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3.4 SEEBECK-Effekt, PELTIER-Effekt

Beide Effekte sind relativ lange bekannt und wurden erstmals in Metallen mit unterschiedlichen Kontaktspannungen theoretisch untersucht. Verbindet man diese Metalle und erhitzt man die Verbindungsstelle, so tritt an den offenen Enden eine sogenannte Thermospannung auf, die wiederum einen Strom hervorruft. Diesen Effekt bezeichnet man als SEEBECK-Effekt. Er wird häufig zur Temperaturmessung verwendet. Die Umkehrung dieses Vorganges wird als PELTIER-Effekt bezeichnet. Dabei wird durch einen Stromfluß lokal eine Abkühlung erreicht. Der PELTIER-Effekt ist die Grundlage industriell gefertigter, aktiver Kühlelemente.

Im Halbleiter werden ähnliche Effekte erzielt, da der Halbleiter im Grenzfall hoher Dotierung metallische Eigenschaften aufweist. Aufgrund der räumlichen Änderung der Dotierung sind die Effekte im Halbleiter ortsabhängig. Schlüsselrolle bei der Beschreibung dieser Effekte bildet die thermoelektrische Kraft Pn,p der Elektronen und Löcher. Sie liefert den phänomenologischen Zusammenhang zwischen der Gittertemperaturänderung und der Potentialänderung. Die Modellierung des PELTIER-Effekts beschreibt somit den Einfluß der Gittertemperatur auf die Potentialverteilung. Die thermoelektrische Kraft P wird durch geeignete Messungen für bestimmte Materialien gewonnen.

Im Gegensatz zur Herleitung der Stromgleichung (2.27) aus der Transportgleichung (2.1) kann eine äquivalente Stromgleichung aus der irreversiblen Thermodynamik hergeleitet werden, die im Fall des Halbleiters die thermoelektrischen Kräfte Pn,p einbezieht. Eine ausführliche Behandlung dieser Thematik kann z.B. in [8] nachgelesen werden.

Die Stromgleichungen des dem Drift-Diffusionsmodell äquivalenten Modells enthalten einen zusätzlichen Term, der proportional der thermoelektrischen Kraft ist. Im Fall von Elektronen erhält man für die Stromdichte $\vec{J}_n$

 \begin{eqnarray}
\vec{J}_n=\sigma_{n,el} \cdot (\mathrm{grad}\; \varphi_n - P_n(T_L,N_{A,D})\cdot \mathrm{grad}\; T_L)\; .
\end{eqnarray} (3.21)

Die Größe $\varphi_n$ entspricht dabei dem Quasifermipotential der Elektronen (2.35). Die Leitfähigkeit $\sigma_{n,el}$ wird genau wie die thermoelektrische Kraft aus der Messung makroskopischer Transportparameter gewonnen. Simuliert man mit Selbsterwärmung, ist weiters der Transportparameter der thermischen Leitfähigkeit $\kappa$erforderlich.

Im Fall eines Mehrtemperaturmodells benötigt jedes Temperatursystem unabhängige Transportparameter $\sigma_{c,el},P_c,\kappa_c$ für eine vollständige Beschreibung. Im Fall der thermoelektrischen Kräfte kann das bei Halbleiterlegierungen mangels Meßdaten zu Problemen führen. Im Gegensatz dazu können im hydrodynamischen Modell die notwendigen materialabhängigen Größen mit Hilfe der Monte-Carlo Methode bestimmt werden.

In [8] wird weiters gezeigt, daß das hydrodynamische Modell große Ähnlichkeit mit dem aus der irreversiblen Thermodynamik abgeleiteten Mehrtemperaturmodell besitzt. So kann man den Elektronenenergiefluß $\vec{S}_n$ des hydrodynamischen Modells (2.63, 2.60) gleichsetzten mit dem thermodynamischen Energiefluß

 \begin{eqnarray}
\vec{S}_n=-\kappa_n\cdot\mathrm{grad}\; T_n -\vec{J}_n\cdot\fra...
 ...-\kappa_n\cdot\mathrm{grad}\; T_n+\vec{J}_n\cdot P_n\cdot T_n\; .
\end{eqnarray} (3.22)

Ein Koeffizientenvergleich ergibt

 \begin{eqnarray}
P_n=-\frac{5}{2}\cdot\frac{k_B}{q}\; .
\end{eqnarray} (3.23)

Die aus der Thermodynamik abgeleitete thermoelektrische Kraft berücksichtigt jedoch weiters den Streuparameter rn, sowie den Einfluß der Dotierung

 \begin{eqnarray}
P_n=-\frac{k_B}{q}\cdot \left(\frac{5}{2}+r_n-\mathrm{ln}\left(\frac{n}{N_c}\right)\right)\; .
\end{eqnarray} (3.24)

Folgt man den Ausführungen von [8], so bestimmt sich die von den Ladungsträgern an das Kristallgitter übertragene Energie H ohne Effekte der Rekombination ([8], (3.55))

 \begin{eqnarray}
H=\frac{\vec{J}_n\cdot \vec{J}_n}{\sigma_{n,el}}+\frac{\vec{J}_...
 ...\mathrm{grad}\; P_n -\vec{J}_p\cdot T_L \cdot \mathrm{grad}\; P_p
\end{eqnarray} (3.25)

mit dem Zusammenhang aus (3.21)

 \begin{eqnarray}
\frac{\vec{J}_{n,p}\cdot \vec{J}_{n,p}}{\sigma_{n,p,el}}=\vec{J...
 ...i_{n,p} - \vec{J}_{n,p}\cdot P_{n,p}\cdot \mathrm{grad}\; T_L\; .
\end{eqnarray} (3.26)

Die dem Drift-Diffusionsmodell äquivalente Beziehung (3.25) lautet

 \begin{eqnarray}
H=\vec{E}\cdot (\vec{J}_n+\vec{J}_p)\; .
\end{eqnarray} (3.27)

Betrachtet man einen n-Halbleiter, so kann man (3.25) mit (3.26) anschreiben als

 \begin{eqnarray}
H=\vec{J}_n\cdot (\mathrm{grad}\; \varphi_n - T_L\cdot\mathrm{grad}\; P_n - P_n \cdot \mathrm{grad}\; T_L)\; .
\end{eqnarray} (3.28)

Setzt man für $\varphi_n$ (2.35) ein und berücksichtigt mit (3.24)

 \begin{eqnarray}
T_L \cdot \mathrm{grad}\; P_n=\frac{k_B\cdot T_L}{q}\cdot\frac{1}{n}\cdot \mathrm{grad}\; n\; ,
\end{eqnarray} (3.29)

so ergibt sich für den thermodynamischen Energieübertrag an das Gitter

 \begin{eqnarray}
H= \vec{E}\cdot\vec{J}_n - \vec{J}_n\cdot P_n\cdot \mathrm{grad}\; T_L\; .
\end{eqnarray} (3.30)

In Bauteilen, wo geringe Gittertemperaturgradienten auftreten, ist der Unterschied des thermodynamischen Modells zu Modellen, die mit Hilfe der Momentenmethode abgeleitet werden, relativ gering. Der Einfluß auf das Potential durch Gradienten der Gittertemperatur läßt sich anhand der thermoelektrischen Kräfte für Silizium [23,38] (Abb. 3.23.3) abschätzen. So ergibt sich bei einem n-Kanal MOSFET mit Substratdotierung $N_A=10^{17}{\mathrm cm^{-3}}$ und einer lokalen Temperaturüberhöhung von 30K bei Raumtemperatur eine Potentialdifferenz von 30mV.


  
Abbildung 3.2: Thermoelektrische Kraft Pn im n-dotierten Silizium.
\begin{figure}
\psfrag{n=1.0e19cm}{\Huge{n=$10^{19}$cm$^{-3}$}}
\psfrag{n=1.0e18...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}


  
Abbildung 3.3: Thermoelektrische Kraft Pp im p-dotierten Silizium.
\begin{figure}
\psfrag{p=1.0e19cm}{\Huge{p=$10^{19}$cm$^{-3}$}}
\psfrag{p=1.0e18...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}


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Martin Knaipp
1998-10-09