Unterabschnitte
Eine Konsequenz des technologischen Fortschritts durch Miniaturisierung
integrierter Schaltungen und Erhöhung der Schaltfrequenzen ist die wachsende
Bedeutung der Verbindungsstrukturen. Sie beeinflußen im zunehmenden Maße das
Gesamtverhalten der Schaltung, da die Signallaufzeiten auf den
Verbindungsleitungen nicht im selben Ausmaß reduziert werden können, wie die
Schaltgeschwindigkeiten von Transistoren. Entscheidend für den Entwurf sind neben den elektrischen Eigenschaften, auch
thermische und mechanische Kennwerte.
Der Entwurf muss die auftretenden parasitären Effekte in ausreichendem
Ausmaß berücksichtigen, darunter fallen z.B.
Dämpfung durch den Leitungswiderstand,
Signalverzögerung,
kapazitives und induktives Übersprechen,
Reflexionen an Diskontinuitäten,
Skineffekt, Wirbelströme,
Verluste durch elektromagnetische Abstrahlung,
Erwärmung durch Joulesche Verlustleistung,
Elektromigration und Stressmigration.
1.3.1 Belastbarkeit, Zuverlässigkeit
Nachdem die Entwurfsingenieure in den frühen 90-iger Jahren erkennen
mussten, dass die Verzögerungzeiten der Verbindungsstrukturen vergleichbar sind,
und in manchen Fällen die Verzögerungszeiten der Transistoren übersteigen,
begannen zwei Welten zu kollidieren: Radiofrequenz- und Digitalschaltungen.
Während RF Schaltungen niedrige Dichte und hohe Frequenzen aufweisen, sind
digitale Schaltungen fixiert auf hohe Packungsdichte und decken ein weites
Spektrum an Leistungsfähigkeit ab. Durch die Miniaturisierung steigt nämlich
der elektrische Widerstand der Verbindungsleitungen und damit verschiebt sich
die Ursache für die Signalverzögerung von den Transistoren zu den
Verbindungsleitungen. Einhergehend mit dem elektrischen Widerstand der Leitung
entsteht bei Stromfluß ein Spannungsabfall, der an den Enden ein gedämpftes
Signal verursacht. Deshalb ist man bestrebt lange Leitungen mit großen
Querschnitten auszuführen (vorzugsweise in oberen Lagen), zusätzlich werden
in regelmäßigen Abständen Verstärker eingefügt. Der Gebrauch von
Verstärkern, welcher vom Standpunkt der Packungsdichte her kontraproduktiv
ist, sorgt allerdings für optimierte Signalübertragung, und kann
darüberhinaus den Einsatzbereich einer gegebenen Prozesstechnologie
erweitern. Kleine Abstände zwischen den Verstärkern können die
Verzögerungszeiten kompensieren, und damit kann der
notwendige Einsatz von neuen Materialien (Cu und ``low-k'' Dielektrika)
hinausgezögert werden.
Bezüglich Belastbarkeit und Zuverlässigkeit ist ganz besonders die
Joulesche Wärme von Bedeutung, da die durch den Stromfluß entstehende
Wärme über die Umgebung (entweder über das Substrat oder die
Chip-Oberfläche) abfließen muss1.1.
Die obengenannten ``low-k'' Materialien
haben allerdings zumeist nur einen Bruchteil (in etwa 1/10) der
Wärmeleitfähigkeit von SiO. Die Stromdichte stellt daher eine der
einschneidensten Größen dar. Derzeit sind übliche Grenzen von durchschnittlichen
Stromdichtebelastungen im Bereich 0.5-1 MA/cm. Zum einen, weil
sie unmittelbar zur Temperaturerhöhung führt (thermische Bilanz), und zum anderen, weil Materialien, die erhöhter Temperatur und hoher Stromdichte
ausgesetzt sind, verstärkt zur Elektromigration1.2neigen. Elektromigration tritt erst allmählich, nach längerer Betriebszeit
auf. Eine häufig verwendetete analytische Beschreibung der mittleren
Ausfallzeiten als Funktion von Stromdichte und Temperatur ist gegeben durch
die Blacksche Gleichung [8].
Dieser Prozess ist allerdings von vielen Einflüssen [9,10,11,12]
geprägt: z.B. Struktur der Korngrenzen, mechanischen Spannungen,
geometrische Abmessungen, usw.; als Gegenmaßnahme verbleibt der Einsatz von Materialien mit hoher Elektromigrationfestigkeit (z.B. Cu
oder zumindest Al-Legierungen mit einigen Prozent Cu).
Ein weiterer Aspekt bezüglich Zuverlässigkeit sind elektrostatische Entladungen
(ESD), die durch hohe Stromimpulse mitunter sogar zum Schmelzen der Leitungen
führen, weshalb Schutzmechanismen vorzusehen sind [13].
Induktive Effekte spielten lange Zeit beim Entwurf von ICs keine Rolle.
Die Reaktanzen wurden ignoriert, weil ihre Wirkung erst bei sehr hohen
Frequenzen bemerkbar wird. Auch heutzutage können lokale Verbindungen noch häufig
hinreichend genau mit einer RC Analyse behandelt werden, da der größere
Widerstandsbelag gegenüber dem Induktivitätsbelag dominiert.
Durch die Migration von Al zu Cu treten durch die steigende Frequenz zunehmend
induktive Effekte in den Vordergrund, Spannungspitzen durch
und induktives Übersprechen werden als
problematisch erachtet, und durch die fortschreitende Entwicklung noch stärker zu Tage treten; sie bedingen deshalb entsprechende Berücksichtigung bei Festlegung der
Entwurfskriterien.
Im Gegensatz zu kapazitivem Übersprechen (vorwiegend lokaler Wirkungsbereich)
ist induktives Übersprechen stark beeinflusst von der Distanz zum
Rückstrompfad und kann über große induktive Schleifen weit entfernte
Bereiche betreffen. Durch verschiedene Entwurfsmaßnahmen wird induktives
und kapazitives Übersprechen unproblematisch klein, sodass keinerlei
Funktionsstörungen auftreten.
Fußnoten
- ... muss1.1
- Derzeit sind allerdings (resistive) Verluste in den Transistoren für einen
beträchtlichen Teil der Verlustleistung im Chip verantwortlich, welche vom Substrat effizient abgeführt werden können, da die thermische
Leitfähigkeit von Si um Vielfaches höher ist als von SiO (84
:1.4
).
- ... Elektromigration1.2
- Elektromigration ist ein gerichteter Diffusionsprozess: Die
Impulsübertragung der Leitungselektronen auf die Atomrümpfe des
metallischen Leiters bewirkt einen Materialtransport, der im Endstadium sowohl zu
Leitungsunterbrechungen, als auch zu Kurzschlüssen benachbarter
Leiter infolge von Materialansammlungen führen kann.
C. Harlander: Numerische Berechnung von Induktivitäten in dreidimensionalen Verdrahtungsstrukturen