Zusammenfassung

Mit der weiter andauernden Skalierung von Halbleiterbauelementen in den Nanometerbereich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Funktionalität aufgrund einzelner Punktdefekte oder Parameterfluktuationen stetig. Daher spielt die Simulation von Bauelementen in der Halbleiterindustrie zur Optimierung von Entwürfen und Prozessen vor der eigentlichen Produktion eine wichtige Rolle in der Vorhersage der Lebensdauer eines Bauelements. In diesem Kontext befasst sich die vorliegende Arbeit mit dem Einfluss der Modellierung des Transports von Ladungsträgern auf die Genauigkeit der Vorhersage von Lebensdauern bei vorliegen von Bias Temperature Instabilität (BTI) oder Degeneration durch heiße Ladungsträger (HCD).

Zu diesem Zweck wurde ein Vierzustandsmodell basierend auf der Theorie von nicht radiativen mehrphononen (NMP) Übergängen implementiert. Mit Hilfe dieses Modells lässt sich BTI studieren. Weiters muss beachtet werden, dass in skalierten Bauelementen mit Abmessungen von wenigen Nanometern die typischen Dotierkonzentrationen nur mehr von wenigen Dotieratomen hergestellt werden. Dies wiederum führt zu nicht mehr vernachlässigbaren Fluktuationen im elektrostatischen Potential innerhalb des Bauteils. Daher muss die Granularität der Dotierung und die statistische Verteilung von Dotieratomen sowie der Punktdefekte bei der Simulation berücksichtigt werden. Um dies zu bewerkstelligen, wurde ein entsprechendes Modell (random discrete dopant model) in den Drift-Diffusions Simulator Minimos-NT implementiert. In einem ersten Schritt um BTI in p-Kanal MOSFETs bei erhöhter Temperatur besser zu verstehen, wurden Messdaten mit Hilfe der direct-current-current-voltage Methode nach Bias Temperatur Stress aufgenommen und erfolgreich mit dem erwähnten Vierzustandsmodell reproduziert. Dabei wurde selbiges mit dem Modell von Shockley, Read und Hall (SRH) versucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Messdaten mit dem SRH Modell nicht vollständig reproduziert werden können. Dieses Ergebnis ist übereinstimmend mit der Literatur, wo gezeigt wurde, dass ein SRH Modell die experimentell gefundenen charakteristischen Zeitkonstanten nach Bias Temperatur Stress nicht reproduzieren kann. In der Literatur wurde unter Anderem auch von einer starken Korrelation zwischen Gate- und Drainstrom nach Bias Temperatur Stress berichtet. Im Zuge dieser Arbeit wurde versucht dies zu erklären. Zuerst wurde versucht diese Korrelation und die beobachtete starke Reduktion des Gatestromes über den Einfluss einer elektrostatischen Interaktion zwischen den statistisch verteilten Dotieratomen und Punktdefekte auf den direkten Tunnelstrom zu erklären. Jedoch konnte die gemessene starke Reduktion des Gatestomes so nicht reproduziert werden. Stattdessen konnte jedoch erfolgreich gezeigt werden, dass ein NMP basiertes Tunnelmodell alle gemessenen Vorgänge sowie die beobachteten Zeitkonstanten erklärt. Dies zeigt, dass ein NMP basiertes Modell ein gute Wahl zur Vorhersage der Bauteillebensdauer ist. Jedoch, muss um eine Vorhersage der Lebensdauer treffen zu können noch die Schwellenspannungsdrift eines einzelnen Punktdefektes erfolgreich reproduziert werden. Dazu wurden MOSFETs mit kleiner Gatefläche statistisch untersucht und die kumulative Verteilung der einzelnen Schwellenspannungsdriften eines Defektes unter Berücksichtigung von diskreten Dotieratomen beobachtet. In diesen Experimenten knnen ebenso die charakteristischen Zeitkonstanten des Ladungstrgeraustausches, abhngig vom verwendeten Modell, gefunden werden. Es wurde herausgefunden, dass eine Berücksichtigung der Potentialfluktuationen alleine nicht ausreicht um die Verteilung der Schwellenspannungsdriften von einzelnen Defekten zu erklären. Hierfür sind weitere Untersuchungen notwendig.

Für Untersuchungen zur Bauteildegeneration durch heiße Ladungsträger wird eine genaue Kentniss der Energieverteilung der Ladungsträger bentigt. Dazu muss die Boltzmanntransportgleichung gelöst werden. In dieser Arbeit wurde dazu der Simulator ViennaSHE benutzt. Zum Zwecke des Vergleichs mit Momenten-basierten Simulatoren sowie zur Evaluierung von HCD Modellen wurde dieser Simulator erweitert. Die Erweiterungen bestanden aus einem Quantenkorrekturmodell, Varibilitätsmodellen um Potentialfluktuationen zu berücksichtigen, dem klassischen SRH Modell sowie dem eingangs erwähnten Vierzustandsmodell. Zusätzlich wurde das erweiterte Vecchi Modell zur vollen Bandstrukturabbildung in ViennaSHE implementiert. Mit all diesen Erweiterungen kann ViennaSHE dazu benutzt werden um frische als auch bereits degradierte Bauelemente auf deren Zuverlässigkeit zu untersuchen. Dabei kann sowohl BTI als auch HCD oder später beide zusammen analysiert werden. Um HCD für diverse Bauelemente studieren zu können wurde im Zuge dieser Arbeit ein HCD Modell entwickelt und auch in ViennaSHE implementiert. Dieses Modell wurde erfolgreich mit Hilfe von HCD Messdaten auf n-Kanal MOSFETs verschiedener Kanallängen unter diversen Stressbedingungen mit einem einzigen Satz an Modellparametern validiert. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass Elektron-Elektron Streuung unter Umständen nur in Langkanal MOSFETs vernachlässigt werden kann. Dieses Ergebnis steht damit im Widerspruch zu kürzlich veröffentlichten Arbeiten.