Die einzige noch unbekannte Größe in Gl. (2.4) zur Berechnung
des Streuwinkels ist das interatomare Potential . An und für
sich herrscht zwischen den beiden Kernen ein Coulombpotential
nach Gl. (2.9).
Die Kerne sind aber durch Elektronen gegeneinander abgeschirmt, was
sich in einer Verringerung des Potentials bemerkbar macht, die mittels
einer Abschirmfunktion berücksichtigt wird (siehe
Gl. (2.10)).
Die Aufgabe ist nun, ein geeignetes zu finden. Für diese
Funktion wurden bereits Ansätze publiziert, wobei etwa jene von
Bohr [Boh13], Jensen [Jen32], Lenz [Len32],
Sommerfeld [Som32], Moliere [Mol47]
oder von Ziegler und Biersack [Zie85] die wichtigsten sind. Das
Ziegler-Biersack-Potential wird seiner Allgemeinheit wegen auch als
Universal-Potential bezeichnet. Vergleiche mit Experimenten ergaben,
daß das letztgenannte Ziegler-Biersack-Potential die beste
Übereinstimmung garantiert [Zie85]. Auf dieses Potential soll
nun noch näher eingegangen werden.
Die Grundlage für das Ziegler-Biersack-Potential bildet das Hartree-Fock-Verfahren zur Berechnung der über alle Richtungen gemittelten Elektronenverteilungen der Atome im Festkörper. Ohne diese Mittelung würde man kein Zentralpotential erhalten, und die Analyse des Stoßvorgangs wäre wesentlich komplizierter als im vorigen Abschnitt dargestellt. Außerdem wird angenommen, daß nicht nur die Kristallatome durch diese Elektronenverteilungen beschrieben werden, sondern auch das implantierte Ion selbst. Das heißt aber auch, daß die Ionisierung des Ions vernachlässigt wird. Weiters wird angenommen, daß die Elektronenwolken von Ion und Atom einander durchdringen, ohne dabei verzerrt zu werden. Folgende Aspekte werden jedoch berücksichtigt:
Aufgrund dieser Voraussetzungen und Überlegungen kann das
interatomare Potential nun berechnet werden. Dabei erhält man
allerdings für jede Ion-Target-Kombination eine eigene Kurve. Diese
einzelnen Kurven überstreichen einen weiten Bereich. Ziel ist es aber
eine einheitliche Funktion für möglichst alle Ion-Atom-Kombinationen
zu finden. Deshalb sind noch zusätzlich Überlegungen notwendig. So
gibt es beispielsweise insoferne eine Systematik, als die
Abschirmfunktion für schwere Teilchen kleiner ist als für
leichte. Das macht die Einführung einer sogenannten Abschirmlänge
möglich, womit der Abstand skaliert werden kann. Bei geeigneter Wahl
der Abschirmlänge rücken die Kurven viel dichter zusammen. Eine
optimale Kompression ergibt sich nach [Zie85] bei einer
Abschirmlänge nach Gl. (2.11).
Dabei ist der Bohrradius (
Å). Die so erhaltenen Kurven für die berechneten
Ion-Atom-Kombinationen können nun noch mittels Exponentialfunktionen
nach Gl. (2.12) approximiert werden (
).
Gl. (2.12) ist für verschiedene Ion-Target-Kombinationen in
Abb. 2.4 graphisch dargestellt.
Abbildung: Aproximation der Abschirmfunktion für
insgesamt 261 verschiedene Ion-Target-Kombinationen nach
Gl. (2.12), komprimiert durch die Abschirmlänge nach
Gl. (2.11).
Dabei gilt für die Koeffizienten :
Die endgültige, gefittete Funktion, die eine Standardabweichung zwischen Theorie und Experiment von nur 5% aufweist [Hob88a], ist in Gl. (2.14) angeschrieben.
Für dieses Universal-Potential kann Gl. (2.4) nicht mehr
analytisch gelöst werden, und eine numerische Integration kommt aus
Zeitgründen nicht in Frage. In dem entwickelten Programm wurde ein
Tabellenverfahren verwendet [Hob91a], wobei in einer Tabelle der
in Abhängigkeit von einer skalierten Energie
(siehe Gl. (2.15)) und einem skalierten Stoßparameter
(
) abgespeichert wird.