7.6 Die Gesamtstromgleichung bei verkoppelten Bauelementen
Next: 8 Der Aufbau und
Up: 7 Verkoppelte Simulation
Previous: 7.5.2 Die Stromintegration
Da im GUMMEL-Schema die Poissongleichung ohne Kopplung
mit den Kontinuitätsgleichungen gelöst wird, kann keine
Abhängigkeit des Kontaktstroms vom Potential in das Gleichungssystem
eingebracht werden. Darum ist es nicht möglich, mit dem
GUMMEL-Schema Simulationen verkoppelter Strukturen
durchzuführen, außer man verwendet spezielle Techniken als
Hilfsmittel.
Anders liegt der Fall bei der Gesamtstromgleichung. Hier ist eine
Abhängigkeit des Kontaktstroms vom Potential dadurch gegeben, daß
die linearisierten Kontinuitätsgleichungen in der
Gesamtstromgleichung stecken.
Bei geschickter Durchführung, wobei besonders darauf zu achten ist,
welche Kontaktgrößen in das bauelementübergreifende
Gesamtstromgleichungssystem aufzunehmen sind, kann man daher
transiente Simulation verkoppelter Bauelemente in einer Art
GUMMEL-Zyklus bzw. in einem analog entkoppelten Verfahren
durchführen. Dabei wird jeweils eine Gesamtstromgleichung
für alle Bauelemente gemeinsam gelöst, gefolgt von den
Ladungsträgergleichungen in den einzelnen Bauelementen.
Am Kontakt muß dabei folgendermaßen verfahren werden:
- Während die Kontinuitätsgleichungen gelöst werden (jede in
ihrem Bauelement, in allen Schichten verkoppelt, aber nach
Bauelementen entkoppelt), wird der entsprechende Kontaktstrom
aufintegriert und auf den neuesten Stand gebracht.
Mit den Kontinuitätsgleichung(en) der Elektronen wird also
der Elektronenstrom berechnet, und mit den
Kontinuitätsgleichungen der Löcher der Löcherstrom.
Die entsprechenden Größen am Kontakt (, )
werden dabei auf den neuesten Stand gebracht.
- In dem anschließenden Schritt, in dem die Gesamtstromgleichung
über alle Bauelemente verkoppelt gelöst wird, werden diese
Ladungsträgerströme fest gelassen.
Die Gesamtstromgleichung über verkoppelte Bauelemente besteht
aus folgenden Teilen:
- In Halbleitern ist sie die Poisson-Gleichung mit den
Zusatztermen, die die linearisierte Änderung des
Leitungsstroms beschreiben (Gleichung 3.63).
Die rechte Seite besteht in den Kontrollfunktionen der
Poissongleichung und integriert sich am Kontakt zur
Oberflächenladung auf.
Die Ableitungen in der Matrix beschreiben die Änderung
dieser Oberflächenladung mit der Potentialänderung,
zuzüglich der während des Zeitschritts durch das
geänderte Potential verursachten Leitungsstrom-Ladung.
Es wird also der linearisierte Anteil des
Zeitschritt-Integrals der Elektronen- und Löcherströme
bei der Gesamtstromgleichung kurzfristig (bis zur
nächsten Iteration) in der Oberflächenladung
gespeichert.
Dadurch ergibt sich für den gesamten Kontaktstrom eine
vollständige Ableitung nach dem neuen Potentialfeld,
indem die Elektronen- und Löcherstromkomponente zwar
fixiert sind, ihre Ableitungen jedoch über den Umweg des
Oberflächenladungsintegrals trotzdem im Gesamtstrom
berücksichtigt werden.
Für eine konsistente Iteration ist gesorgt, wenn die
Oberflächenladung dann im nächsten Schritt vollkommen
neu ermittelt wird.
- In Isolatoren ist die Gesamtstromgleichung einfach die
Poisson-Gleichung ohne Leitungsstrom. Der dielektrische
Fluß wird im Oberflächenintegral der Ladung aufsummiert
und trägt zur Verschiebungsstromdichte bei.
- In nichtidealen Leitern (Ohmschen Leitern) ist die
Gesamtstromgleichung die Laplace-Gleichung des
Leitungsstroms. Der Leitungsstrom wird in der
Kontaktgröße aufsummiert und trägt zum
Gesamtstrom bei.
- In Induktoren ist die Gesamtstromgleichung die
Laplace-Gleichung des Pseudo-Induktionsstroms, der
ebenfalls an den Kontakten aufintegriert wird und zum
Gesamtstrom beiträgt.
- Nach dem Lösen der Gesamtstromgleichung enthält die Größe
daher nicht nur die Oberflächenladung, sondern auch die
durch die Gesamtstromgleichung vorweggenommenen Änderungen
der Ladungsträgerströme. Dieser Fehler bleibt bis zur
nächsten Iteration der Gesamtstromgleichung erhalten. Der
Fehler verschwindet erst dann völlig, wenn eine gekoppelte
Lösung für den entsprechenden Zeitschritt erreicht ist.
Das folgende Bild 7.8 soll einen intuitiven Überblick über die
Kontaktgrößen bei einer Iteration der Gesamtstromgleichung geben.
Die Gesamtstromgleichung vereinigt die dunkel hinterlegten Terme in
einer Gleichung. Der Operator
steht dabei symbolisch für die Linearisierung der Abhängigkeit der
integralen Kontaktgröße nach dem Potential im Inneren des
Halbleiters, wobei alle anderen Größen im Halbleiter (Trägerdichten
und -temperaturen) festgehalten werden.
Bildet man in einem Gesamtsystem mit allen
Gleichungen den Näherungsausdruck erster Ordnung
so wird in der Gesamtstromgleichung derselbe Ausdruck verwendet, wobei
allerdings die Größen und
als Ergebnisse des vorherigen Lösens der
Kontinuitätsgleichungen feststehen, während alle anderen Terme
durch die in Bild 7.8 dargestellte Form über den Umweg der
Oberflächenladung am Kontakt in den Kontaktstrom gelangen.
Numerische Experimente zur Konvergenzuntersuchung der entkoppelten
Methode bei verschiedenartigsten Randbedingungen sind allerdings noch
ausständig, und so soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden.
Next: 8 Der Aufbau und
Up: 7 Verkoppelte Simulation
Previous: 7.5.2 Die Stromintegration
Martin Stiftinger
Fri Oct 21 18:22:52 MET 1994