Es ist weiterführenden Arbeiten vorbehalten, das thermoelektrische Transportmodell (3.95), (3.96), (3.97), (3.98) zu ergänzen. Ein wichtiger Aspekt ist die Verallgemeinerung der Randbedingungen für thermoelektrische Problemstellungen. Um in den elektrischen Randbedingungen die Temperaturabhängigkeit von Oberflächenrekombinationsprozessen oder der Stromleitung in Schottkykontakten zu berücksichtigen, muß die Temperaturabhängigkeit zusätzlicher physikalischer Parameter modelliert und implementiert werden. Auf der Grundlage des allgemeinen Energieerhaltungssatzes an Materialschichtgrenzen (3.100), (3.101) können in den Randbedingungen der Wärmeflußgleichung thermoelektrische Oberflächeneffekte insbesondere an der Grenzfläche zweier leitender Materialien mitberücksichtigt werden.
Um Tieftemperatursimulationen durchführen zu können, muß die Voraussetzung vollständiger Ionisierung der Dopanden aufgehoben werden. Dadurch wird das (eingebaute) elektrostatische Potential temperaturabhängig. Um die mit Ionisierungsvorgängen zusammenhängenden Energieaustauschprozesse zu erfassen, müssen weitere Teilchensorten berücksichtigt werden. Die Konzentrationen neutraler und geladener Donatoren und Akzeptoren sind in die thermodynamische Betrachtung einzubeziehen. Da sie als unbeweglich angesehen werden können, liefern sie keine vektoriellen, sehr wohl aber skalare Beiträge zur Entropieproduktion (3.36) bzw. (4.27). Das System der phänomenologischen Gleichungen (3.38) bzw. (4.31) enthält weitere Affinitäten und Reaktionsraten. Wegen der Temperaturabhängigkeit des Potentials verkompliziert sich die Ableitung der Quasifermipotentiale nach der Temperatur. In den phänomenologischen Gleichungen (4.31) dürfen die für den 'phonon-' und 'electron-drag' verantwortlichen kinetischen Koeffizienten nicht mehr vernachlässigt werden.
Die selbstkonsistente Simulation der Auswirkungen gekoppelter Nichtgleichgewichts- und Selbsterwärmungseffekte auf den Ladungsträgertransport im Halbleiter erfordert die numerische Lösung des einheitlichen Mehrtemperaturmodells (5.1), (5.2), (5.3), (5.4), (5.5), (5.6). Verschiedene Iterationsstrategien sind denkbar. Die Erweiterung der Lösungsstrategie des thermoelektrischen Transportmodells würde eine asynchrone Lösung der drei Energiebilanzgleichungen für die Elektronen-, Löcher und Gittertemperatur bedeuten. Wendet man ein Dreiblockverfahren an, muß zunächst das elektrische Teilsystem bei konstanten, wenn auch nach der ersten Iteration inhomogenen Temperaturen , und gelöst werden, bevor die Ladungsträgertemperaturen synchron berechnet werden und zuletzt die Gittertemperatur bestimmt wird. In einem Zweiblockschema folgt die gekoppelte Lösung aller drei Energiebilanzgleichungen auf die Lösung der Poissongleichung sowie der Ladungsträgerkontinuitätsgleichungen. Natürlich ist es grundsätzlich auch möglich, das gesamte Gleichungssystem für , , , , und mit Hilfe des Newtonverfahrens synchron zu lösen.
Eine weitere Herausforderung stellt die Berücksichtigung von Magnetfeldern bei der Beschreibung gekoppelter Transportphänomene dar. Die Möglichkeit der Simulation nicht nur thermoelektrischer, sondern auch galvanomagnetischer oder thermomagnetischer Effekte erschließt das weite Feld der Sensoren und Aktuatoren.