Die im Abschnitt 3.3 hergeleiteten Formeln
für zeitliche Emissionsvorgänge können für im verbotenen
Band verteilte Störstellen verallgemeinert werden.
Die erste mathematische
Untersuchung dieses Falles wurde in der Arbeit
von Simmons und Wei [101] dargelegt. Dieser Darstellung
soll hier im Prinzip gefolgt werden.
Die in geschlossener Form
darstellbaren analytischen Formeln erlauben
Vergleiche zu Ergebnissen aus numerischen Simulationen.
Man rufe sich die in Abschnitt 3.3 beschriebene
Situation der Emission von diskreten Störstellen ins Gedächtnis.
Wenn im Unterschied dazu ein Band von Störstellen
an der Emission beteiligt ist,
so ist die Nichtgleichgewichts-Emissionsrate durch
gegeben und ist eine Funktion der Störstellenenergie , der Zeit und der verteilten Grenzflächen-Dichte der Störstellen . Im Nicht-Gleichgewicht (siehe Abschnitt 3.3) ist die Besetzung der Störstellen im verbotenen Band nur eine Funktion der Zeit, nicht des Quasi-Ferminiveaus. Wird also für die zeitabhängige Funktion die Formel (3.34) hergenommen, so findet man mit Benützung der zeitabhängigen Störstellen-Verteilungsfunktion
für die totale im Zeitpunkt emittierte Grenzflächenladung durch Integration über das verbotene Band
Man beachte, daß eine
Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion
mit dem Ferminiveau ist.
Zur Auswertung des Integrals wird
und
im verbotenen Band konstant gesetzt.
Nach einer Variablentransformation der Form
und unter Benutzung des Exponential-Integrals der Ordnung Eins
worin das Symbol für die Euler-Mascheroni-Konstante
ist, findet man für die zeitabhängige Generationsrate der Elektronen die Formel
Das Verhalten von für große Werte des Argumentes findet man mit Hilfe der asymptotischen Approximation
und der Annahme
als
Demnach nimmt die Generationsrate
(asymptotisch) verkehrt proportional zur Zeit ab.
Die Formel (3.46)
eignet sich mehr für analytische
Überlegungen und nicht zur numerischen Auswertung,
da sie ein Produkt einer rapid wachsenden mit einer
rapid kontrahierenden Funktion ist.
Stattdessen kann (3.41)
problemlos numerisch integriert werden.
Unter stärkeren vereinfachenden Annahmen für
die zeit- und energieabhängige
Besetzungsfunktion
kann die Grenzflächen-Generationsrate
durch elementare Funktionen dargestellt werden.
In diesem Fall wird die der Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion ähnliche
Besetzungsfunktion durch eine
Heaviside-Sprungfunktion
mit der
unbekannten Sprungstelle
approximiert.
Simmons und Wei, die diese Näherung vorschlugen [101],
bekommen
und Kaden und Reimer [52] erhalten neben weiteren Näherungen die Formel
die eine exzellente Näherung für
Gleichung (3.51) ist.
ist das tiefste umladbare Niveau im
verbotenen Band. Dieses wird durch unvermeidbare
thermische Generation bestimmt und
liegt wenige oberhalb des durch die
Formel (3.27) gegebenen Wertes.
Zum Vergleich der soeben besprochenen Näherungen
mit simulierten Daten wird das (nichtstationäre) Emissionsverhalten
eines MOSFETs untersucht. Als Gate-Länge wird
gewählt. Die Zeitkonstanten eines MOSFETs dieser Gate-Länge
sind klein gegen die Rampensteilheit
von des angelegten Gate-Pulses. Dadurch sind
keine transienten lateralen Effekte zu erwarten.
Um weiters Effekte des örtlich und zeitlich
variierenden Quasi-Fermipotentials zu vermeiden,
wurde die Emission im Kanalzentrum bei beobachtet.
Die Zeitschrittweite beträgt .
Um den Übergangspunkt von stationärer zu nichtstationärer
Emission zu bestimmen,
wurde die Entwicklung des Quasi-Fermipotentials mit
dem Mittenwert der StörstellenVerteilung
(=) verglichen.
Die Störstellen-Verteilungsfunktion wurde
im Energieraum in äquidistante Intervalle
unterteilt.
Der Übergangspunkt liegt näherungsweise beim
Maximum des Elektronen-Emissionsstromes, doch
ist er nicht scharf definiert. In einem
schmalen Streifen, etwa zwischen den Wendepunkten
der (simulierten) Emissionskurve,
ist das Quasi-Fermipotential bereits unter
der Emissionsgrenze .
Der exakte Trennungspunkt liegt etwa
beim linken Wendepunkt der simulierten
Emissionskurve. Zwischen den Wendepunkten
liegt der Übergangspunkt, in dem das
Wachstum des emittierenden Streifens im
Energieband sein Vorzeichen wechselt.
Die zeitabhängige Besetzungsfunktion ändert
in dieser Übergangszeit ihre Form, sodaß sie
nicht länger durch eine Fermiverteilung
gut approximiert werden kann.
Dies ist der Grund zur Diskrepanz
der Kurven, die durch die Emissionstheorie
von Simmons und Wei gegeben sind.
Setzt man etwa das
Anfangs-Quasi-Fermipotential, das
dem Zeitpunkt des Maximums
der simulierten Emissionskurven entspricht,
in die Formeln (3.46)
und (3.51) ein, so liegt
der Emissionsstrom wesentlich höher, als durch
die Simulation prädiziert wird, fällt aber
dann schärfer ab.
Zur Erklärung dieser Abweichung wird
die Besetzungsfunktion der Störstellen in diesem
Zeitpunkt mit einer idealen Fermifunktion,
wie sie die Theorie von Simmons und Wei voraussetzt,
verglichen.
Die Ergebnisse der simulierten und
berechneten Emissionskurven
werden im oberen Teil
der Abbildung 3.1
linear im Bereich der Gate-Spannungsrampe
dargestellt, im unteren Teil ist die
simulierte Verteilungsfunktion der Störstellen im
Emissionsmaximum zusammen mit der idealen
Fermifunktion dargestellt.
Die simulierte Kurve zeigt wesentlich
weniger besetzte Störstellen bei den
hohen Energieniveaus. Die Emissionen von diesen
Niveaus, die in der idealen Fermifunktion
höher besetzt sind, führt zu der
Emissionsstromspitze bei =.
Abbildung:
Simulierter Elektronen-Emissionsstrom verglichen mit
Approximationen nach Simmons und Wei [101] im oberen Bild.
Verlauf des quasistatischen Ferminiveaus (strichliert)
im Vergleich zur zeitabhängigen
Verteilungsfunktion der Grenzflächen-Störstellen (durchgezogen)
bei = (siehe Pfeil im oberen Bild) im unteren Bild.