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6.2.4 Verwendung als Verfeinerungskriterium

Zur Steuerung der lokalen Gitterdichte kann Gl. 6.17 herangezogen werden. Allerdings stellt sich die Frage, wie nun der abgeschätzte Diskretisierungsfehler zu bewerten ist. Einerseits wirkt sich der Diskretisierungsfehler an einem bestimmten Punkt direkt auf die Genauigkeit der Näherungslösung ${\hat{u}}$ an diesem Punkt aus, da ja

\begin{displaymath}\frac{\Delta {\hat{u}}}{\Delta t} + \mathbf {L}({\hat{u}}) \s...
 ... t} + \mathbf {L}(u) - \Delta\frac{\partial^2 u}{\partial x^2}
\end{displaymath} (6.18)

gelöst wird, wobei u für die exakte Lösung steht. Es erscheint also auf den ersten Blick die Bewertung des Diskretisierungsfehlers relativ zu ${\hat{u}}$, entsprechend

 \begin{displaymath}
\eta = \frac{1}{\max(\vert{\hat{u}}\vert,u_{\mathrm {min}})}\Delta\frac{\partial^2 u}{\partial x^2},
\end{displaymath} (6.19)

sinnvoll, wenn das Gitter solange lokal verfeinert wird, bis $\eta \leq \eta_{\mathrm {max}}$ erfüllt ist. Der Wert $u_{\mathrm {min}}$ dient dabei als untere Grenze der Fehlerbewertung. Bei genauerer Analyse offenbart diese Bewertungsmethode jedoch Schwachstellen.

Betrachtet man das Verhältnis von ${\frac{\partial{^2u}}{\partial{x^2}}}/u$ anhand eines charakteristischen Funktionsverlaufes wie etwa $u=\exp(-x^2)$ erhält man ${\frac{\partial{^2u}}{\partial{x^2}}}/u = 4x^2-2$. Das bedeutet also, daß prinzipiell in der Peripherie der Verteilung die relative Änderung des Funktionswertes aufgrund der Diffusion wesentlich stärker ausfällt als in Bereichen hoher Konzentration. Dies führt dazu, daß sich naturgemäß auch die Diskretisierungsfehler dort wesentlich stärker auswirken und in diesem Bereich eine höhere Auflösung notwendig wird. In Bereichen hoher Konzentrationen erlaubt die relative Bewertung von Gl. 6.17 jedoch sehr grobe Gitter. Wenngleich dies aufgrund der Diskretisierungsfehler der Differentialgleichung auch zulässig ist, so benötigt man bei hohen Konzentrationen jedoch eine gewisse Mindestauflösung zur Dosiserhaltung. Der Dosisfehler innerhalb eines Elementes mit linearen Ansatzfunktionen läßt sich anhand

 \begin{displaymath}
\epsilon_{\mathrm {dosis}}=\frac{\int\limits_{\Omega_e}\math...
 ...d}\Omega}{\int\limits_{\Omega_e} {\hat{u}}\,{\mathrm d}\Omega}
\end{displaymath} (6.20)

abschätzen. Zur Steuerung der Gitterdichte muß daher auch Gl. 6.20 verwendet werden.

Weiters treten Schwierigkeiten bei sehr abrupten Änderungen von ${\hat{u}}$ auf. Es kann an diesen Stellen die zweite Ableitung praktisch unbegrenzt groß werden, womit auch der Diskretisierungsfehler sehr groß wird. Verwendet man Gl. 6.19 zur Bewertung der Fehlerabschätzung, resultiert dies in einer extremen lokalen Verfeinerung des Gitters zur entsprechenden Auflösung der abrupten Änderung. Aufgrund der im allgemeinen glättenden Eigenschaft der Diffusionsgleichung verflachen sich derart abrupte Änderungen sehr schnell, sobald die Diffusionslänge über der räumlichen Ausdehnung des Sprunges liegt. Innerhalb eines Zeitschrittes bedeutet dies also, daß die Auflösung nicht feiner zu sein braucht, als dies der Diffusionslänge entspricht. Diese Eigenschaft kann erreicht werden, indem der Diskretisierungsfehler basierend auf der Näherungslösung am Ende des Zeitschrittes berechnet wird. Bei kleinen Zeitschritten greift diese Methode jedoch nicht ausreichend, sodaß es trotzdem zu unnötig starken Verfeinerungen kommen kann. Bewertet man die Fehlerabschätzung jedoch relativ zur berechneten zweiten Ableitung der Näherungslösung ${\hat{u}}$, werden die ebengenannten Schwierigkeiten verhindert, da die zweite Ableitung ja immer in der Größenordnung des Fehlers liegt.

Aufgrund dieser Erkenntnisse wird

 \begin{displaymath}
\eta = \sqrt{\frac{\left(\Delta\frac{\partial^2 u}{\partial ...
 ...ga}{k_2\int_{\Omega_e}{\hat{u}}\,{\mathrm d}\Omega}\right)^2 }
\end{displaymath} (6.21)

als Entscheidungsgrundlage für die automatische Gitterverfeinerung herangezogen. Die Parameter k1 und k2 ermöglichen eine unterschiedlich starke Bewertung der einzelnen Anteile.

Die Erweiterung der Fehlerabschätzung Gl. 6.17 und Gl. 6.21 auf multidimensionale Probleme ist relativ einfach. Da der betrachtete Differentialoperator keine gemischten Ableitungen aufweist, muß lediglich $\Phi$ als Vektorgröße betrachtet werden. Aus $(\mathbf {\hat \Phi} - \mathbf {\Phi^*})^2$ wird dann $(\mathbf {\hat \Phi} - \mathbf {\Phi^*})^T(\mathbf {\hat
\Phi} - \mathbf {\Phi^*})$, und anstatt ${\frac{\partial{}}{\partial{x}}}$ muß $\nabla$ verwendet werden.

Abb. 6.4 zeigt die Adaptierung des Gitters an eine zweidimensionale Gaußverteilung $u=\exp(-4x^2-2y^2)$. Die Bereiche hoher Konzentration werden aufgrund des Dosisfehlers verfeinert, während an der Peripherie der Verteilung der Fehler in der zweiten Ableitung relativ zum Funktionswert die Verfeinerung bewirkt.

Abb. 6.5 zeigt die adaptive Verfeinerung des in Abb. 7.9 dargestellten Initialgitters. In diesem Beispiel wurde das Gitter anhand des Diskretisierungsfehlers bei Auflösung der dreidimensionalen Gaußverteilung $u=\exp(-x^2 - 4 y^2 - 9z^2)$ adaptiert.


    
Abbildung 6.5: Adaptive Gitteranpassung eines Tetraedergitters entsprechend dem Diskretisierungsfehler und dem Dosisfehler. Abbildung 6.4: Adaptive Gitteranpassung eines Dreiecksgitters entsprechend dem Diskretisierungsfehler und dem Dosisfehler.
\begin{figure}
 \centerline{\rotatebox {90}{\resizebox {!}{0.72\textwidth}
 {\in...
 ...}{\resizebox {!}{0.72\textwidth}
 {\includegraphics{wuerfel.eps}}}
}\end{figure}


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Ernst Leitner
1997-12-30