Die Hauptsätze der Thermodynamik implizieren jeder für sich mehrere
Aussagen.
Einerseits stellen sie Existenzaussagen von Zustandsvariablen
(innere Energie , Entropie
) dar.
Zudem wird festgestellt daß
und
Gibbsfunktionen sind.
Andererseits repräsentieren die Hauptsätze der Thermodynamik
Bilanzaussagen für die Zustandsvariablen
und
im Sonderfall eines
adiabatisch isolierten (abgeschlossenen) Systems (
).
In der Praxis werden gasförmige, flüssige oder feste Körper, die von der Umgebung abgegrenzt sind, mit der sie in Wechselwirkung stehen können, als thermodynamische Systeme behandelt [106]. Aus dem ersten und zweiten Hauptsatz ergibt sich die Gibbsrelation:
Daraus folgt:
Die Änderung der inneren Energie kann als Differential in den Zustandsvariablen des Systems angegeben werden:
sind extensive, die zu den
energiekonjugierten
intensive Variablen.
In der Gibbs Fundamentalform (2.150) zeigt sich eine fundamentale
Eigenschaft der Energie.
Jede Änderung der Energie
eines Systems ist mit der Änderung
mindestens einer anderen physikalischen Größe
verbunden.
Nur die bei Zustandsänderungen
ausgetauschte Energie - nicht die gespeicherte Energie - manifestiert
sich in verschiedenen Energieformen, weil
der Energieaustauch an den Austausch einer weiteren, extensiven Variablen
gebunden ist.
Jede von der Energie verschiedene, extensive Variable definiert eine
Energieform.
Die Differentiation von
nach dieser extensiven Variablen liefert die
zugehörige (energiekonjugierte) intensive Variable, sodaß
jede Energieform durch ein Größenpaar aus intensiver und extensiver
Variable gekennzeichnet ist.
Die gesamte Energieänderung des Systems muß als Linearkombination
verschiedener Energieformen angesehen werden.
Der erste Hauptsatz (2.139) unterscheidet Wärme und Arbeit.
Ist das System thermisch, so ist nach dem zweiten Hauptsatz eine seiner
Energieformen , d.h.
ist eine unabhängige Variable der
Gibbsfunktion
.
Abgesehen von Wärmereservoiren, die Energie nur in Form von
Wärme abgeben und aufnehmen, tauschen thermische Systeme die Energie in
mehr als einer Form
aus, nämlich in Form von Wärme und Arbeit.
Unter Arbeit versteht man keine bestimmte, sondern alle von Wärme
verschiedenen Energieformen.
Arbeit kann mechanische Spannungsenergie, chemische Energie,
elektrochemische Energie, elektrische Energie, Magnetisierungsenergie,
Polarisationsenergie, Oberflächenenergie, Rotationsenergie,
Bewegungsenergie etc. umfassen.
Das Volumen
ist die extensive Variable, die mit der mechanischen
Spannungsenergie verbunden ist.
Auf analoge Weise kann der chemischen Energie die Teilchenmenge
sowie
der elektrochemischen Energie die Menge der geladenen Teilchen
zugeordnet werden.
Die Gibbsfunktion
kann dann folgendermaßen geschrieben werden:
Die Anzahl der unabhängigen Energieformen ist gleich der Anzahl voneinander unabhängiger Variablen und entspricht der Anzahl der Freiheitsgrade des Systems. Definiert man nach (2.150) intensive Zustandsvariablen,
ergibt sich die Gibbs Fundamentalform für :
bezeichnet den Druck,
,
die chemische bzw. elektrochemische
Energie.
Die Ableitung der inneren Energie
nach der Entropie (2.152) stellt
die exakte thermodynamische Definition der absoluten Temperatur dar.
Die Festlegung, in welchen voneinander unabhängigen Energieformen ein System Energie austauschen kann, ist fundamental im Sinn der Thermodynamik. Es ist in der Praxis nicht trivial, alle unabhängigen Variablen des Systems und damit alle Formen anzugeben, in denen das System Energie austauschen kann. Es ist wichtig festzuhalten, daß sich aus der Gibbs Fundamentalform kein Erhaltungssatz folgern läßt. Gl. (2.150) und (2.156) legen mögliche Prozesse eines Systems fest, sagen aber nichts über die Realisierung der Prozesse aus.