Aus der mikroskopischen Perspektive der Wellenmechanik ist der Halbleiter
als quantenmechanisches Vielteilchensystem zu betrachten, das
aus einem Elektronensystem und einem Ionensystem besteht.
Atomrümpfe bewegen sich infolge ihrer viel größeren Masse wesentlich
langsamer als Elektronen.
Man nimmt deshalb näherungsweise an, daß sie
sich in ihrer mittleren Lage in Ruhe befinden.
Diese Annahme erlaubt, das Gesamtsystem auf das
Elektronensystem zu reduzieren (adiabatische Näherung).
Aufgrund der großen Zahl von Elektronen kann davon ausgegangen werden,
daß
jedes einzelne Elektron von den Potentialbeiträgen aller übrigen
Elektronen gleich beeinflußt wird.
Jedes Elektron im Festkörper bewegt sich in ein und demselben
Potentialfeld, das von den Kräften zwischen dem betrachteten Elektron
und allen Atomrümpfen und
allen anderen Elektronen bestimmt wird.
Das Vielteilchenproblem der quantenmechanischen Beschreibung des
Elektronensystems kann auf die Formulierung der Schrödingergleichung
für die Wellenfunktion eines einzelnen Elektrons
reduziert werden, das repräsentativ ist für alle Elektronen
(Ein-Elektron-Näherung) [120]:
Der Klammerausdruck stellt den Hamilton Operator für ein einzelnes
Elektron dar.
ist die Masse des Elektrons,
die reduzierte Plankkonstante.
bezeichnet die potentielle Energie des Elektrons
aufgrund der periodisch angeordneten, elektrisch geladenen Atomrümpfe.
ist der Gittervektor.
enthält neben dem periodischen Kristallpotential, das von den in ihrer
mittleren Lage ruhenden Ionen stammt, einen Beitrag, der von den restlichen
Elektronen herrührt (Ein-Elektron-Näherung).
bezeichnet die potentielle Energie des Elektrons aufgrund eingebauter
und angelegter Makropotentiale.
ist ein zeitabhängiger Beitrag zur potentiellen Energie
('Streupotential'), der den statistischen
Schwankungen der
Atomrümpfe aus der Gleichgewichtslage und Störungen aufgrund von
Dopanden Rechnung trägt.
Die Separation der Orts- und Zeitabhängigkeit der
Wellenfunktion ergibt
[52]:
Gl. (2.3) ist die zeitunabhängige Schrödingergleichung.
bezeichnet die Energie des Elektrons (
ist ein
Funktionsname).
Betrachtet man ein Elektron unter dem
alleinigen Einfluß des zeitunabhängigen, periodischen
Kristallpotentials (
),
kann Gl. (2.3) mit folgendem Ansatz gelöst werden:
Gl. (2.4) wird als Bloch-Funktion (Blochwelle) bezeichnet.
Sie stellt eine gitterperiodisch modulierte ebene Welle dar.
Die Periodizität des Gitters zeigt sich im Blochfaktor
.
Aus Gl. (2.3), (2.4) folgt, daß nur für bestimmte
Energieeigenwerte
Eigenfunktionen
existieren.
Die Lösung der Schrödingergleichung (2.1)
lautet:
Es zeigt sich, daß das Energiespektrum nicht kontinuierlich ist,
sondern Energiebänder aufweist, die durch verbotene Zonen getrennt sind.
wird für ein festgehaltenes
als Band bezeichnet.
Die Funktion
heißt Bandstruktur (Dispersionsfunktion).
Sie kann als kontinuierliche und - aufgrund der Periodizität des
Kristallpotentials -
periodische Funktion des Wellenvektors betrachtet werden [121].
bezeichnet den reziproken
Gittervektor, der eine Brillouin-Zone definiert.
Die Bandstruktur der wichtigsten Halbleiter ist
aufgrund von Experimenten und numerischen Berechnungen (Lösung der
Wellengleichung) wohlbekannt [93], [135], [197]
(siehe auch [111]).
Für konventionelle Transportmodelle ist die detailierte Kenntnis
des Zusammenhangs
nicht notwendig.
Da sich Elektronen aus energetischen Gründen ohnehin überwiegend in
der Bandkantennähe aufhalten,
ist es ausreichend, den Bandverlauf in der Nähe der Bandkanten
anzunähern.
Zu diesem Zweck wird die Dispersionsfunktion
in eine
Taylorreihe um
entwickelt:
Hat in
ein Extremum
(Grenzen einer Brillouinzone), verschwindet die erste Ableitung in
Gl. (2.7). Liegt das Minimum des Leitungsbandes und das Maximum
des Valenzbandes bei gleichem
-Wert, spricht man von einem direkten
(im Unterschied zu einem indirekten) Halbleiter.
Wenn die Dispersionfunktion nicht bei
sondern bei
einen Extremwert aufweist, treten mehrere
äquivalente Extrema auf. Es werden daher Eintal- von
Vieltal-Halbleitern unterschieden [153].