Um die Stromtragfähigkeit des IGT, die durch den Einsatz von Latch-Up begrenzt ist, als Funktion der Temperatur zu untersuchen, werden die elektrischen Verhältnisse beibehalten, die thermischen Rahmenbedingungen jedoch geändert. Die Idee ist - aus elektrischer Sicht - nur einen einzigen Arbeitspunkt zu untersuchen, d.h. die elektrische Beschaltung unverändert zu lassen (,). Die sich ergebenden Unterschiede in den Resultaten der thermoelektrischen Simulationen sind dann unmittelbar auf thermische Ursachen zurückzuführen. Zu diesem Zweck wird für die Wärmeübergangszahl der Wert gewählt. Zusätzlich wird - bei gleichbleibenden elektrischen und thermischen Randbedingungen - das Modell der Wärmegeneration variiert. Wie im vorigen Abschnitt wird zum Vergleich der Auswirkungen der lokalen Wärmeproduktion auf das elektrische Verhalten ein heuristisches Modell (7.1) verwendet. Es berücksichtigt zwei Mechanismen der Wärmegeneration, Joulewärme mit dem elektrischen Feld als treibender Kraft und Rekombinationswärme, allerdings nur mit Berücksichtigung des Beitrags des Bandabstandes.
Abbildung 7.28: Elektronenkonzentration [], Latch-Up,
, =, =
Abbildung 7.29: Löcherkonzentration [], Latch-Up,
, =, =
Abb. 7.28 und 7.29 zeigen die Elektronen- und Löcherkonzentration unter verschlechterten Kühlbedingungen. Gegenüber Abb. 7.26 und 7.27 sind entscheidende Unterschiede festzustellen. Die -Basis fällt in einem kleinen Bereich nicht mehr steil zur -Basis hin ab wie in Abb. 7.26. Vielmehr hat sich ein leitender Elektronenschlauch vom -Emitter zur -Basis ausgebildet, der beide kurzschließt. Latch-Up hat eingesetzt. Der Elektronenstromfluß über diesen Pfad kann nicht durch die Gatespannung gesteuert werden. Die korrespondierende Spitzentemperatur beträgt . Es muß noch einmal darauf hingewiesen werden, daß der Unterschied zwischen Abb. 7.26, 7.27 und 7.28, 7.29 nur auf unterschiedliche Kühlbedingungen zurückzuführen ist. In beiden Fällen werden , angelegt. Damit ist hinreichend bewiesen, daß Latch-Up im IGT ein elektrothermisches Problem darstellt.
Temperaturanstieg und Temperaturprofil sind jedoch nicht allein durch die thermischen Randbedingungen bestimmt, sondern auch durch die lokale Wärmeproduktion. Die thermoelektrische Simulation auf der Basis des heuristischen Modells der Wärmegeneration (7.1), das in vielen Bauelementesimulatoren implementiert ist, ergibt eine Spitzentemperatur von ( unverändert). Latch-Up ist viel weniger ausgeprägt. Diese bemerkenswerte Tatsache zeigt, daß die Möglichkeit einer genauen Bestimmung des sicheren Arbeitsbereiches (SOA) des IGT von der Verfügbarkeit eines selbstkonsistenten Models der lokalen Energiewandlung bei der Simulation des thermoelektrischen Verhaltens abhängt. Eine exakte Formulierung der Energiedissipation ist insbesonders dann von Bedeutung, wenn das gesamte Bauelementeverhalten von den lokalen Verhältnissen einer Größe (der Temperatur) in einem sehr kleinen, aber kritischen Gebiet des Bauelements abhängt, wie es beim Latch-Up im IGT der Fall ist.
Abbildung 7.30: Konturlinien der Elektronenkonzentration [] beim
Latch-Up, , , =
Abbildung 7.31: Konturlinien der Elektronenkonzentration [] im
Gleichgewicht,
Während des Latch-Up's injiziert der -Emitter Elektronen in die -Basis, wie man in Abb. 7.28 sieht. Ein Vergleich von Abb. 7.30 und Abb. 7.31 läßt erkennen, wie sich der Emitter-Bereich in die -Basis hinein ausweitet, sodaß der parasitäre Thyristor des IGT's zündet.
Abbildung 7.32: Vergleich der Elektronenkonzentration [] für ,
, ,
Um das unterschiedliche Konzentrationsniveau der injizierten Elektronen unter verschiedenen thermischen Umständen zu vergleichen, wird in Abb. 7.32 ein Schnitt durch die Emitterkante gelegt. Es zeigt sich, daß die Elektronenkonzentration in der -Basis mit steigender Temperatur zunimmt.
Der kritische Wert für den Einsatz von Latch-Up ist im isothermischen Silizium bei überschritten, wenn am -Übergang zwischen -Emitter und -Basis in Vorwärtsrichtung mehr als Volt anliegen. Diese Vorwärtsspannung am -Übergang wird durch den lateralen Löcherstrom verursacht, der durch die -Basis zum Emitter fließt. Sie kann dadurch reduziert werden, daß möglichst kurze Emitter verwendet werden und der Schichtwiderstand der -Basis reduziert wird.
Abbildung 7.33: Vergleich des Potentials [] für ,
, ,
Erhöht sich im IGT die Temperatur infolge von Selbsterwärmung, reduziert sich das eingebaute Potential zwischen -Emitter, -Basis und -Basis. Deshalb können bei gleichbleibendem lateralen Spannungsabfall durch den Löcherstrom in der -Basis mehr Elektronen vom -Emitter in die -Basis injiziert werden. Abb. 7.33 zeigt die Potentialverhältnisse im kritischen Emitterbereich unter verschiedenen Betriebsbedingungen, verglichen mit dem eingebauten Potential im thermodynamischen Gleichgewicht.
Zusätzlich steigt der Spannungsabfall in der -Basis aufgrund des lateralen Löcherstroms mit der Temperatur, weil der Schichtwiderstand durch die temperaturbedingte Abnahme der Beweglichkeit zunimmt. Um diesen Effekt zu veranschaulichen wird ein Schnitt durch die -Basis gelegt. In Abb. 7.34 sind die Potentialverläufe entlang der Schnittlinie für die drei diskutierten Fälle aufgetragen.
Abbildung 7.34: Vergleich des Potentials [] für ,
, ,
Abbildung 7.35: Temperaturerhöhung [], Latch-Up,
, =, =
Abb. 7.35 zeigt die Temperaturerhöhung im Kanalgebiet im Fall von Latch-Up. Die höchste Temperatur beträgt , unter den oben beschriebenen Bedingungen. Die Temperaturverteilung ist fast homogen. Der größte Temperaturabfall erfolgt außerhalb des Bauelements. Das Temperaturmaximum befindet sich im Inversionskanal. Dort ist die Joule'sche Verlustleistungsproduktion aufgrund der hohen Stromdichten besonders groß.
Es kann festgestellt werden, daß der größte zulässige Kollektorstrom mit steigender Temperatur abnimmt. Latch-up erweist sich von Kühlbedingungen abhängig. Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Stromverstärkung des -Transistors als auch der Schichtwiderstand der -Basis nimmt mit der Temperatur zu. Zudem wird Latch-Up durch die Reduktion des Potentialabfalls am -Emitter--Basis Übergang aufgrund der Temperaturerhöhung unterstützt.