2.1 VISTA



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2.1 VISTA

Der neue Bauelementsimulator, dessen Struktur und Eigenschaften in dieser Arbeit beschrieben werden, wurde im Rahmen der VISTA-Umgebung [32][58][P4][P2] entwickelt. VISTA ist eine Abkürzung für Viennese Integrated System for TCAD Applications, und TCAD steht wiederum für Technology Computer Aided Design. Es ist das längerfristige Ziel von VISTA, eine virtuelle Entwurfsumgebung zur Verfügung zu stellen, in der von der Prozeß- über die Bauelement- bis zur Schaltungssimulation der Entwurf von integrierten Schaltungen vollständig am Computer modelliert werden kann.

Zwar wurde gerade am Institut für Mikroelektronik schon in sehr frühem Stadium mit der Konzeption einer solchen Umgebung begonnen, eine solche Aufgabe kann aber nur in einem längerdauernden Prozeß gelöst werden. Die Konzeption einer Entwicklungsumgebung wie VISTA war auf der Basis existierender Simulationswerkzeuge nur teilweise möglich. Durch die Entwicklung von VISTA stiegen mit der Komplexität der Aufgabenstellungen die Anforderungen an die einzelnen Simulationsprogramme. Ist jedoch ein Simulator erst einmal in VISTA vollständig integriert, so steigen auch die Einsatzmöglichkeiten des Simulators gewaltig an, da eine solche Entwurfsumgebung durch weitgehende Automatisierung immer wieder durchgeführter Einzelschritte dem Benutzer erlaubt, sich mit wesentlichen Entwurfsaufgaben zu beschäftigen. Simulationen, die wegen der aufwendigen Erstellung der komplexen Eingangsdaten bei eigenständigen Simulatoren Simulationen vermieden werden, sind durch die Fähigkeiten einer TCAD-Umgebung einfach durchzuführen.

Im Bereich der Bauelementsimulation wurde eine Doppelstrategie eingeschlagen. Um das bewährte Simulationsprogramm MINIMOS [69][70][30] als Universalsimulator in die VISTA-Umgebung zu übernehmen, wäre eine grundlegende Neukonzeption und -codierung des gesamten Programms erforderlich gewesen. Das hätte MINIMOS seiner wesentlichen Vorteile beraubt. MINIMOS ist ein für Feldeffekttransistoren maßgeschneidertes Programm, das bis heute bei der Simulation jener speziellen Strukturen, auf die es abgestimmt ist, eine führende Stellung einnimmt. Das hat mehrere Gründe, einer der wichtigsten ist jedoch die große Geschwindigkeit, mit der die Gleichungen gelöst werden, und die robuste numerische Implementierung, die es zu einem industriell verwendbaren Simulationswerkzeug machen.

Eine totale Überarbeitung dieses Programms, die bei einer Verwendung als Universalsimulator unerläßlich wäre, würde eine Änderung praktisch aller Datenstrukturen erfordern und hätte sehr nachteilige Folgen auf den Bedienungskomfort und die Ablaufgeschwindigkeit. Von einer solchen Überarbeitung wurde also letztlich Abstand genommen.

Statt dessen wurde MINIMOS mit Hilfe eines sogenannten Wrappers in VISTA integriert. Dieser Wrapper ist als ein Datenkonversionsprogramm anzusehen, das auf die Bedürfnisse von MINIMOS abgestimmt ist. Um einen Feldeffekttransistor im Rahmen von VISTA mit MINIMOS zu simulieren, wird von einem PIF-Datenfile ausgegangen (siehe Abschnitt 2.2). Der Wrapper analysiert die Topologie der geometrischen Struktur, findet die Halbleiterbereiche, die Source- und Drainkontakte, das Gateoxid und den Gatekontakt und extrahiert daraus die Informationen, die MINIMOS benötigt: Kanallänge, -weite, Gatelänge, Abstand zwischen Gate und Source und zwischen Gate und Drain, und vor allem das Dotierungsprofil. Aus diesen Daten wird ein Eingabefile für MINIMOS erstellt. Nachdem MINIMOS den Transistor analysiert hat, werden die Ergebnisse in VISTA weiterverwendet. Da der weitaus größte Anwenderkreis von VISTA MOS-Transistoren entwickelt, ist VISTA mit dieser Anbindung bei MOS-Transistoren seinem Ziel einen wichtigen Schritt näher gekommen.

Für die allgemeine Bauelementsimulation wurde ein neues Projekt begonnen, mit dem sich diese Arbeit beschäftigt. Dabei spielen zwei Aspekte von VISTA eine Rolle:

  1. Der formale Aspekt: Der neue Simulator muß im Rahmen von VISTA entwickelt und übersetzt werden, die entsprechenden internen Datenformate verwenden und alle Ein- und Ausgabedaten über das allgemeine Datenformat PIF, das in VISTA verwendet wird, übertragen.
  2. Der inhaltliche Aspekt: Der Simulator muß konzeptionell die Integration in VISTA unterstützen, er muß also mit den in VISTA vorhandenen Informationen zurechtkommen und darf keine Sonderinformationen benötigen.
Der erste Punkt ist ziemlich einfach (wenn auch arbeitsintensiv) mit einem entsprechenden Datenformat und entsprechenden Schnittstellen zu lösen. Die grundlegenden Aspekte von PIF, soweit sie diese Arbeit betreffen, werden in diesem Kapitel kurz vorgestellt.

Der zweite Punkt dagegen bedeutet, daß der Simulator möglichst an keiner Stelle Einschränkungen machen darf, was die zur Simulation akzeptierten Daten betrifft. Insbesondere sollte über die Geometrie- und Materialbeschreibungen in PIF hinaus keine Zusatzinformation, etwa von der Art ,,Das ist ein HEMT``, ,,Dieses Bauelement enthält einen Kanal``, ,,Das Segment Nummer 3 hat die Funktion eines Gates``, gegeben werden müssen. Der Simulator muß also möglichst ohne Interaktion mit dem Benutzer verschiedene Bauelemente mit beliebig komplexer geometrischer Struktur behandeln können. Das ist unbedingt notwendig, um den Simulator in Zusammenhang mit anderen Simulationswerkzeugen in einer automatisierten Umgebung zu verwenden. Die Einflüsse, die dieses Generalitätsprinzip ausübt, ziehen sich durch alle Bestandteile dieser Arbeit.

Bei hinreichender Reife des neuen Simulationswerkzeugs wird es in der Lage sein, MINIMOS in der VISTA-Umgebung abzulösen. Mit dem neuen Simulator kann man in VISTA unmittelbar MOS-Transistoren simulieren, ohne einen Wrapper zu benötigen.



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Martin Stiftinger
Fri Oct 21 18:22:52 MET 1994