Die elektronische Abbremsung ist viel komplizierter als jene durch die Atomkerne, was man schon aus einer Betrachtung der möglichen Ursachen erkennen kann:
Daher ist es nicht möglich, eine rein theoretische Behandlung anzugeben, die mit den Experimenten übereinstimmt. Das Modell von Ziegler und Biersack [Zie85] ist sowohl durch Anpassung an eine große Menge von Experimenten als auch durch grundlegende physikalische Überlegungen entstanden. Die abgeleitete analytische Funktion liefert die elektronische Abbremsung für praktisch beliebige Energien und Ion-Target-Kombinationen.
Die elektronische Abbremsung ist definiert als Energieverlust
aufgrund von (wie den oben bereits beschriebenen) elektronischen
Wechselwirkungsprozessen je Wegeinheit, gebrochen durch die Atomdichte
des Targets (siehe Gl. (2.16)).
Die anschließende Diskussion besteht aus zwei Teilen: Zuerst wird der
Energieverlust von leichten Teilchen (Wasserstoff und Helium)
besprochen, weil dort die meisten experimentellen Daten vorliegen und
He Stopping-Power in H Stopping-Power umgerechnet werden
können. Daher kann eine Proton-Stopping-Power (H-Ionen) laut Gl. (2.17) angegeben werden.
Die Parameter bis
sind von den Targetatomen abhängig. Diese
Paramter sind in Tabellen festgehalten [Zie85]. Für Energien
unterhalb von 25keV werden für die Proton Stopping Power
Potenzgesetze verwendet (Gl. (2.18)), die bei 25 keV in
Gl. (2.17) übergehen.
Für schwerere Elemente gibt es drei Bereiche, je nach Energie des Ions. Für sehr hohe Energien gibt es eine sehr gute Beschreibung nach der Bethe-Bloch-Theorie [Bet32]. Für niederenergetische Ionen, wenn Gl. (2.19)
Tabelle: Fermigeschwindigkeiten und
Masse der wichtigsten in der Halbleiterherstellung vorkommenden
Elemente nach [Zie85].
gilt, dann ist die elektronische Abbremsung annähernd proportional
zur Geschwindigkeit des Ions (1 [amu] = 1.660531 kg).
In diesem Fall kann die Stopping Power als Wechselwirkungsvorgang
zwischen einem Elektronengas und einem Ion angesehen werden. Im
mittleren Bereich -
- ist eine
Beschreibung wesentlich komplizierter.
ist die
Fermigeschwindigkeit des Festkörpers. Werte von
für einige
wichtige in der Halbleitertechnologie verwendete Elemente können
Tabelle 2.1 entnommen werden.
Nach Ziegler und Biersack wird im Bereich das Modell nach Brandt und Kitagawa verwendet [Bra82].
Allerdings wird dieses Modell durch Fitparameter, die an Experimente
angepaßt wurden, erweitert. Im niederenergetischen Bereich geht diese
elektronische Abbremsung dann stetig in die bereits erwähnte
geschwindigkeits-proportionale Form über. Um nun eine Funktion für
schwere Elemente zu erhalten, wird das in Gl. (2.20)
angegebene Skalierungsgesetz verwendet.
Abbildung: Relative effektive Ladung
des Ions nach Gl. (2.21) für Bor, Phosphor, Arsen
und Antimon.
Dabei gibt die relative effektive Ladung des Ions an.
ist die effektive Ladung des Ions. Mit
Gl. (2.20) ist es also möglich, für eine bestimmte
Geschwindigkeit und für ein bestimmtes Targetmaterial die
entsprechende elektronische Abbremsung für ein Ion aus der
elektronischen Stopping-Power für Protonen umzurechnen. Als beste
Approximation für die relative effektive Ladung
geben
Ziegler und Biersack
an. In Gl. (2.21), die für einige Elemente, die für die
Implantation als Ionen in Frage kommen (Bor, Phosphor, Arsen und
Antimon), in Abb. 2.5 gezeigt ist, ist die
Ionisierung des Ions, das heißt, die aktuelle Anzahl der Elektronen,
die das Ion mitführt, dividiert durch die Anzahl der Elektronen, die
das entsprechende neutrale Atom hätte. Das heißt, daß das Ion für
vollständig ionisiert und für
neutral ist.
(
m/s) ist die Bohrgeschwindigkeit,
(
Å) der Bohrradius
und
ist die Abschirmlänge des Ions (siehe
Gl. (2.22)).
ist in Abb. 2.6 -
für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon - gezeigt.
Abbildung: Abschirmlänge des Ions
nach Gl. (2.22) für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon.
Die Ionisierung des Ions wird nach Gl. (2.23), die aus
einer Anpassung an Experimente gewonnen wurde, bestimmt [Zie85].
ist eine normierte Relativgeschwindigkeit (Gl. (2.24)).
Zur Illustration ist
für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon in
Abb. 2.7 abgebildet.
Abbildung: Ionisierung des Ions nach
Gl. (2.23) mit
aus Gl. (2.25). (Werte
für
aus Tabelle 2.1).
ist die mittlere Relativgeschwindigkeit zwischen Ion und den
Leitungselektronen des Targets. Diese Relativgeschwindigkeit kann aus
der Geschwindigkeit des Ions
und der Fermigeschwindigkeit
nach Gl. (2.25) berechnet werden.
ist in
Abb. 2.8 für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon
illustriert.
Abbildung: Relativgeschwindigkeit nach Gl. (2.25)
zwischen Ion und Leitungselektronen des Targets. (Werte für
aus Tabelle 2.1).
Für kleine Energien wird wieder ein Potenzgesetz nach Gl. (2.26) verwendet.
Die Grenze zwischen dem Potenzgesetz und dem Brandt-Kitagawa-Modell ist laut Gl. (2.27) gegeben. Der Gültigkeitsbereich der Brandt-Kitagawa-Theorie selbst liefert diesen Grenzwert [Bra82].
Die hier dargestellten Formeln gelten für alle
Ion-Target-Kombinationen. Daher konnten die Fitparameter durch
Anpassung an über 10000 experimentelle Daten bestimmt werden.
Allerdings kann nach diesem Modell die elektronische Abbremsung nur in
einatomigen Targets berechnet werden. Für zusammengesetzte
Materialien - wie etwa - wird zuerst die elektronische
Abbremsung für jede Atomsorte berechnet, und dann werden - nach dem
,,Braggschen Gesetz`` - die einzelnen Werte gewichtet mit ihrem
relativen Vorkommen im Target aufsummiert. Da die Berechnung der
elektronischen Stopping Power sehr rechenzeitintensiv ist, wird hier
ebenfalls wieder ein Tabellenverfahren angewandt. Die elektronische
Stopping-Power ist allerdings nur von einem Parameter (der Energie)
abhängig, was in diesem Falle die Interpolation vereinfacht.