Die überwiegende Anzahl der Bauelementmodelle, die heute in Verwendung sind, basiert auf dem Drift-Diffusions-Transportmodell. So läßt sich etwa die grundlegende Funktionsweise der pn-Diode, des Bipolar- oder des MOS-Transistors mit diesem Modell sowohl qualitativ als auch quantitativ richtig beschreiben. Der Drift-Diffusionsansatz enthält implizit die Boltzmannstatistik, woraus unmittelbar die exponentielle Strom-Spannungskennlinie des pn-Überganges abgeleitet werden kann. Eine breite Anwendung finden die analytischen Bauelementmodelle in der Schaltungssimulation [1].
Die numerische Simulation, die industriell zur Vorhersage von Eigenschaften neuer Technologien eingesetzt wird, beruht heute ebenfalls nahezu ausschließlich auf dem Drift-Diffusionsmodell. Als zwei der am weitesten verbreiteten Programme auf diesem Gebiet seien MINIMOS und PISCES erwähnt. Ein großer Vorteil dieses Transportmodelles besteht sicherlich in seiner Effizienz.
Die Grenzen des Drift-Diffusionsmodells wurden relativ früh an GaAs und anderen Verbindungshalbleitern erkannt. Die dort auftretenden nichtlokalen Effekte wie Gunneffekt und Velocity-Overshoot verlangen die Modellierung heißer Elektronen in mehreren Leitungsbändern, manchmal unter stark instationären Bedingungen. Daher mußten für die Modellierung von Gunndioden und MESFETs, die im Gigahertz-Bereich operieren, neue Wege gefunden werden.
Eine Theorie, die in der Lage ist, diese zusätzlichen Effekte zu beschreiben, hat man mit der Boltzmannschen Transporttheorie zur Verfügung. Diese kann als eine dem Drift-Diffusionsmodell übergeordnete Theorie betrachtet werden. Das Drift-Diffusionsmodell läßt sich unter bestimmten Annahmen aus der Boltzmanngleichung herleiten (siehe etwa [93] oder auch diese Arbeit).
Der Übergang zur Boltzmanngleichung ist mit einer Reihe von Komplikationen verbunden, die mit der schwierigen Lösbarkeit dieser Gleichung zusammenhängen. Ein technisch gangbarer Weg zur rigorosen Lösung dieser Gleichung in allgemeinen Geometrien bietet sich mit der Monte-Carlo-Methode an. Es werden die Bahnen der Ladungsträger, die sich aus wiederholter freier Drift und anschließendem Streuprozeß zusammensetzen, im Orts- und Impulsraum verfolgt, und dabei entsprechende Mittelwerte gebildet. Damit die Varianz in den Ergebnissen gering ist, muß eine große Anzahl von Trajektorien berechnet werden. Daraus resultieren relativ hohe Rechenzeiten, die für das Monte-Carlo-Verfahren typisch sind.
Gewissermaßen zwischen dem einfachen Drift-Diffusionsmodell und dem aufwendigeren, aber physikalisch genauen Monte-Carlo-Modell liegen die hydrodynamischen Transportmodelle. Diese beruhen auf den Momentengleichungen der Boltzmanngleichung und beschreiben neben dem reinen Teilchentransport auch den Energietransport. Diese Transportmodelle sind Gegenstand umfangreicher Forschungsarbeiten, wie die hohe Zahl von Publikationen zu diesem Thema zeigt [3] [7] [15] [19] [22] [26] [28] [29] [30] [31] [34] [68] [73] [87] [88] [98] [99]. Im Fall von Silizium-Bauelementen konnte das Drift-Diffusionsmodell über längere Zeit hindurch mit ausreichender Genauigkeit eingesetzt werden. Auf Grund einer unterschiedlichen Bandstruktur im Vergleich zu Verbindungshalbleitern müssen nichtlokale Transporteffekte bei der Modellierung von Strukturen bis in den -Bereich herab nicht berücksichtigt werden. Erst bei dem heute erreichten Grad der Miniaturisierung beginnen diese Effekte an Einfluß zu gewinnen. MOS-Transistoren mit Gatelängen von sind bereits in industrieller Fertigung, Transistoren unter befinden sich in Entwicklung.
Neben dem Bedarf an Monte-Carlo-Simulation haben sich auch die Voraussetzungen für deren Durchführbarkeit geändert. Wegen der erforderlichen hohen Rechenzeit wurde diese Methode ursprünglich im rein wissenschaftlichen Bereich zur Untersuchung heißer Elektronen eingesetzt. Aufgrund der heute stattfindenden rasanten Leistungssteigerung bei Computern ist abzusehen, daß in Kürze die Monte-Carlo-Bauelementesimulation auch in der technischen Entwicklung Anwendung finden wird.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines benutzerfreundlichen Monte-Carlo-Simulationsprogrammes, das im besonderen auf die Eigenschaften des MOSFET Rücksicht nimmt.
Publikationen über die Simulation von Feldeffekttransistoren mit Hilfe der Monte-Carlo-Methode lassen sich bis in die Mitte der Siebzigerjahre zurückverfolgen. Die frühen Arbeiten sind ausschließlich durch die Entwicklung des MESFET motiviert [43] [50] [69] [109] [113]. Dieses Bauelement hat außerdem den Vorteil, daß es auf Grund des einfachen geometrischen Aufbaues sehr gut mit der Monte-Carlo-Methode behandelt werden kann.
Erste Arbeiten über die Monte-Carlo-Simulation des MOSFET erschienen 1983 ([74]) und 1986 ([84] [100]), die überwiegende Zahl erschien nach 1988 ([16] [24] [42] [53] [59] [77] [91] [102] [105]). Ein Grund für diese späte Zuwendung zum MOSFET liegt auch darin, daß dieser eine der schwierigsten Strukturen in Bezug auf die Monte-Carlo-Methode darstellt. So findet der Ladungstransport in der sehr schmalen Inversionsschicht im Bereich der Halbleiter-Oxid-Grenzfläche statt. Die Bewegung der Ladungsträger ist normal zur Grenzfläche quantisiert. Weiters hat die Si-SiO-Grenzfläche einen großen Einfluß auf den Gesamtstrom. Die Eigenschaften dieser Grenzfläche sind auf mikroskopischer Ebene schwierig zu modellieren. Die Source- und Draingebiete sind in der Regel sehr hoch dotiert. Dies erfordert zum einen eine numerische Erweiterung des Monte-Carlo-Algorithmus, zum anderen beginnen physikalische Effekte wie Elektron-Elektronstreuung und Degeneration eine Rolle zu spielen.