Ausgehend von der Poissongleichung kann nun durch Zusammenziehen des Übergangsbereichs ein Zusammenhang zwischen der dielektrischen Verschiebung und dem Potential an beiden Seiten einer Grenzfläche gefunden werden.
Abbildung 5.1: Verteilungen der Raumladungsdichte in einer
Grenzschicht, die beim Grenzübergang der Dicke der Grenzschicht gegen
Null eine Flächenladungsdichte (a) oder eine Flächendipoldichte (b)
ergeben. Im ersten Fall wird beim Grenzübergang die Ladung, im
zweiten Fall das Dipolmoment konstant gehalten.
Geht man von der in Abbildung 5.1a gezeigten Raumladungsdichteverteilung aus, muß man, um von der Dicke unabhängig zu werden, über diese integrieren (d.h., die Ladung in der Grenzschicht bleibt erhalten):
wobei die Flächenladungsdichte ist. Wird der Grenzübergang durchgeführt, erhält man als Grenzflächenbedingung für die Normalkomponenten der dielektrischen Verschiebung
Statt der Ladung kann auch das Dipolmoment in der Grenzschicht konstant gehalten werden (s. Abb. 5.1b):
wobei die Flächendipoldichte bezeichnet, die wiederum von der Dicke der Grenzschicht unabhängig ist. Der Grenzübergang ergibt für die Potentialgrenzflächenbedingung
Für die Beschreibung der Quasi-Fermienergien wurden effektive Bandkantenenergien und eingeführt (s. Abschnitt 4.3), welche die potentielle Energie der Ladungsträger berücksichtigen,
und bezeichnen die Verschiebung der Bandkantenenergien zufolge der Legierungskonzentration oder aufgrund der Dotierstoffkonzentration (Bandgap Narrowing).
Für die elektrostatischen Grenzflächenbedingungen müssen daher die Bandkantenenergien der angrenzenden Teilgebiete untersucht werden. An Grenzflächen zwischen Teilgebieten unterschiedlichen Materials treffen im allgemeinen unterschiedliche Bandstrukturen aufeinander. Nachdem der Übergang der Bandkantenenergien auf kleinstem Raum erfolgt und ein exakter Verlauf nicht bestimmt werden kann, wird für die folgenden Modelle eine abrupte Änderung der Bandkantenenergien an Grenzflächen angenommen.
Abbildung 5.2: Verlauf der Leitungsbandkantenenergien und der Vakuumsenergie an
einer Grenzfläche. Die Elektronenaffinitäten und der Sprung der
Bandkantenenergie definiert das Verhalten des elektrostatischen Potentials am
Übergang.
Die Änderungen der Bandkantenenergien und sind ein wesentliches Charakteristikum einer Grenzfläche und, wie später gezeigt wird, bestimmend für den Strom über die Grenzfläche. Entsprechend der Abbildung 5.2 ist
mit der Elektronenaffinität . Daraus folgt als Grenzflächenbedingung für das Potential
Wird formal der Sprung der Bandkantenenergie aus der Differenz der Elektronenaffinitäten berechnet
folgt die Stetigkeit des Potentials an der Grenzfläche
Es zeigt sich jedoch, daß gemessene Bandkantendifferenzen an bestimmten Materialübergängen deutlich vom formal berechneten Wert abweichen. Das ist eine Konsequenz des lokalen Verlaufs der Bandkantenenergien im Übergangsbereich des Meßobjekts, der jedoch nur global durch die Messung einer abweichenden Bandkantendifferenz festgestellt werden kann. Es ist daher sinnvoll, die Diskontinuität der Bandkantenenergien für bestimmte Materialkombinationen als Parameter unabhängig von den Bandkantenenergien im Volumen zu spezifizieren. Für die Datenverwaltung allgemeiner Bauelementstrukturen bedeutet dies, daß die Zahl der Parameter proportional dem Quadrat der Anzahl erlaubter Materialien ist.
Mit der oben definierten Flächendipoldichte erhält man zusammengefaßt
folgende elektrostatische Grenzflächenbedingungen: