Es muß nun ein Kriterium gefunden werden, mit dem sich feststellen läßt, in welchem Bereich die lokalen und in welchem die nichtlokalen Transportkoeffizienten zu verwenden sind.
So ist etwa die Temperaturspannung ein Maß dafür, wie weit die Ladungsträger vom thermodynamischen Gleichgewicht entfernt sind. Durch Vergleich der örtlichen Temperaturspannung mit dem Gleichgewichtswert erkennt man, in welchem Bereich des Bauelementes warme beziehungsweise heiße Ladungsträger auftreten. Eine örtliche Energieerhöhung ist sicherlich noch nicht hinreichend für das Auftreten nichtlokaler Effekte, man denke nur an uniforme oder wenig veränderliche starke Felder. Erst bei gleichzeitigem Vorhandensein großer Feldgradienten verhalten sich die Ladungsträger nichtlokal. Das bedeutet, daß eine erhöhte Temperaturspannung notwendig für das Auftreten nichtlokaler Effekte ist. Mit einem Temperaturspannungs-Kriterium der Form
können daher Gebiete mit solchen Effekten zwar nicht exakt lokalisiert, aber in einem größeren Bereich mit Sicherheit eingeschlossen werden.
Abbildung 7.5: Bereich in einem -MOSFET, in dem die Temperaturspannung mehr
als 5% über dem Gleichgewichtswert liegt.
Abbildung 7.6 zeigt am Beispiel eines -MOSFET jenen Bereich, in dem die Temperaturspannung mehr als 5% über dem Gleichgewichtswert liegt ( in Gleichung 7.4). In dieser Abbildung symbolisiert das aufgesetzte Rechteck von bis den Gateisolator.
Vom theoretischen Standpunkt aus hätte man jetzt einen Bereich abgesteckt, der eventuelle nichtlokale Bereiche enthält. Man könnte innerhalb dieses Bereichs die mit Monte-Carlo-berechnete Temperaturspannung und Beweglichkeit verwenden, und außerhalb die Gleichgewichts-Temperaturspannung und ein lokales Beweglichkeitsmodell. Für die praktische Implementierung bedarf diese Argumentation noch einer Verfeinerung.
Die Temperaturspannung, die aus dem zweiten Moment berechnet wird (Gleichung 6.8), hängt nur vom symmetrischen Teil der Verteilungsfunktion ab. Sie ist daher eine Größe, die sich in allen Feldstärkebereichen mit Hilfe der Monte-Carlo-Methode gut bestimmen läßt.
Die Beweglichkeit hingegen wird aus der mittleren Geschwindigkeit und der mittleren Impulsverlustrate ermittelt (Gleichung 6.12). Sowohl die Gruppengeschwindigkeit
als auch die Impulsverlustrate
sind antisymmetrische Funktionen in . Daher hängen ihre Mittelwerte nur vom antisymmetrischen Anteil der Verteilungsfunktion ab. Dieser geht aber mit zunehmender Annäherung an das Gleichgewicht gegen null. Für die Monte-Carlo-Methode bedeutet das, daß sich das Rauschen in den beiden genannten Größen erhöht und die Beweglichkeit nur ungenau bestimmt werden kann.
Abbildung 7.6: Bereich in einem -MOSFET,
in dem die mittlere Impulsverlustrate größer als 2000 V/cm ist.
Es erscheint daher sinnvoll, die Monte-Carlo-Beweglichkeit genau in jenem Bereich zu verwenden, in dem die beiden sie bestimmenden Komponenten hinreichend genau sind. Da die Impulsverlustrate bei der Beweglichkeitsdefinition im Nenner auftritt, wird sie alleine in ein Entscheidungskriterium einbezogen. Wenn also die mittlere Impulsverlustrate einen gewissen Mindestwert überschreitet,
wird angenommen, daß sich die Monte-Carlo-Beweglichkeit genügend genau bestimmen läßt. Andernfalls befindet man sich hinreichend nahe dem Gleichgewicht, sodaß die lokale Beweglichkeit verwendet werden kann. Für haben sich Feldstärken von 1500 V/cm bis 2000 V/cm als geeignet erwiesen.
Es ist zu erkennen, daß das Impulsverlust-Kriterium (Abbildung 7.6) einen etwas kleineren Bereich als das Temperaturspannungs-Kriterium (Abbildung 7.5) liefert. Der Differenzbereich liegt im Draingebiet, wo sich die heißen aus dem Kanal kommenden Elektronen mit den kalten im Drain vermischen, wo aber nur noch kleine Werte der Driftgeschwindigkeit und der Impulsverlustrate auftreten.
Es soll noch angemerkt werden, daß das Impulsverlust-Kriterium im Simulationsprogramm örtlich so abgefragt wird, daß sich im Fall des MOSFET's genau ein einfach zusammenhängendes Gebiet ergibt. Das ist deshalb notwendig, da auf Grund von statistischen Schwankungen das Kriterium 7.7 auch an einzelnen Gitterpunkten außerhalb des in Abbildung 7.6 gezeigten Bereiches erfüllt sein kann.