Da die Bewegung eines Punktes ausschließlich von der gegebenen Ätzratenverteilung abhängt, bewegen sich Punkte der Initialgeometrie völlig unabhängig voneinander. Manche Bereiche der Geometrie werden daher nur von wenigen oder unter Umständen von gar keinen Punkten erreicht. Abbildung 2.20 zeigt ein Simulationsergebnis des Ray-Trace-Algorithmus, wobei hier für die Ätzratenverteilung eine Exponentialfunktion durch die Zahlenwertgleichung
vorgegeben wurde. Die Kreise in der Abbildung markieren die Punktpositionen nach einem simulierten Zeitschritt.
Abbildung 2.20: Simulationsergebnis des Ray-Trace-Algorithmus unter Verwendung
eine exponetiellen Ätzratenverteilung.
Nach einer Sekunde Simulationszeit liegt bereits eine relativ ungleichmäßige Punktverteilung vor. In Bereichen, wo sich Punkte weit voneinander entfernt haben, entstehen beim Rekonstruieren der aktuellen Geometrie entsprechend hohe Approximationsfehler.
Noch schwieriger gestaltet sich die Situation, wenn man für die Ätzrate folgende Funktion vorgibt:
Ähnliche Ätzratenverteilungen entstehen in der Lithographiesimulation durch stehende Lichtwellen, die sich während der Photolackbelichtung ausbilden. Abbildung 2.22 zeigt Konturlinien dieser Ätzratenverteilung und Abbildung 2.23 das entsprechende Simulationsergebnis nach 30 Sekunden Simulationszeit. Da die Bewegung der Punkte ausschließlich von der Ätzratenverteilung abhängt, bewegen sich Punkte unabhängig voneinander. Ursprünglich benachbarte Punkte haben sich in manchen Bereichen sehr weit voneinander entfernt, in den Zwischenbereichen kann keine Aussage über den Geometrieverlauf gemacht werden.
In manchen Bereichen haben sich Trajektorien überkreuzt, wodurch beim Rekonstruieren der aktuellen Geometrie Oberflächen-Loops entstehen. Diese verhalten sich jedoch wesentlich harmloser als beim String-Algorithmus, da die Punktbewegung ausschließlich von der gegebenen Ätzratenverteilung und nicht von der möglicherweise schon bereits inkorrekten Geometrie abhängt. Oberflächen-Loops wachsen daher nicht so wie beim String-Algorithmus in alle Richtungen und besitzen daher kein destruktives Verhalten.
Ein interessante Eigenschaft zeigt der Algorithmus in Bereichen, wo die Ätzratenverteilung Minima aufweist. Die Trajektorien werden entlang dieser Bereiche geführt, da es an Grenzen zu höherer Ätzrate zu einer Reflexion des sich ausbreitenden Strahles kommt. Dieses Verhalten ist auch in Abbildung 2.23 deutlich zu erkennen. Die Trajektorien bewegen sich um , und , da in diesen Bereichen die Ätzrate ihre niedrigsten Werte annimmt (Abbildung 2.22). Die Ursache für dieses Verhalten wird aus Abbildung 2.21 ersichtlich.
Abbildung 2.21: Strahlreflexion beim Übergang zu Bereichen höherer
Ätzrate.
Die Richtungsänderung der Trajektorie wird durch den Gradienten der inversen Ätzrate, multipliziert mit dem zuletzt zurückgelegten Weg, bestimmt. Gelangt ein sich bewegender Punkt in Bereiche zunehmender Ätzrate, kann sich seine Bewegungsrichtung völlig umdrehen. Dies geschieht jedoch nicht so abrupt, wie in Abbildung 2.21 gezeigt wird, sondern vielmehr kontinuierlich (Abbildung 2.23), da sich auch die Ätzrate im allgemeinen kontinuierlich ändert.
Abbildung 2.22: Vorgegebene Ätzratenverteilung.
Abbildung 2.23: Strahlreflexionen in Bereichen von Ätzratenminima.
Strahlreflexionen, wie sie in Abbildung 2.23 vorkommen, spiegeln jedoch kein inkorrektes Verhalten wieder, sondern bestätigen vielmehr die Korrektheit der Algorithmus. Wesentlich ist jedoch, daß der Zeitschritt hinreichend klein gewählt wird, da Gleichung 2.9 nur unter der Bedingung gilt, daß sich die Ätzrate während eines Zeitschrittes nur geringfügig ändert. Wählt man den Zeitschritt zu groß, kann es zu abrupten Strahlreflexionen, wie in Abbildung 2.24 gezeigt wird, kommen.
Abbildung 2.24: Abrupte Strahlreflexion.
Der Zeitschritt wurde hier von 0.005 Sekunden auf 0.1 Sekunden erhöht. Wie klein der Zeitschritt tatsächlich sein muß, um abrupte Strahlreflexionen zu vermeiden, hängt von der gegebenen Ätzratenverteilung ab. Eine Möglichkeit, um abrupte Reflexionen zu verhindern besteht darin, die Richtungsänderung der Trajektorien zu limitieren und den Zeitschritt über ein rekursives Verfahren so zu wählen, daß der vordefinierte Grenzwert nicht überschritten wird.