2.2.1 Der Phasenraum für Kristallelektronen
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Die Boltzmann Transportgleichung wurde zur Untersuchung von
Transportvorgängen in idealen Gasen entwickelt.
Das ideale Gas ist dadurch gekennzeichnet, daß der Zustand seiner
Moleküle außer im Stoßakt von dem der übrigen unabhängig
ist.
Die Gasmoleküle werden als klassische Teilchen betrachtet.
Dabei wird die Möglichkeit der gleichzeitigen Angabe von Ort und Impuls
vorausgesetzt.
Elektronen im Festkörper stellen Wellenpakete quantenmechanischer
Wellenfunktionen dar.
Im Rahmen der semiklassischen Ein-Elektron-Näherung können
Kristallelektronen jedoch als klassische Teilchen aufgefaßt werden,
für die allerdings eine allgemeine Dispersionsbeziehung gilt.
Die effektive Masse erlaubt, den Kristallimpuls des Wellenpakets
mit der Geschwindigkeit des korrespondierenden Teilchens in Beziehung zu
setzen:
Gemäß der Proportionalität des Impulses und des Wellenvektors
in Gl. (2.35), kann der Phasenraum für Kristallelektronen aus der
Zeit, drei Ortskoordinaten und drei Koordinaten des Wellenvektors
dargestellt werden.
Folgende Voraussetzungen und Eigenschaften der Boltzmann Transportgleichung
bleiben auch für Kristallelektronen gültig [18], [120],
[153], [168], [197]:
- Die Boltzmanngleichung ist eine kinetische Bedingungsgleichung für die
Einteilchen-Verteilungsfunktion.
Sie stellt eine Einteilchenbeschreibung eines Vielteilchenproblems dar.
Es wird angenommen, daß die Elektronenwechselwirkung schwach ist.
Das Elektronengas ist nicht entartet.
-
Die Elektronenbewegung ergibt sich aus der Abfolge
freien Flugs und anschließender Streuereignisse.
Der freie Flug kann in Abhängigkeit vom elektrischen Feld
deterministisch, die Streuung muß mit statistischen Mitteln beschrieben
werden.
Die mittlere freie Weglänge, der Streuprozeßtyp sowie der Zustand
nach der Streuung sind zufällig.
- Der einzelne Ladungsträger wird als quasifreies Teilchen
beschrieben, das den Newtonschen Bewegungsgesetzen gehorcht.
Das elektrische Feld ändert sich langsam innerhalb der Abmessungen eines
Wellenpakets (De Broglie Wellenlänge).
Die mittlere freie Weglänge muß viel größer sein als die
De Broglie Wellenlänge des Elektrons.
- Es herrscht molekulares Chaos.
Die lokale Ordnung der Moleküle, die sich infolge eines Stoßes ausbildet,
ist vor dem nächsten Stoß wieder völlig verwischt.
- Die Behandlung der Streuung setzt voraus, daß Kollisionen instantan
in der Zeit erfolgen und im Raum lokalisierbar sind.
Die Dauer des Stoßes ist sehr viel kleiner als die mittlere Zeit zwischen
aufeinanderfolgenden Kollisionen.
Während des Stoßes kann von den Ladungsträgern keine Energie
aus dem Feld aufgenommen werden.
- Die Streuwahrscheinlichkeit ist
unabhängig vom äußeren Feld. Zweierstöße dominieren.
- Der Beitrag der Elektron-Elektron Wechselwirkung im Streuterm wird
vernachlässigt.
Dazu kommt, daß die klassische Verwendung der Boltzmann Transportgleichung
Teilchenerhaltung voraussetzt, d.h. Übergänge zwischen Bändern
infolge von Rekombinationsprozessen in einem Mehrbandleiter ausschließt.
Weiters wird normalerweise davon ausgegangen, daß das Phononensystem im
Gleichgewicht ist, obwohl es mit den Elektronen infolge von Streuprozessen
wechselwirkt.
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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995