next up previous contents
Next: 3.6 Transiente thermische Simulation Up: 3.5 Ausgewählte Beispiele Previous: 3.5.3 Thermische Simulation eines

3.5.4 Thermische Simulation eines Heterobipolartransistors  

Heterobipolartransistoren (HBT) haben in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Durch gezielten Einsatz geeigneter Materialien können die Bandkanten von Emitter, Basis und Kollektor soweit verändert werden, daß der Bauteil bestimmte, verlangte Eigenschaften annimmt. Die eingesetzten Materialien können sowohl III-V Halbleiter als auch vierwertige Legierungen wie Silizium-Germanium sein.

Um kurze Schaltzeiten der Transistoren zu erreichen, versucht man die Basis möglichst dünn zu machen, um die Transitzeit der Ladungsträger zu reduzieren. Die Folge einer dünnen Basis ist ein relativ hoher Basiswiderstand, der den notwendigen Steuerstrom nur schwer liefern kann. Um den erforderlichen, niedrigen Basiswiderstand zu erhalten, muß man daher die Basis entsprechend hoch dotieren. Schaltet der npn-Transistor ein, so ist die Emitter-Basisdiode in Flußrichtung gepolt. Im Fall einer hohen Basisdotierung driften die Löcher in den Emitter, um dort zu rekombinieren. Dabei ist der Driftstrom umso stärker, je höher die Basis dotiert ist. Dieser Driftstromanteil sollte jedoch möglichst klein sein, da er einen Teil des Steuerstroms ausmacht. Die Möglichkeit der Bandkantenveränderung durch Halbleiterlegierungen nützt man dahingehend aus, den Bandkantenabstand der Basis gegenüber Emitter und Kollektor zu verkleinern. Bei einem npn-Bipolartransistor bedeutet dies, daß im Fall einer gegenüber dem Emitter hochdotierten Basis die Löcher eine Energiebarriere überwinden müssen, um in den Emitter zu gelangen. Im Fall eines HBT ist im eingeschalteten Zustand der Löcherstrom in den Emitter wegen des Bandkantenunterschiedes kleiner als bei einem Bauelement mit konstantem Bandkantenabstand.

Das beschriebene stationär gerechnete Beispiel eines Silizium-Germanium Transistors soll zeigen, daß die Annahme von thermischen Randbedingungen sogar die Bauteiltemperaturverteilung stark beeinflußt. Die Bedeutung weiterer Wärmequellen in Bipolarstrukturen kann in [71] nachgelesen werden. Abbildung 3.20 zeigt den Bandkantenpotentialverlauf im Fall des eingeschalteten Transistors. Die angelegten Spannungen betragen dabei $V_E=0.0\mathrm{V}, V_B=0.9\mathrm{V}, V_C=1.0\mathrm{V}$.

  
Abbildung 3.20: Potential und Bandkantenpotentiale am Silizium-Germanium Bipolartransistor $V_{EC}=1.0\mathrm{V}$
\begin{figure}
\centerline{\includegraphics [angle=90, width=10.0cm]{ps/bjt_pot....
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Das eingeprägte Potential beträgt aufgrund der entsprechenden Emitter- und Kollektordotierung an den Kontakten ca. $0.48\mathrm{V}$. Vernachlässigt man den Löcherstrom in der Basis, so müssen die Elektronen am Emitterkontakt einen Potentialsprung von ca. einem Volt überwinden. Im Fall des Drift-Diffusionsmodells entspricht dies einer starken lokalen Energieübertragung an das Gitter. Am Kollektorkontakt ist die Situation genau entgegengesetzt. Die Energiedifferenz zum FERMI-Niveau des Metalls bewirkt eine lokale Abkühlung des Kristallgitters. Die Energieüberträge an den Heteroübergängen sind klein gegenüber den Ein- und Austrittsenergien des Halbleiters. Trotzdem erkennt man in Abbildung 3.21 die Energiesenke, die der Stromfluß am Emitter-Basisübergang bewirkt. Die thermischen Widerstände betragen $R_{therm.}=1.38^{-5} \mathrm{K \cdot cm^2/W}$ am Emitterkontakt bzw. $R_{therm.}=6.9\cdot
10^{6}\mathrm{K \cdot cm^2/W}$ am Kollektorkontakt. Obwohl der Kollektorkontakt thermisch schlecht leitet, hat es den Anschein, daß ein relativ großer Wärmefluß über den Kollektorkontakt aus dem Bauteil strömt. In Wirklichkeit ist es jedoch nur die Kühlwirkung des Kontaktmodells, die durch die Austrittsarbeit der Elektronen den kompletten Wärmefluß des Gitters kompensiert. Man kann den thermischen Kollektorwiderstand beliebig erhöhen, trotzdem bleibt die Temperaturverteilung von Abbildung 3.21 nahezu gleich. Die Randbedingung eines unendlich hohen thermischen Widerstandes am Kollektorkontakt entspricht einer NEUMANN-Randbedingung, wobei der aus dem Bauteil austretende Wärmefluß verschwindet.

In Abb. 3.22 schließlich ist der gleiche Betriebsfall ohne thermischen Kontakt am Kollektor gezeigt. Dabei verschwindet der Temperaturgradient normal zum Kontakt. Die Randbedingung eines hohen thermischen Widerstandes und die Vernachlässigung eines thermischen Kontaktes haben die gleichen thermischen Auswirkungen auf die angrenzenden Materialien. Fließt ein Strom über den Kontakt, so berücksichtigt jedoch nur das elektrothermische Modell eines thermischen Widerstandes die Rekombinationswärme am Metallkontakt.


  
Abbildung 3.21: Gittertemperaturverlauf mit einem sehr großen thermischen Widerstand am Kollektor. Obwohl über den Kontakt so gut wie keine Wärme abgeführt wird, bildet sich ein Wärmefluß zum Kollektor aus. Die zum Kollektor strömende Wärmeenergie wird großteils dazu benötigt, die Austrittsenergie der Elektronen beim Überwinden der Halbleiter-Metallgrenzschicht zur Verfügung zu stellen.
\begin{figure}
 \centerline{\includegraphics [angle=90, width=14.0cm]{ps/bjt_hig...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}


  
Abbildung 3.22: Gittertemperaturverlauf mit einer NEUMANN-Randbedingung am Kollektor. Bei dem Modell wird die Austrittsarbeit der Elektronen am Kollektorkontakt, und der damit verbundene Wärmeentzug des Kristallgitters nicht berücksichtigt. Durch die NEUMANN-Randbedingung am Kollektor kann die im Bauteil generierte Wärme nur über den Emitterkontakt abfließen. Dies bewirkt die stärkste Bauteiltemperaturüberhöhung im Kollektor.
\begin{figure}
\centerline{\includegraphics [angle=90, width=14.0cm]{ps/bjt_neum...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}


next up previous contents
Next: 3.6 Transiente thermische Simulation Up: 3.5 Ausgewählte Beispiele Previous: 3.5.3 Thermische Simulation eines
Martin Knaipp
1998-10-09