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Unterabschnitte


1.3 Verbindungsstrukturen als begrenzende Faktoren

Durch die anhaltende Miniaturisierung integrierter Schaltungen wird die Geschwindigkeit der Transistoren immer größer. Bei der Signallaufzeit auf den Verbindungsleitungen, die hauptsächlich durch ihre RC Zeitkonstante gegeben ist, lässt sich ein solcher Trend leider nicht in diesem Ausmaß beobachten [3] und ihre elektrischen Eigenschaften werden maßgebend für das Verhalten der Gesamtschaltung. Um die Leistungsfähigkeit integrierter Schaltungen weiter zu steigern, muss man deshalb besonders bei den Metallleitungen nach Lösungen zur Verringerung der parasitären Effekte suchen oder, falls das nicht möglich ist, zumindest ihr Verhalten mit hoher Genauigkeit simulieren, um Beeinträchtigungen der Funktion der Gesamtschaltung möglichst früh zu erkennen und durch entsprechende Maßnahmen im Schaltungsentwurf entgegen zu wirken. Doch nicht nur die elektrischen, sondern auch die thermischen und mechanischen Eigenschaften der Verbindungsstrukturen müssen beim Entwurf berücksichtigt werden.

Es treten dabei parasitäre Effekte auf, wie Dämpfung durch den Leitungswiderstand, Signalverzögerung, Übersprechen (kapazitiv, induktiv oder über das Substrat), Reflexionen durch Diskontinuitäten, Skin-Effekt, Wirbelströme, Verluste durch elektromagnetische Abstrahlung, Erwärmung durch elektrische Verlustleistung, Elektromigration und Stressmigration. Auf die wichtigsten Punkte wird in den folgenden Unterabschnitten näher eingegangen.

1.3.1 Leitungswiderstand und Erwärmung

Der elektrische Widerstand der Verbindungsleitungen bewirkt einen Spannungsabfall und somit eine Dämpfung des übertragenen Signals. Bei langen Leitungen muss man deshalb einen entsprechend großen Leitungsquerschnitt wählen und in regelmäßigen Abständen Verstärker (Repeater) einsetzen.

Durch die elektrische Verlustleistung entsteht Wärme, die durch das Oxid in Richtung Substrat oder Chip-Oberfläche abgeleitet wird. Dem überlagert sich noch der Temperaturanstieg durch die Abwärme der Transistoren. Leider ist SiO$ _2$ kein besonders guter Wärmeleiter. Noch schlimmer ist es bei den meisten ``low-k'' Dielektrika, die eine noch schlechtere Wärmeleitfähigkeit als SiO$ _2$ besitzen. Ein besonderes Problem stellt die Abwärme in der Silicon On Insulator (SOI) Technologie dar, weil hier die Transistoren zur Gänze von einem schlecht wärmeleitendem Isolator umgeben sind [4].

MOS-Transistoren sind sehr empfindlich gegenüber elektrostatischen Entladungen (ESD), man verwendet deshalb spezielle ESD-Schutzschaltungen, um die hohen Stromimpulse abzuleiten. In den Metallleitungen kommt es dabei zu extrem hohen Stromdichten innerhalb kurzer Zeit (um die [100]ns) und damit zu lokaler Erwärmung bis hin zum Schmelzen der Leitung [5], was natürlich durch Gegenmaßnahmen im Entwurf verhindert werden muss.

1.3.2 Kapazität, Verzögerung und Übersprechen

Durch die Kapazität zwischen den verschiedenen Leitungen bzw. zwischen Leitungen und dem Substrat und dem Leitungswiderstand kommt es zu Signalverzögerungen. Die Verzögerungszeit ist in etwa dem Quadrat der Leitungslänge proportional (genauere Berechnung [6,7]). Deshalb stellt sie ein besonderes Problem für globale Verbindungsleitungen dar, z.B. für Taktleitungen oder Busse zwischen Funktionseinheiten von Prozessoren. Abhilfe kann man durch das Einfügen von Repeatern in regelmäßigen Abständen erzielen, man muss dabei aber beachten, dass der Repeater selbst auch eine Signalverzögerung bewirkt.

Durch kapazitive Kopplung kommt es auch zu Übersprechen zwischen über längere Strecken benachbarten Leitungen. Auch Kopplungen über das Substrat können Übersprechen verursachen [8,9,10].

1.3.3 Induktivität

Induktive Effekte wurden lange Zeit beim Entwurf von ICs vernachlässigt. Das liegt einerseits daran, dass ihre Wirkung erst bei sehr hohen Frequenzen merkbar wird, andererseits sicher auch an der Tatsache, dass ihre Berechnung ungleich aufwendiger ist, als dies bei den Kapazitäten oder Widerständen der Fall ist. Für lokale Verbindungen und solche über mittlere Distanzen brauchen Induktivitäten nach wie vor nicht berücksichtigt werden, weil ihr Widerstandsbelag im Vergleich zum Induktivitätsbelag relativ hoch und ihre Länge im Vergleich zu den auftretenden Wellenlängen kurz ist. Bei sehr langen, niederohmigen bzw. auf minimale Verzögerung optimierten Leitungen wie z.B. Taktleitungen oder die Spannungsversorgung, muss man zunehmend die Selbstinduktivität berücksichtigen. Durch induktive Kopplungen kann auch Übersprechen entstehen, z.B. über die Versorgungsleitungen durch Stromspitzen, die vom Schalten der Transistoren herrühren. Während bei der Kapazität praktisch nur Leiter in der unmittelbaren Umgebung einen Einfluss haben, können bei den induktiven Kopplungen auch weiter entfernte Leiter beitragen.

Streng genommen ist die Induktivität nur für geschlossene Leiterschleifen definiert. Will man nun die Induktivität einer Leitung berechnen, so ist das Ergebnis nicht nur von der Leitungsgeometrie sondern auch vom Retourweg des Stromes abhängig, der oft nicht genau bekannt ist. Je näher Hin- und Rückweg des Stromes beisammen liegen, umso geringer wird die gesamte Induktivität sein. Oft nimmt man einen Retourweg über das Substrat an, berechnet dadurch aber einen zu großen Induktivitätswert, falls der Strom (bzw. ein Teilstrom) über andere (nähere) Verbindungsstrukturen zurückfließt. Die berechneten Werte sind jedoch durchaus brauchbar, wenn man lediglich an ,,worst case``-Abschätzungen interessiert ist. Verschiedene Ansätze zur Induktivitätsberechnung sind in [11,12,13,14,15] zu finden.

1.3.4 Elektromigration

Elektromigration ist ein gerichteter Diffusionsprozess, der durch Impulsübertragung der Leitungselektronen auf die Atomrümpfe des metallischen Leiters entsteht. Durch die immer höhere Belastung der Verbindungsleitungen mit Stromdichten von [0.1]MA/cm$ ^2$ und mehr, stellt die Verminderung der Zuverlässigkeit infolge von Materialabtragung durch Elektromigration ein großes Problem dar. Elektromigration ist kein Phänomen, das einen sofortigen Schaltungsausfall verursacht. Erst nach längerer Betriebszeit kann es sowohl zu Widerstandserhöhungen, zu vollständigen Unterbrechungen, als auch zu Kurzschlüssen benachbarter Leiter infolge von Materialansammlungen kommen. Abbildung 1.4 zeigt eine SEM-Aufnahme von einer durch Elektromigration entstandenen Unterbrechung (a) und einer Metallansammlung (b) auf einem experimentellen Testchip.

Abbildung 1.4: Durch Elektromigration entstandene Unterbrechung (a) und Materialansammlung (b) auf einem Testchip (P. Walz et al. [16])
{\centering\begin{minipage}[t]{0.48\textwidth}\centerline{\hss\resizebox{\linewi...
...}{\includegraphics{lineaccum}}\hss} \vspace{5pt}\centerline{(b)}\end{minipage}}

Die treibende Kraft für die Diffusion der Metallatome ist die Stromdichte. Erhöhte Temperatur führt zu einer deutlichen Beschleunigung des Diffusionsvorganges. Eine analytische Beschreibung der mittleren Ausfallzeiten als Funktion von Stromdichte und Temperatur ist durch die Black'sche Gleichung gegeben [17]. Elektromigration hängt aber noch von vielen anderen Faktoren ab wie z.B. von der Struktur der Korngrenzen, von mechanischen Spannungen [18], sowie der Länge und dem Querschnitt der Leitung [19] und lässt sich deshalb nur mit sehr aufwendigen Modellen genauer charakterisieren [20]. Die Diffusionsvorgänge finden bevorzugt entlang der Korngrenzen statt. Eine Leitung mit einem Querschnitt, der klein gegenüber der mittleren Korngröße ist, hat somit eine höhere Elektromigrationsfestigkeit, da fast alle Korngrenzen annähernd parallel zur Querschnittsfläche liegen (Bambus-Struktur). Natürlich spielt auch die Art des verwendeten Metalls eine Rolle. Kupfer hat beispielsweise eine um einen Faktor 100 höhere Elektromigrationsfestigkeit als reines Aluminium1.2. Die Elektromigrationsfestigkeit von Al lässt sich aber steigern, indem man es mit wenigen Prozent Cu legiert. Cu lagert sich bevorzugt an den Korngrenzen an und ,,verstopft`` somit die wichtigsten Diffusionswege [21,22].



Fußnoten

... Aluminium1.2
Das bedeutet aber nicht, dass eine 100fache Stromdichte erlaubt ist, da sich die Elektromigrationsfestigkeit auf die Lebensdauer bezieht.

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R. Sabelka: Dreidimensionale Finite Elemente Simulation von Verdrahtungsstrukturen auf Integrierten Schaltungen