Im Gegensatz zu einem Programm, das aufgrund der im Vorhinein vorhandenen Kenntnis über das Funktionsprinzip des zu simulierenden Bauelements (z. B. MINIMOS im Fall des MOS-Transistors) aus analytischen Formeln eine geeignete Anfangslösung bestimmen kann, ist ein solches Vorgehen bei einem allgemeinen Simulator schwierig.
Die Anfangslösung sollte Kontaktdotierungen, Raumladungszonen und Kanalzonen gut beschreiben. Die im folgenden vorgestellte Anfangslösung kann auf die Dotierungsverhältnisse im Halbleiter selbst eingehen; ein eventueller Kanal wird allerdings völlig ignoriert. Das bedeutet, daß der Kanal erst während der nichtlinearen Iterationen aufgebaut wird. Darin besteht ein Nachteil gegenüber Programmen, die spezifisch auf bestimmte Bauelemente eingestellt sind. Eine einfache Möglichkeit, in einem allgemeinen Simulator Anfangslösungen zu verwenden, die den Kanal beschreiben, ist jedoch nicht bekannt, und komplizierte Lösungen rechtfertigen den Aufwand nicht, da durch eine verbesserte Anfangslösung bestenfalls einige Iterationen am Beginn des nichtlinearen Lösungsprozesses eingespart werden können.
Folgende Kriterien kennzeichnen eine gute Anfangslösung:
Die Anfangslösung, die im Simulator implementiert wurde, entspricht in den Gleichungen der Formulierung (6.12), (6.14), (6.16) für den Ohmschen Kontakt, mit dem Unterschied, daß nicht nur Randboxen des Simulationsgebiets, sondern alle Boxen dadurch erfaßt werden, und daß der Beitrag des Kotaktpotentials einfach weggelassen wird. Diese Anfangslösung erfüllt folgende Bedingungen:
Der Aufbau des Kanals und die Anpassung an Kontaktpotentiale muß allerdings erst erfolgen. Bei den Kontaktpotentialen macht sich die spezielle Struktur des Gleichungssystems günstig bemerkbar: Manchmal ist es bei Anfangslösungen ein Problem, daß in der Randbox eines Kontakts schon das Kontaktpotential angelegt ist, wogegen in der nächsten Box im Inneren des Halbleiters das Kontaktpotential ignoriert wird (Bild 9.1, b). In diesen Fällen kann es durch die große Potentialdifferenz der beiden Boxkontrollpunkte zu den schon erwähnten großen Argumenten der BERNOULLI-Funktionen der Kontinuitätsgleichungen kommen. Bei der hier gewählten Implementierung (Bild 9.1, a) ist das Potential in der Randbox eine andere Variable als das Potential des Kontakts selbst. Dadurch ist zwar am Anfang die Randbedingung für das Potential der Randbox nicht erfüllt, aber das wird durch die nachfolgenden Iterationen automatisch angeglichen. Das Potential im Halbleiter selbst weist jedoch keine besonders großen Sprünge auf, daher ergeben sich BERNOULLI-Koeffizienten in normalen Größenordnungen.