Durch das zweite Moment wird die Transportgleichung zu einer skalaren Gleichung
Der zweite Term auf der linken Seite (2.42) kann umgeschrieben werden zu
Dabei ist die mittlere Energie w pro Teilchen definiert als
Gleichung (2.43) erhält man, wenn folgender Zusammenhang berücksichtigt wird
Das zweite Moment der Transportgleichung (2.42) wird damit zu
Gleichung (2.51) enthält noch immer unbekannte Größen. So ist es notwendig, die beiden letzten Terme von (2.51) geeignet zu modellieren. Der Ausdruck für ist ebenfalls nicht bekannt. Informationen zu diesen Termen kann man durch Auswerten von höheren Momenten der Transportgleichung erhalten. Üblicherweise werden jedoch entsprechende Näherungen gemacht, mit denen man die unbekannten Größen ausdrückt.
Für die beiden letzten Terme von (2.51) nimmt man an, daß sich der Energieaustausch
von Streuungen in das betrachtete Band (Index ib) mit den Streuungen aus dem Band aufhebt und der Anteil des
Streuintegrals somit näherungsweise nur inelastische Stöße enthält, die im betrachteten Band (Index iv)
stattfinden. Definiert man den aus dem betrachteten Band austretenden Energiefluß mit
Die unbekannte Größe des Hitzeflußes wird in vielen Fällen durch die phenomenologische Gleichung der thermischen
Leitfähigkeit des Trägergases bestimmt
Eine weitere Näherung von (2.51) besteht darin, in der Impulsbilanzgleichung den transienten Term zu vernachlässigen. Dies ist gerechtfertigt, wenn man annimmt, daß die Energierelaxationszeit im Bereich von Picosekunden liegt und man daher bei den heute üblichen angelegten Signalen ein quasistationäres Verhalten voraussetzten kann.
Mit Hilfe dieser Näherungen erhält man aus (2.51) die bekannte Energieflußgleichung des Ladungsträgersystems
Setzt man den stationären Anteil der Kontinuitätsgleichung für Elektronen (2.11) in den ersten Term auf der
rechten Seite von (2.57) ein, so erhält man
Die stationäre Energieflußgleichung für das Elektronensystem lautet nun
Der Ausdruck in den eckigen Klammern entspricht dem Energiefluß . Er ist ein Maß für den pro Zeit transportierten Energieinhalt des Ladungsträgersystems. Vereinfacht sich (2.59) zu , so bedeutet dies, daß der Energiefluß des Ladungsträgersystems konstant ist. Die rechte Seite von (2.59) beschreibt demnach Terme, die maßgeblich dafür verantwortlich sind, ob das Ladungsträgersystem Energie aufnimmt oder abgibt.
Werden Ladungsträger im Bauteil aufgrund des Feldes beschleunigt, dann ist der Term . Dies bedeutet, daß die Ladungsträger Energie aus dem Feld aufnehmen, es gilt . Die Folge ist ein Anstieg der mittleren Ladungsträgerenergie w, sodaß gleichzeitig die energieabgebende Komponente, die durch den Relaxationsterm (zweiter Term auf der rechten Seite (2.59)) beschrieben wird, zunimmt.
Die mittlere Energie der Ladungsträger ist definiert als
Vernachlässigt man den dritten Term auf der rechten Seite (2.59), so stellt sich bei einem konstanten elektrischen Feld ein Gleichgewicht zwischen den energieaufnehmenden und energieabgebenden Termen ein. Da jedoch die ganze aus dem Feld aufgenommene Energie durch den Relaxationsterm abgegeben wird, muß sich im Gegenzug eine Ladungsträgertemperatur einstellen, die größer ist als die Umgebungstemperatur.
Der letzte Term in (2.59) beschreibt den Energieaustausch, der aufgrund von Rekombinations/Generationsprozessen auftritt. Ist Rnet>0, so verliert das Trägersystem Energie. Wichtig in dem Zusammenhang ist, daß die Ladungsträger, die generiert und mit Rnet beschrieben werden, dem Energieflußsystem jene Energie zuführen, die der lokalen mittleren Energie w pro Ladungsträger entspricht. Dies ist jedoch physikalisch nicht immer sinnvoll, da generierte Ladungsträger normalerweise wesentlich kälter sind als das umgebende Trägergas (siehe Kapitel 4). Führt man in Folge von Ladungsträgergeneration dem Energiesystem keinen entsprechenden Beitrag zu, so entspricht dies einem Aufheizen der generierten Ladungsträger mit gleichzeitigem Abkühlen des bereits vorhandenen heißen Trägergases, da der Gesamtenergiefluß gleich bleibt, jedoch die Ladungsträgerkonzentration zunimmt.
Nicht so eindeutig verhält sich die Situation bei der Rekombination heißer Ladungsträger. Dabei stellt sich die Frage, wie groß der Anteil jener Energie ist, die dem Trägersystem entzogen wird. Wird die komplette thermische Energie des Rekombinationspaares dem Energiesystem entzogen, so kann diese durch Phononanregung des Gitters oder durch Aussenden eines Photons abgeführt werden. Wird nur ein Teil der Rekombinationsenergie dem Energiesystem entzogen, so kann der verbliebene Teil genutzt werden, um einen vorhandenen Ladungsträger aufzuheizen. In diesem Fall spricht man von einem AUGER-Prozeß.
Vernachlässigt man den transienten Term in (2.51) nicht, sondern setzt die komplette Gleichung (2.11)
in (2.57) ein, so kann man die daraus entstehenden transienten Terme unter einen Differentialoperator
ziehen. Weiters wird die effektive Generation von Energie durch Rekombinations/Generationsprozesse in der Variable
Hn,eff zusammengefaßt. Zusätzlich wird bei hohen Dotierungen die Bandkantenenergie Eb in Abhängigkeit der
lokalen Dotierung modelliert, um Effekte wie Bandkantenverbiegung berücksichtigen zu können. In diesem Fall kann
man die örtlich veränderliche Bandkantenenergie Eb, zusammen mit dem Potential unter einen Gradienten ziehen.
Dies ist gleichbedeutend mit der Annahme, daß die mikroskopische treibende Kraft auf einen Ladungsträger
folgendermaßen definiert ist
Es ergibt sich schließlich die transiente Energieflußgleichung für das Elektronensystem, wie sie im
Bauteilsimulator MINIMOS-NT implementiert ist [18,61]
Das Gleichungssystem der hydrodynamischen Bauteilgleichungen umfaßt daher folgende partielle, gekoppelte, nichtlineare Differentialgleichungen.
Die Poissongleichung (2.37) ist die bestimmende Gleichung für die unbekannte Potentialverteilung im Inneren des Bauteils.
Die Kontinuitätsgleichungen (2.10, 2.11) sind die bestimmenden Gleichungen für die unbekannten Elektronen- und Löcherkonzentrationen im Bauteil.
Die Energieflußgleichung der Elektronen (2.62), sowie ein entsprechendes Gegenstück für die Löcher sind die bestimmenden Gleichungen für die unbekannten Elektronen- und Löchertemperaturen des Bauteils.
Die Einteilung in bestimmende Gleichungen und in entsprechende unbekannte Lösungsvariablen ist willkürlich getroffen, da die unbekannten Lösungsvariablen in mehreren Gleichungen vorkommen und gegenseitig vertauscht werden können. So könnte man mit Hilfe einer Kontinuitätsgleichung ebenso das Potential lösen und mit Hilfe der Poissongleichung die unbekannte Ladungsträgerkonzentration. Die Einteilung ist jedoch sinnvoll im Hinblick auf das Aufstellen des Gleichungssystems und die Implementierung des Gleichungslösers [18].