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7.1 Skalierung der Lösungsvariablen  

Die Skalierung der Lösungsvariablen $\psi, n, p, T_n, T_p$ ist notwendig, um deren Werte in einen numerisch günstigen Zahlenbereich zu transformieren, der möglichst im Bereich um 1 liegen soll [44].

Alle in MINIMOS-NT angeforderten Größen werden durch entsprechende Funktionen automatisch in internen Einheiten zur Verfügung gestellt. Jedes verwendete Modell wie etwa Beweglichkeit, Generationsraten oder Zustandsdichten, wird jedoch in SI-Einheiten ausgewertet, um den Einbau neuer Modelle zu erleichtern. Dazu müssen alle Modellgrößen vor der Modellauswertung in SI-Einheiten rückskaliert werden.

Sämtliche in MINIMOS-NT verwendeten Skalierungsfaktoren werden durch die sechs Basisskalierungsfaktoren der Tabelle 7.1 abgeleitet. Um sämtliche Einheiten im SI-System ableiten zu können, sind jedoch sieben Basiseinheiten notwendig. Versucht man mit den Basisskalierungsfaktoren von Tabelle 7.1 die Basiseinheiten des SI-System zu bilden, so wird dies bis auf die Stoffmenge (Mol) und die Lichtstärke (Candela) gelingen. Die Folge, daß zwei Basiseinheiten des SI-System nicht gebildet werden können bedeutet, daß die Basisskalierungsfaktoren von Tabelle 7.1 überbestimmt sind. Die Ursache ist die gleichzeitige Festlegung der Skalierung von Länge und Konzentration.


 
Tabelle 7.1: Die in MINIMOS-NT verwendeten Basisskalierungsfaktoren
Skalierungsfaktor Größe Wert
q Elementarladung $1.602\cdot 10^{-19}\mathrm{As}$
kB Boltzmannkonstante $1.381\cdot 10^{-23}\mathrm{Js}$
L0 Länge $10^{-6}\mathrm{m}$
V0 Potential $0.0259\mathrm{V}$
C0 Konzentration $10^{25}\mathrm{m^{-3}}$
t0 Zeit $10^{-12}\mathrm{s}$

Alle weiteren Skalierungsfaktoren werden von den Basisskalierungsfaktoren abgeleitet. Die in diesem Kapitel verwendeten abgeleiteten Faktoren sind in Tabelle 7.2 zusammengefaßt. Wird von SI-Einheiten auf interne Größen skaliert, so wird durch den Skalierungsfaktor (Index 0) dividiert. Dadurch werden die internen Größen dimensionslos. Eine Konvertierung zu SI-Einheiten erfolgt durch Multiplikation.


 
Tabelle 7.2: Aus den Basisskalierungsfaktoren abgeleitete Skalierungsfaktoren
Skalierungsfaktor Größe Wert
T0 Temperatur 300 $\mathrm{K}$
c0 spezifische Wärmekapazität $3.333\cdot 10^9$ $\mathrm{m^2s^{-2}K^{-1}}$
$\rho_0$ Massendichte $4.133\cdot 10^{-8}$ $\mathrm{kg m^{-3}}$
$\kappa_0$ thermische Leitfähigkeit 138.0 $\mathrm{W m^{-1} K^{-1}}$
v0 thermische Geschwindigkeit 0.1 $\mathrm{m s^{-1}}$
H0 Leistungsdichte $41.419\cdot 10^{15}$ $\mathrm{W m^{-3}}$
E0 Energie $4.1419\cdot 10^{-21}$ $\mathrm{J}$

Ausgangspunkt der Variablenskalierung in MINIMOS-NT ist die Skalierung der Temperatur. Sämtliche Temperaturwerte werden dabei auf $T_0\!=\!300K$ bezogen. Für den Skalierungsfaktor des Potentials V0 wird die Temperaturspannung bei $T\!=\!300K$ verwendet.

 \begin{eqnarray}
V_0=\frac{k_B\cdot T_0}{q}=0.0259\;\mathrm{V}\; .
\end{eqnarray} (7.1)

Obwohl die Temperatur auf 300K bezogen ist, wird in MINIMOS-NT der Skalierungsfaktor der Temperatur T0 aus den Basisskalierungsfaktoren V0, q und kB abgeleitet (siehe Tabelle 7.1 und 7.2).

Der Skalierungsfaktor für die Energie lautet $E_0=k_B\cdot T_0=4.1419\cdot 10^{-21}$J. Mit diesem Faktor werden die Energiewerte in den Exponenten skaliert. Für einen Bandabstand von $E_g=1.12\mathrm{eV}$ berechnet sich die intrinsische Konzentration ni bei einer Gittertemperatur von $T_L=500\mathrm{K}$ zu:


 \begin{eqnarray}
n_i=\sqrt{N_c\cdot N_v} \exp \!\left({-\frac{E_g}{k_B\cdot T_L}...
 ...c\!\cdot\! N_v}\cdot\exp\! \left( -\frac{43.29}{1.666}\right)\; .
\end{eqnarray} (7.2)

Wird eine Gleichung skaliert, so kann die Skalierung der Einzelgrößen nicht beliebig gewählt werden. So ist es möglich, daß ein Volumen mit der Länge skaliert wird

 \begin{eqnarray}
V\!ol_0=L_0^3=10^{-18}\;\mathrm{m^3}\; ,
\end{eqnarray} (7.3)

oder mit dem Kehrwert der Konzentration

 \begin{eqnarray}
V\!ol_0=\frac{1}{C_0}=\frac{1}{10^{25}}=10^{-25}\;\mathrm{m^3}\; .
\end{eqnarray} (7.4)

Jede Differentialgleichung muß konsistent skaliert sein. Dies soll anhand der Gitterwärmeleitungsgleichung gezeigt werden. Die Gleichung hat die Form

 \begin{eqnarray}
\rho\cdot c\cdot \frac{\partial T_L}{\partial t}+\kappa \cdot \nabla^2 T_L-H=0 \; .
\end{eqnarray} (7.5)

Der Skalierungsfaktor $\rho_0$ der Massendichte $\rho$ in (7.5) wird jedoch nicht über die Energie und die Geschwindigkeit skaliert ($E=m\cdot c^2$), sondern über die Konzentration

 \begin{eqnarray}
\rho_0=\frac{h\cdot V_0\cdot t_0^2\cdot C_0}{L_0^2}=4.149\cdot10^{-8}\;\mathrm{kg/m^3}\; .
\end{eqnarray} (7.6)

Der Grund dafür ist, daß im H-Term von (7.5) die Stromdichte vorkommt, die proportional der Teilchenkonzentration ist (Gleichung 2.69). Verwendet man die gleichen Werte für die Stromdichte in den Kontinuitätsgleichungen wie auch für den Quellterm in der Wärmeflußgleichung des Kristallgitters, so müssen die Gleichungen entsprechend skaliert sein. Die Skalierung der Kontinuitätsgleichung bestimmt somit die Skalierung der Wärmeflußgleichung.

Schreibt man die Skalierungsfaktoren von (7.5) nach Tabelle 7.1 und 7.2 an, so erhält man für den ersten Term

 \begin{eqnarray}
\rho_0\cdot c_0 \cdot\frac{T_0}{t_0}=4.149\cdot10^{-8}\cdot 3.3...
 ...10^{-12}}\;\mathrm{W/m^3}=41.419\cdot 10^{15}\;\mathrm{W/m^3}\; .
\end{eqnarray} (7.7)

Auch $\kappa_0$ im zweiten Term von (7.5) ist über die Konzentration skaliert, wobei sich die Skalierungsfaktoren des zweiten und dritten Terms zu

 \begin{eqnarray}
H_0=\frac{\kappa_0\cdot T_0}{L_0^2}=41.419\cdot 10^{15}\;\mathrm{W/m^3}
\end{eqnarray} (7.8)

berechnen.

Ein ähnlicher Fall liegt beim dynamischen Rekombinationsmodell (4.8) vor, wo die Einfangzeiten folgendermaßen berechnet werden

 \begin{eqnarray}
\tau_{cn}^{-1}=v_{th,n}\cdot \sigma_n\cdot n\qquad \tau_{cp}^{-1}=v_{th,p}\cdot \sigma_p\cdot p\; .
\end{eqnarray} (7.9)

Schreibt man die Gleichung für die Skalierungsfaktoren an, so erhält man

 \begin{eqnarray}
\frac{1}{t_0}=v_0\cdot L_0^2\cdot C_0=10^{12}\;\mathrm{s^{-1}}\; .
\end{eqnarray} (7.10)

Gleichung (7.10) ist jedoch nur dann erfüllt, wenn man die thermische Geschwindigkeit nicht nach

 \begin{eqnarray}
v_0=\frac{L_0}{t_0}=10^{-6}\;\mathrm{m/s}
\end{eqnarray} (7.11)

skaliert, sondern über die Skalierung der Konzentration ausdrückt

 \begin{eqnarray}
v_0=\frac{1}{L_0^2\cdot C_0\cdot T_0}=0.1\;\mathrm{m/s}\; .
\end{eqnarray} (7.12)


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Martin Knaipp
1998-10-09