Bei der Substratstromsimulation ist man bestrebt, den Anteil heißer Elektronen durch geeignete Dotierungsprofile zu minimieren. Dadurch wird verhindert, daß die heißen Ladungsträger die Eigenschaften des Gateoxids nachhaltig beeinflussen [10,74]. Durch ihre hohe thermische Energie sind sie nämlich in der Lage, in das Oxid einzudringen, was zu einer Veränderung der Transistoreigenschaften führt. Dies schlägt sich unter anderem in einer Veränderung der Schwellenspannung nieder, die letztlich ausschlaggebend für die Lebensdauer der Transistoren ist.
Betrachtet man eine feste Source-Drainspannung und mißt man den Substratstrom bei steigender Gatespannung, so
stellt man eine Zunahme des Substratstromes bis zu einer bestimmten Gatespannung fest. Danach nimmt der
Substratstrom trotz steigendem Source-Drainstrom wieder ab. Ein typisches Kennlinienfeld ist in
Abbildung 6.2 gezeigt. Die Zunahme des Substratstromes bei kleinen Gatespannungen wird durch die Zunahme
heißer Ladungsträger im Kanal hervorgerufen. Im Drift-Diffusionsmodell entspricht dies einer Stromzunahme im Kanal. Bereits
in diesem Arbeitsbereich sinkt die mittlere Elektronentemperatur bei steigender Gatespannung. Es überwiegt
jedoch die Stromzunahme im Kanal, die letztlich zu einer Erhöhung des Substratstromes führt. Diese Prozesse
verschieben sich bei höheren Gatespannungen zugunsten einer niedrigeren Elektronentemperatur, die sich durch
eine Abnahme des Substratstromes bei gleichzeitigem Anstieg des Source-Drainstromes bemerkbar machen.
Um das Kennlinienfeld der Abbildung 6.2 zu simulieren, ist es sinnvoll, die Stromdichteverteilungen die mit
dem Drift-Diffusionsmodell und dem hydrodynamischen Modell berechnet werden, zu analysieren. Eine schematische Darstellung der Situation ist
in Abbildung 6.3 gezeigt.
Wichtig für den Einfluß der Substratstromberechnung ist der Verlauf der Stromdichten entlang des Schnittes A-A' in
Abbildung 6.3. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 6.4 und 6.5 für das hydrodynamische und
das Drift-Diffusionsmodell gezeigt.
In den Abbildungen erkennt man, daß die Stromdichte im hydrodynamischen Modell viel flacher ist, verglichen mit dem
Drift-Diffusionsmodell. Diese Abweichung kommt von der starken Diffusion der Ladungsträger im hydrodynamischen Modell. Erklärbar ist
dieses Verhalten durch den Verlauf der Elektronentemperatur, der in Abbildung 6.6 dargestellt ist.
In der Abbildung betragen die Maximaltemperaturen der Elektronen über 6000K. Die Temperaturen bestimmen jedoch direkt die Diffusivität nach (2.39). Im Fall des hydrodynamischen Modells ist somit im Bereich hoher Ladungsträgertemperaturen ein weit weniger lokalisierter Stromdichteverlauf zu erwarten als im Drift-Diffusionsmodell.
Im Fall der Substratstromsimulation ist jedoch die relative Stromverschiebung bei niedrigen und hohen Gatespannungen entscheidend. Diese ist aufgrund der lokalisierten Stromdichte beim Drift-Diffusionsmodell wesentlich höher als beim hydrodynamischen Modell. Der Abfall der Substratströme, wenn die Gatespannung nahe der Drainspannung kommt, kann somit durch eine Abnahme der Oberflächengeneration im Fall des Drift-Diffusionsmodells erklärt werden [62,73].
Wählt man einen ähnlichen Zusammenhang der Oberflächen- und Bulkgenerationsraten im hydrodynamischen Modell, so stellt man eine wesentlich kleinere Abnahme aufgrund der geringeren Stromverschiebung fest. Tatsächlich zeigen neuere Monte-Carlo Simulationen ebenfalls, daß die Reduktion der Oberflächengeneration in der Literatur stark überbewertet wurde [36].
Die Ergebnisse in Abbildung 6.7 und 6.8 der hydrodynamischen Simulationen sind deshalb mit dem temperaturabhängigen Ionisationsmodell nach (6.10),(6.11) ermittelt worden, ohne daß eine Oberflächenabhängigkeit mitberücksichtigt wurde. Die Abbildungen zeigen weiters, daß bei den Simulationen ein relativ weiter Temperaturbereich von Bedeutung ist.
Die Unterschiede der Generationsraten zwischen dem Drift-Diffusionsmodell und dem hydrodynamischen Modell sind in den Abbildungen 6.9 und 6.10 gezeigt. Man erkennt die Reduktion der Oberflächengenerationsrate im Drift-Diffusionsmodell, sowie den glatteren Verlauf der Generationsraten im hydrodynamischen Modell.
Ist der Substratstromanteil klein im Vergleich zum Source-Drainstrom, dann haben die generierten Ladungsträger kaum Einfluß auf die Potentialverteilung im Bauteil. Dieser Umstand macht die Simulation von Substratströmen numerisch sehr stabil. Oft kann sogar auf eine selbstkonsistente Berechnung verzichtet werden. Der Anteil des Substratstromes wird in diesem Fall dann in einem Postprocessing berechnet.
Abschließend soll noch erwähnt werden, daß die unterschiedlichen Stromverläufe, wie in den Abbildungen 6.4 und 6.5 gezeigt, generell bei Vergleichsimulationen zwischen dem Drift-Diffusionsmodell und dem hydrodynamischen Modell auftreten. Voraussetzung dafür ist eine entsprechend hohe Trägertemperatur. Sie ist jedoch bei den meisten MOSFETSs im Kanalbereich, auch vor dem Abschnürpunkt, gegeben. Als Folge dieses Effekts ist eine Neuformulierung von oberflächenabhängigen Beweglichkeitsmodellen notwendig.
Die Simulationen der Substratströme sind in dieser Arbeit ausschließlich bei 300K durchgeführt worden. Für die
Konstante C3 in (6.11) ergab sich der Wert C3=0.416, der entsprechende Wert für den Vorfaktor lautete