, das Verfahren eignet sich daher nicht zur Erzeugung feiner Strukturen. Die Selektivität ist aufgrund des chemischen Ätzangriffes hoch. Ein chemisches Trockenätzverfahren ist das Plasmaätzen (engl.: Plasma Etching, PE).
Beim chemisch-physikalischen Ätzen treten gleichzeitig Ionenbeschuß und chemische Reaktion an der Oberfläche auf. Physikalische und chemische Effekte werden in folgender Weise miteinander kombiniert: (1) Die Oberflächenbindungen werden chemisch abgeschwächt, sodaß der physikalische Effekt verstärkt wird, (2) chemische Reaktionen werden durch Oberflächenschäden des Ionenbombardements ermöglicht, (3) erst das Ionenbombardement führt die Energie zu, die für die Aktivierung der chemischen Reaktion erforderlich ist. Zusätzlich kann sich während des Ätzens je nach chemischer Zusammensetzung eine Schutzschicht (Polymerfilm) ausbilden, die den chemischen Ätzangriff blockiert und nur durch Ionenbeschuß entfernt werden kann, sodaß die chemische Reaktion ebenfalls nur in Richtung der auftreffenden Ionen erfolgt und somit insgesamt eine hohe Anisotropie erzielt werden kann. Die erreichbare Selektivität des Verfahrens liegt zwischen der von rein physikalischem und rein chemischem Ätzen, je nachdem, welcher der beiden Effekte stärker ausgeprägt ist. Chemisch-Physikalische Ätzverfahren sind das reaktive Ionenätzen (engl.: Reactive Ion Etching, RIE) und das reaktive Ionenstrahlätzen (engl.: Reactive Ion Beam Etching, RIBE).