7.4.1 Funktionsweise



next up previous contents
Next: 7.4.2 Vorwärtsleitung bei guter Up: 7.4 Latch-Up im IGT Previous: 7.4 Latch-Up im IGT

7.4.1 Funktionsweise

In bipolaren Leistungshalbleiterbauelementen kann der Durchlaßwiderstand durch Minoritätsträgerinjektion verkleinert werden. Dadurch sind im durchgeschalteten Zustand hohe Stromdichten möglich. Allerdings werden beim Abschalten hohe Gateströme benötigt. Ein Leistungs-MOSFET bietet den Vorteil der Spannungssteuerung, die eine leichte Integrierbarkeit der Steuerschaltung ermöglicht. Leider stellt die Driftregion eines Leistungs-MOSFET's einen hohen Serienwiderstand dar, sodaß im vorwärtsleitenden Zustand keine hohen Stromdichten erzielt werden können. Der Wunsch, Vorteile unipolarer und bipolarer Leistungshalbleiter in einem Bauelement zu verbinden, ist naheliegend. Der IGT (Insulated Gate Transistor) stellt die Kombination eines bipolaren Transistors mit einem MOSFET dar. Er wird auch IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor) oder COMFET (Conductivity Modulated Field Effect Transistor) [161] genannt.

Die Idee des IGT ist, einen mit der MOS-Gatespannung steuerbaren Ladungsträgerkanal zu verwenden, um den -Emitter mit der -Basis einer vierschichtigen Thyristorstruktur elektrisch leitend zu verbinden, ohne den der Thyristorstruktur inhärenten Zündmechanismus auszulösen [22]. Aufgrund der Möglichkeit der Modulation der elektrischen Leitfähigkeit durch Minoritätsträgerinjektion in die schwach dotierte Driftregion, kann der IGT im eingeschalteten Zustand hohe Ströme führen, auch wenn er hohe Blockierspannungen unterstützt. Aufgrund seines MOS-Gates ist er mit wenig Leistung steuerbar. Insofern vereinigt der IGT hohe Stromtragfähigkeit mit einer hohen Eingangsimpedanz [20]. Günstige Durchlaßeigenschaften mit kurzen Schaltzeiten und leichter Ansteuerbarkeit ermöglichen vielfältige Anwendungen im unteren bis mittleren Leistungsbereich.

Der IGT ist wie ein -Kanal Leistungs-MOS-Transistor aufgebaut, jedoch auf einem -dotierten statt auf einem -dotierten Substrat. Dadurch erhält man einen zusätzlichen -Übergang zur -dotierte Epitaxieschicht (-Basis, die auf das Substrat aufgewachsen wird). Im Unterschied zum Leistungs-MOS-Transistor hat der IGT deshalb auch die Eigenschaft in Rückwärtsrichtung zu blockieren [20]. Bei Polung in Vorwärtsrichtung bildet sich - wie in einem Thyristor - zwischen - und -Basis eine Sperrschicht aus, sodaß der IGT blockiert. In diesem Zustand werden aus dem Substrat (Kollektor, Anodenanschluß) Ladungsträger in die -Basis injiziert. Im eingeschalteten Zustand erzeugt die anliegende Gatespannung einen Inversionskanal in der -Basis und akkumuliert in der -Basis Elektronen unter dem Gateoxid. Die Stromleitung erfolgt vom Emitter durch den Inversionskanal über den von der -Basis zum Kollektor vorwärts gepolten -Übergang zum Kollektor. Die Gatespannung ist dabei sehr viel größer als die Einsatzspannung, damit der Kanalwiderstand klein ist. Solange der Vorwärtsstrom unabhängig von der Gatespannung ist (gute Kanalleitfähigkeit im Widerstandsbereich), entspricht die Strom-Spannungskennlinie des IGT der einer pin-Diode. Im Sättigungsbereich bei höheren Durchlaßspannungen begrenzt zusätzlich der Serienwiderstand des Kanals den Anodenstrom. Dieser Effekt verstärkt sich bei höheren Temperaturen, weil die Beweglichkeit in der Inversionsschicht abnimmt, wird jedoch durch die Abnahme der Durchlaßspannung des pin-Diodenanteils kompensiert. Insgesamt ist die Stromtragfähigkeit des IGT's relativ unabhängig von der Temperatur. Genaue Untersuchungen der Temperaturabhängigkeit der Durchlaßspannung bei verschiedenen, eingeprägten Anodenströmen zeigen, daß die Durchlaßspannung bei großen Strömen mit der Temperatur zunimmt, bei niedrigen Strömen abnimmt und im Mittelbereich sogar gleich bleibt [21]. Dieses Verhalten ist unter allen Leistungshalbleiterbauelementen einmalig [21].

Wenn die Gatespannung abrupt auf null fällt, nimmt der Kollektorstrom zunächst sehr schnell auf ungefähr die Hälfte seines ursprünglichen Wertes ab, gefolgt von einem langsamen Stromabfall. Der plötzliche Stromzusammenbruch kommt durch die rasche Unterbrechung des Elektronenstroms im Inversionskanal zustande. Der Löcherstrom fließt zunächst weiter. Er wird von der hohen Minoritätsträgerinjektion in der -Basis unterstützt. Der Stromschwanz ist durch die Rekombination der gespeicherten Ladung in der -Basis bedingt. Er bestimmt die Abschaltzeit. Die Stärke des Löcherstroms in der -Basis wird durch die Stromverstärkung des vom -Substrat, sowie der - und -Basis konstituierten -Transistors bestimmt. Hohe Betriebstemperaturen verlängern die Abschaltzeit des IGT's, weil sowohl die Stromverstärkung des -Transistors als auch die Trägerlebensdauer zunimmt [20], [21].

Die Grenzen des sicheren Einsatzbereiches des IGT's sind durch das Zünden des parasitären Thyristors (Latch-Up) bestimmt, den der IGT in seiner -Vierschichtstruktur zwischen Kollektor- und Emitterkontakt enthält. Latch-Up führt zum Verlust der Steuerbarkeit des Kollektorstromes durch die MOS-Gatespannung. In diesem Zustand kann der IGT nur mehr extern abgeschaltet werden, z.B. durch Abschalten oder Umpolen der Kollektorspannung. Bei anliegender Gleichspannung führt Latch-Up zum Durchbrennen des Bauelements durch Selbsterhitzung. Latch-Up ist ein grundsätzlicher Fehlermechanismus im IGT, der im Normalbetrieb (üblicherweise bis zum sechsfachen Nennstrom) durch entsprechendes Design verhindert werden muß.

Zwei Arten von Latch-Up müssen unterschieden werden. Statischer Latch-Up tritt während stationärer Stromleitung bei niederer Kollektorspannung auf, wenn der Kollektorstrom einen kritischen Wert überschreitet. Im Gegensatz dazu findet dynamischer Latch-Up während des Abschaltens statt, wenn bei hoher Kollektorspannung ein hoher Strom geführt wird.



next up previous contents
Next: 7.4.2 Vorwärtsleitung bei guter Up: 7.4 Latch-Up im IGT Previous: 7.4 Latch-Up im IGT



Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995