Heterostrukturbauelemente sind aus mehreren Schichten bestehend aus unterschiedlichen Halbleiterlegierungen aufgebaut. Je nach Material sind die Schichten nach unterschiedlichen physikalischen Modellen zu behandeln. Das Simulationsgebiet wird daher in Segmente aufgeteilt, für die jeweils die selben physikalischen Modell gültig sind. In den Segmenten werden entsprechende Sätze von Differentialgleichungen verwendet. Einerseits die drei Differentialgleichungen der klassischen Drift-Diffusionsnäherung, andererseits ein Differentialgleichungssystem bestehend aus fünf Gleichungen, das auch die Energiebilanz der Ladungsträger berücksichtigt. Die Beschreibung der verwendeten Differentialgleichungen findet sich im Kapitel 4.
An den Grenzflächen zwischen den Schichten ändern sich die Materialeigenschaften innerhalb weniger Atomlagen nahezu abrupt. Um den Aufwand für die Simulation in vernünftigen Grenzen zu halten, ist eine idealisierte Modellierung der Grenzflächen als abrupte Änderung der Materialeigenschaften sinnvoll. Das bedeutet aber, daß die Materialparameter an Grenzflächen nicht mehr stetig sind. Das hat auch die Unstetigkeit elektrischen Größen an Grenzflächen zur Folge. Die Differentialgleichungen in den Segmenten setzen jedoch eine zweifache stetige Differenzierbarkeit der physikalischen Größen voraus. Eine Behandlung der Grenzflächen als idealisierte abrupte Übergänge in die Volumsmodelle zu integrieren ist daher nicht möglich. Dazu müssen die Größen innerhalb der Grenzflächenbereiche als zweimal stetig differenzierbare Funktionen des Ortes dargestellt werden. Damit werden jedoch widersprüchliche Anforderungen gestellt. Einerseits muß die Modellierung möglichst kleinräumig erfolgen um die Grenzflächenbereichen zu modellieren.
Abbildung 2.2: Auftrennung des Simulationsgebiets entlang
einer Grenzfläche. Die links- und rechtsseitgen Grenzwerte der
Elektronenkonzentration werden den entsprechenden Segmenten
zugeordnet. Die Beziehung zwischen und wird durch ein
Grenzflächenmodell hergestellt.
Andererseits erfordert gerade diese Kleinräumigkeit eine entsprechende Diskretisierung, die entweder sehr vieler Diskretisierungspunkte bedarf oder benachbarte Boxen stark unterschiedlicher Größe produziert (zur Diskretisierung siehe Abschnitt 2.3 und Kapitel 6). Ersteres erhöht die Anzahl der zu berechnenden Variablen, zweiteres verschlechtert die Kondition des Problems [11]. Beides erhöht bestenfalls den Rechenaufwand, kann aber auch ein Lösung des Problems unmöglich machen.
Eine Modellierung abrupter Grenzflächenübergänge ist mit der Aufteilung des Simulationsgebiets in Segmente möglich. Abbildung 2.2a zeigt das unstetige Verhalten der Elektronenkonzentration an einer Grenzfläche. Je nach dem von welchem Teilgebiet man sich der Grenzfläche nähert, sind die Konzentrationen auf der Grenzfläche unterschiedlich. Auf der Grenzfläche selbst findet man zwei Konzentrationswerte vor, die als links- und rechtsseitge Grenzwerte zu interpretieren sind. Trennt man nun das Simulationsgebiet entlang der Grenzfläche auf (s. Abb. 2.2b), wird jeder Grenzwert eindeutig einem Teilgebiet zugeordnet. Diese Auftrennung ist jedoch eine logische, keine örtliche. Diskretisierungspunkte auf der Grenzfläche besitzen auch nach der Auftrennung die selben Ortskoordinaten. Innerhalb der Segmente sind die Volumsmodelle unverändert gültig. Sie gelten auch für die Diskretisierungspunkte am Rand. Jedoch existieren für einen Diskretisierungspunkt auf der Grenzfläche nun zwei zu berechnende Elektronenkonzentrationen statt der ursprünglichen einen. Es muß daher eine zusätzliche Gleichung, die das Verhalten des Grenzflächenbereichs beschreibt, definiert werden um die geforderte Übereinstimmung der Anzahl der Gleichungen mit der Anzahl der Variablen zu gewährleisten. Diese Gleichungen werden durch Grenzflächenmodelle definiert und stellen die Verbindung benachbarter Segmente her. Die Beschreibung von Grenzflächenmodellen ist Inhalt des Kapitels 5. Details zur Verwaltung der Geometrie und des Gitters finden sich in Abschnitt 2.3.