Der Einsatz von Durchbruchkomponenten in Halbleiterbauelementen dient vor allem dem Schutz der aktiven
Bauteile vor Überspannung. Ein wichtiger Anwendungsfall ist der Schutz des Gates vor zu hoher Spannung.
Der simulierte Bauteil ist in Abbildung 6.11 dargestellt.
Die Struktur ist symmetrisch um die Achse A-A' und hat einen oktogonalen Grundriß, wobei der Abstand der gegenüberliegenden Kanten beträgt. Die Durchbruchverbindung bildet der Emitter - p+ Übergang, der durch die kleinen Pfeile in der Abbildung angedeutet Ist. Die äquivalente Durchbruchfläche errechnet sich zu . Während der Messung beträgt die Spannung des Substratkontakts 10V, während der Anodenkontakt variiert wird. Die hohen Spannungen von Substrat und Anode bilden im Betriebsfall zwei Raumladungszonen aus. Der generierte Lawinenlöcherstrom entsteht im Emitter - p+ Übergang und fließt über die p-Wanne zum p+ Gebiet, wo sich der Kathodenkontakt befindet. Aufgrund des kleineren Dopings der Epitaxieschicht im Vergleich zum Emitter, ist die im Betrieb ausgebildete Raumladungszone des Epitaxie/p-Gebietes um vieles größer als die Raumladungszone des Durchbruchüberganges.
Das gemessene Kennlinienfeld des Bauteils ist in Abbildung 6.12 dargestellt. Aus der Abbildung erkennt man, daß die Kennlinie bei 523K vor dem Durchbruch unabhängig von der angelegten Spannung ist. Von den betrachteten Prozessen kommt deshalb nur der SRH-Prozeß in Frage, da fehlstellenunterstütztes Tunneln (TBB), Band zu Band Tunneln (BB) und die hydrodynamische Stoßionisation (HD-II) feld- bzw. temperaturabhängig sind.
Um die Fehlstellendichte in der Durchbruchverbindung abschätzen zu können, ist es notwendig, eine vollständige zweidimensionale Simulation des entsprechenden Temperaturbereichs durchzuführen, da die gemessenen Leckströme hauptsächlich in der Epitaxie/p-Raumladungszone generiert werden. Der feldunabhängige Sperrstrom des Epitaxie/p-Gebietes setzt sich aus dem Generationsstrom der Raumladungszone zusammen und aus dem Diffusionsstrom, der wesentlich durch die Minoritätsträgerkonzentration am pn-Übergang bestimmt ist. Nimmt diese Konzentration ab, so verringert sich der Diffusionsstrom. Die Minoritätsträgerkonzentration ist jedoch stark von der gewählten Randbedingung am Substratkontakt abhängig. Es genügt deshalb nicht, nur die Raumladungszone des Epitaxie/p-Gebietes zu simulieren. Vielmehr muß der komplette Bereich der Epitaxieschicht mitberücksichtigt werden, bis zu jenem Bereich des Substrates, in dem die vollständige Substratdotierung angenommen wird. Erst dadurch ist die entsprechende Minoritätsträgerkonzentration an der Epitaxie/p-Raumladungszone bestimmt. Für 523K erhält man Übereinstimmung mit der Messung, wenn man eine Fehlstellendichte von annimmt. Mit der ermittelten Fehlstellendichte werden die Leckströme der anderen Temperaturbereiche ausgerechnet, die dann von den gemessenen Werten subtrahiert werden.
Das Ergebnis dieser Rechnungen ist in Abbildung 6.13 gezeigt. Die Leckströme sind nun feldabhängig und werden ausschließlich im Durchbruchübergang generiert. Dabei sollte noch erwähnt sein, daß in der Abbildung die SRH- und Diffusionsströme nicht mitberücksichtigt sind. Dies kommt daher, weil die Fehlstellendichte bei 523K kalibriert wurde und die SRH-Komponente bei niedrigeren Temperaturen leicht überschätzt wird (siehe Abbildung 4.2).
Die für die Simulation verwendeten Modelle der Poisson- und Kontinuitätsgleichung sind nach [18]
implementiert. Die Energieflußgleichung entspricht Gleichung (2.62). Der Energieterm Hn,eff in
(2.62) wird ausschließlich durch den Energieverlust des Trägersystems aufgrund der Stoßionisation beschrieben.
Für Elektronen berechnet sich Hn,eff zu
Bei der Simulation werden die temperaturabhängigen Modelle der Zustandsdichten und Bandkantenenergien nach
[24] berechnet. Die hohe lokale Dotierung verursacht eine Bandkantenreduktion (Bandgapnarrowing), die durch ein symmetrisches Modell nach [59] berücksichtigt wird
Für die hydrodynamische Beweglichkeit wird (C.9) verwendet. Entscheidenden Einfluß auf die Temperaturenverteilung hat die Energierelaxationszeit . Die für die Simulation angenommenen Werte lauten bzw. .
Das verwendete TBB-Modell entspricht den Gleichungen (5.2) und (5.4). Als BB-Modell wird Gleichung (5.16) angewandt, wobei die Werte , und die beste Übereinstimmung mit Abbildung 6.13 ergeben.
Die Ergebnisse dieser Simulationen sind in Abbildung 6.14 gezeigt. Der Unterschied der Kurven vor dem Durchbruch verglichen mit jenen in Abbildung 6.13 kommt durch das Vernachlässigen der SRH- und Diffusionskomponente in Abbildung 6.13. In beiden Abbildungen erkennt man das spätere Durchbrechen bei höheren Temperaturen.
Um den Prozeß des Durchbruchs zu verstehen, ist es sinnvoll, eine typische Feldverteilung im pn-Übergang zu betrachten. In Abbildung 6.15 ist die Feldverteilung bei einer Spannung von 6.3V und 6.4V gezeigt. Das stärker n-dotierte Gebiet befindet sich auf der linken Seite und bewirkt einen asymmetrischen Feldverlauf.
Abbildung 6.16 zeigt die Temperaturverteilung des pn-Überganges bei 298K und 523K. Bei diesen Simulationen ist nur das SRH-Modell eingeschaltet, während die TBB-, BB- und HD-II-Modelle nicht berücksichtigt sind. Man erkennt, daß die Trägertemperaturen für 523K höher sind als jene bei Raumtemperatur. Diesen Effekt kann man dadurch erklären, daß man den Diffusionsstrom, der in die Raumladungszone driftet, mit jenem Stromanteil vergleicht, der durch Generation in der Raumladungszone entsteht. Bei Raumtemperatur ist der Anteil der SRH-Stromkomponente um den Faktor 92 größer als der Anteil des Driftstromes. Die geringere Aufheizung bei Raumtemperatur kann deshalb durch das Abkühlen der vorhandenen Träger durch die neugenerierten Träger erklärt werden. Dieser Vorgang ist rein adiabatisch, da dem Energiesystem keine Energie entzogen wird. Die verminderte Temperatur ist somit die Folge einer Energieaufteilung auf die neu generierten Träger. Die Maximaltemperatur ist umso größer, je größer der in die Raumladungszone eintretende Driftstrom ist und je kleiner der in der Raumladungszone generierte Stromanteil ist. Da die am Beginn der Raumladungszone einsetzende SRH-Generation relativ hoch ist, kann es zu einer richtigen Trägerabkühlung im Bauteil kommen (angedeutet durch die Pfeile in Abbildung 6.16).
Bei höherer Raumtemperatur ist die Situation gänzlich anders. Dies liegt daran, daß die Temperaturabhängigkeit des Diffusionsstromes proportional zu ni2 ist, während der SRH-Strom proportional zu ni ansteigt. Aus diesem Grund liegt bei 523K vorwiegend Diffusionsstrom vor, was gleichbedeutend ist, daß nahezu alle Ladungsträger die komplette Raumladungszone durchqueren und sich somit stärker aufheizen.
Während der nächsten Simulation ist zusätzlich zum SRH-Modell noch das TBB-Modell eingeschaltet. Die Temperaturverteilungen für 298K sind in Abbildung 6.17 gezeigt. Die maximale TBB-Rate ist ungefähr um den Faktor 10 größer als die SRH-Rate. Durch die Asymmetrie des pn-Überganges ist das Maximum der feldabhängigen Generationsrate jedoch auf der linken Seite lokalisiert. Diese Asymmetrie hat einen wesentlichen Einfluß auf die Temperaturverteilung. Die Elektronen driften von rechts nach links. Wenn sie die Stelle der maximalen TBB Generation erreichen, werden sie durch die generierten Elektronen abgekühlt. Aus diesem Grund ist die maximale Elektronentemperatur kleiner als beim reinen SRH-Modell. Die Situation der Löcher ist gänzlich umgekehrt. Sie werden am Beginn ihres Weges durch die Raumladungszone aufgrund der TBB-Generation abgekühlt. Der nachfolgende Kühlprozeß durch SRH-Generation fällt aus diesem Grund geringer aus als bei der Simulation ohne TBB-Modell. Die Simulation mit TBB-Modell zeigt, daß ein zusätzlicher Kühlprozeß an der richtigen Stelle letztlich stärkeres Aufheizen an einer anderen Stelle bewirkt.
Während der nächsten Simulationen wird zusätzlich zum SRH- und TBB-Modell noch das BB-Modell eingeschaltet. Das Ergebnis für 298K ist in Abbildung 6.18 gezeigt. Das Maximum der BB-Generation liegt um 4 Größenordnungen über der TBB-Generation und ist noch wesentlich schärfer auf der linken Seite des pn-Überganges lokalisiert. Der Prozeß bewirkt ein starkes Kühlen der Elektronen, sowie ein weiteres Aufheizen der Löcher. Bis jetzt wird die Temperaturdifferenz zwischen Elektronen und Löchern jedoch überschätzt. Der Grund ist das fehlende HD-II-Modell, das bei den hohen Löchertemperaturen wirksam sein sollte. Nach dem Einschalten des HD-II-Modells dreht sich die Situation jedoch um, weil die Löcher Trägerpaare im rechten Teil des pn-Überganges generieren. Die erzeugten Löcher verlassen die Raumladungszone auf der rechten Seite. Die Elektronen hingegen müssen fast die gesamte Raumladungszone durchqueren, was zu einem Anstieg der Elektronentemperatur auf der linken Seite führt. Der Durchbruch beginnt schließlich dann, wenn die Löcher so viele Elektronen generieren, daß beide Trägersysteme eine Temperatur über der Durchbruchtemperatur einnehmen.
Vergleicht man den Ionisationsprozeß bei Raumtemperatur mit jenem bei 523K, so ist es zweckmäßig, die Stromanteile bei Vernachlässigen des HD-II-Modells zu analysieren. Bei Raumtemperatur ist der Quotient aus ID,SRH und dem reinen Diffusionsanteil ID gleich ID,SRH/ID=92 bei einer Spannung von 4V. Der Anteil des TBB-Stromes ist einen Faktor ID,SRH,TBB/ID,SRH=12.4 größer. Der größte Anteil stammt vom BB-Prozeß, der einen Faktor ID,SRH,TBB,BB/ID,SRH,TBB=1098 ausmacht.
Bei einer Temperatur von 523K ist die Situation gänzlich unterschiedlich. Beim Vernachlässigen des HD-II-Modells ergibt sich ein Stromquotient von ID,SRH,TBB,BB/ID=1.06 bei der gleichen Spannung von 4V. Dies bedeutet, daß die Temperaturverteilung der Träger durch den Diffusionsstrom bestimmt wird, welcher einen ähnlichen Temperaturverlauf wie in Abbildung 6.16 ergibt. Der Einfluß adiabatischer Ladungsträgerkühlung in der Raumladungszone ist gering. Ein weiterer Unterschied ergibt sich aus der Bewertung der Modelle. Während der BB-Prozeß in der gleichen Größenordnung bleibt, steigt der SRH-Prozeß entsprechend der intrinsischen Konzentration um 4 Größenordnungen an. Mit dem SRH-Prozeß nimmt jedoch auch der TBB-Prozeß entsprechend zu, unter der Voraussetzung, daß das elektrische Feld ungefähr gleich bleibt. Der TBB-Prozeß liefert bei 523K somit den größten Stromanteil. Schaltet man das HD-II-Modell ein, so ergibt sich eine Stromzunahme um den Faktor 1.37 bei einer Spannung von 4V. Dieser starke Einfluß wird durch die gestiegene Ladungsträgerkonzentration innerhalb der pn-Verbindung bei hohen Temperaturen hervorgerufen. Schon bei relativ kleinen Spannungen wird den Trägern Energie durch Stoßionisationsprozesse entzogen, was zu einer Kühlung der Träger unterhalb der Durchbruchtemperatur führt. Die Temperaturverteilung der Träger hat die Form jener in Abbildung 6.16, jedoch mit einer kleineren Maximaltemperatur, da in der Abbildung kein HD-II-Modell berücksichtigt ist. Die notwendige Trägertemperatur, die von beiden Systemen erreicht werden muß, sowie die wesentlich höheren Trägerkonzentrationen sind verantwortlich für den großen, feldabhängigen Leckstrom, der vor dem Durchbruch auftritt.
Die Durchbruchtemperaturen bei 298K betragen bei einem lokalen Bandabstand von 1.08eV ca. 8500K. Bei 523K beträgt die Durchbruchtemperatur ca. 7200K, wobei sich der Bandabstand auf 1.02eV reduziert.
Bei den durchgeführten Simulationen stellt sich sofort die Frage, inwieweit die Modellparameter Einfluß auf das Ergebnis haben. Bei der ersten Modifikation, die vorgenommen wurde, ist das nichtadiabatische Kühlen des Stoßionisationsprozesses vernachlässigt worden, d.h. (6.14) wird Null gesetzt. Das Ergebnis ist in Abbildung 6.19 gezeigt. Auswirkungen dieser Modifikation können nur dort auftreten, wo ein großer Prozentsatz der Träger ionisiert, da der Energieentzug auf die restlichen Träger aufgeteilt wird. Dies ist jedoch nur nach dem Durchbruch der Fall. In der Abbildung erkennt man den Stromanstieg gegenüber dem korrekt berechneten Modell. Die Simulation zeigt weiters, daß sogar die Temperatur nahe dem Durchbruch geringfügig angehoben wird. Die dadurch verursachte Senkung der Durchbruchspannung beträgt 0.2V.
Die Simulationen mit unterschiedlicher Schwellenenergie sind ebenfalls in der Abbildung gezeigt, wo zwei unterschiedliche Multiplikationsfaktoren angenommen werden. Die Durchbruchspannung verschiebt sich dabei um ca. 1.5V, wenn Eg mit den Faktoren 0.75 bzw. 1.25 skaliert wird. Dies entspricht einer Durchbruchspannung von 6.4V, wenn man annimmt, daß die Träger einen gewissen Teil der Potentialdifferenz in der Raumladungszone benötigen, um die Durchbruchtemperatur zu erreichen.
Tabelle 6.1 zeigt schließlich die Koeffizienten C1 bis C4 in (6.11), die bei den Simulationen der Schutzstruktur verwendet werden.
Die Ergebnisse dieser Durchbruchsimulationen zeigen, daß doch eine relativ starke Koppelung der Trägersysteme aufgrund von Generationstermen auftritt. Den Simulationen liegen dabei räumlich nicht veränderliche Verteilungsfunktionen zugrunde, deren Ausgangspunkt eine MB-Verteilung darstellt [48,49]. Die größte Näherung besteht in der Annahme der augenblicklichen Relaxation von heißen und kalten Trägern. Dies ist jedoch eine inhärente Grenze des hydrodynamischen Modells, wenn man jeden Trägertyp nur durch ein Energiesystem beschreibt.