4.4.2 Thermoelektrizität der Teilsysteme



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4.4.2 Thermoelektrizität der Teilsysteme

Die Definition der intensiven Variablen erfolgt analog zu Gl. (3.34). Die Gibbs Fundamentalform ist:

 

Jedem Volumselement des Halbleiters werden fünf intensive Variablen , , , , zugeordnet. bezeichnet die Temperatur des Kristallgitters. Das Elektronensystem wird durch die Elektronentemperatur und das elektrochemische Potential charakterisiert. , bezeichnen die Temperatur bzw. das elektrochemische Potential der Löcher.

Weil für das Gesamtsystem weiterhin der Energieerhaltungssatz in der Form von Gl. (3.31) gelten muß, können die Kontinuitätsgleichungen der Gesamtenergie (totalen inneren Energie) der Teilsysteme nicht quellenfrei sein:

   

Die Generationsraten , , beschreiben den Energieaustausch zwischen den Teilsystemen, der zum Ausgleich der Energie- bzw. Temperaturunterschiede zwischen den Systemen führt. , , können mit Relaxationszeiten modelliert werden. Das negative Vorzeichen vor und rührt daher, daß die Ladungsträger die Energie aus dem Feld aufnehmen und infolge von Streuprozessen an das Gitter abgeben, sodaß der Nettoenergieausgleich von den Trägersystemen zum Phononensystem erfolgt.

Summiert man Gl. (4.23), (4.24) und (4.25) erhält man Gl. (3.31). Die Flußdichte der totalen inneren Energie ergibt sich als Summe der Teilströme . Wegen der Gültigkeit von Gl. (3.31) müssen die Generationsraten , , folgende Bedingung erfüllen:

 

Die Entropiebilanzgleichungen der Teilsysteme können in gleicher Weise wie Gl. (3.36) hergeleitet werden. Durch Summation der drei Bilanzgleichungen erhält man die Gesamtentropiebilanzgleichung:

 

Die in Gl. (4.27) verwendeten Wärmeflüsse werden in Übereinstimmung mit Gl. (3.37) definiert:

   

Der erste Summand der rechten Seite in Gl. (4.27) stellt den Beitrag des Phononensystems zur lokalen Entropieproduktion dar. Die zwei nächsten Terme sind dem Elektronensystem, die beiden folgenden Summanden dem Löchersystem zuzuordnen. Die übrigen Beiträge sind auf Wechselwirkungen und Ausgleichsvorgänge zwischen den beteiligten Subsystemen zurückzuführen. Nimmt man die Existenz einer einheitlichen Temperatur () an, geht die Entropiebilanzgleichung (4.27) unter Berücksichtigung von Gl. (4.26) in Gl. (3.36) über.

Durch Anwendung der ersten beiden Postulate der irreversiblen Thermodynamik (2.172), (2.175) auf die Entropiequelle in Gl. (4.27), erhält man das System der phänomenologischen Gleichungen. Neun verschiedene thermodynamische Flüsse und Kräfte können identifiziert werden. Die Matrix der kinetischen Koeffizienten enthält 81 Elemente. Separiert man vektorielle und skalare Effekte nach dem Prinzip von Curie-Prigogine, lassen sich zwei Systeme phänomenologischer Gleichungen anschreiben:

 

Die Matrix der kinetischen Koeffizienten kann vereinfacht werden. Weil Flüsse des einen Ladungsträgersystems unabhängig von den treibenden Kräften des anderen Ladungsträgersystems sind, müssen die kinetischen Koeffizienten , , , sowie , , , null sein. Die Vernachlässigung der Interaktion der Ladungsträger mit dem Kristallgitter ( und ) ist im Niedertemperaturbereich nicht mehr zulässig. Bei Temperaturen bewirkt ein Gradient der Gittertemperatur einen elektrischen Strom , und folglich auch den mit dem Ladungsträgertransport verbundenen Wärmetransport , . Dieser Effekt wird als 'phonon-drag' bezeichnet [52], [201]. Umgekehrt reißen Ladungsträger, die primär aufgrund eines inhomogenen Quasifermipotentials, sekundär auch aufgrund nichtuniformer Trägertemperaturen durch den Kristall driften auch Phononen mit sich, bewirken auf diese Weise einen zusätzlichen Wärmefluß im Kristallgitter ('electron-drag'). Der 'phonon-drag' vergrößert die thermoelektrische Kraft [177], [192], umgekehrt modifiziert der 'electron-drag' den Peltiereffekt [121].

Die Symmetrierelation der kinetischen Koeffizienten des Gesamtsystems (3.38) kann nicht apriori für jedes Band angewendet werden. Die korrespondierenden Symmetrierelationen im Elektronensystem bzw. im Löchersystem sind nur erfüllt, wenn verschiedene Energiebänder nicht signifikant miteinander wechselwirken. Diese Bedingung ist im dotierten (extrinsischen) Halbleiter gut erfüllt, im intrinsischen Halbleiter jedoch nicht. Grundsätzlich sind die Onsager Relationen nur für Subsysteme anwendbar, die ein geschlossenes thermodynamisches System darstellen [52].

Elektrische Leitfähigkeiten, thermoelektrische Kräfte sowie Wärmeleitfähigkeiten können analog zu Gl. (3.42), (3.43) und 3.45) definiert werden. Die Teilchenstromdichten unterscheiden sich von Gl. (3.49), (3.50) nur dadurch, daß statt einer einheitlichen Temperatur spezifische Trägertemperaturen bzw. auftreten:

  

Dagegen wird Gl. (3.51) durch Bestimmungsgleichungen dreier teilsystemspezifischer Wärmeflüsse ersetzt:

   

Der gesamte Wärmestrom kann durch Summation von Gl. (4.34), (4.35) und (4.36) ermittelt werden. Während Gl. (4.34) und (4.35) neben der eigentlichen Wärmeleitung auch einen Konvektionsanteil des Wärmestroms enthalten, erfolgt der Wärmetransport im Kristallgitter allein durch Wärmeleitung. Die Form der elektrothermischen Interaktion ist durch die Ladungsträgersysteme bestimmt. Gl. (4.36) stellt das Fouriersche Gesetz der Wärmeleitung dar.

Setzt man die Wärmeflüsse in die Teilbilanzgleichungen der Entropie ein, ergeben sich drei Wärmeflußgleichungen:

   

Die endgültige Form der Wärmeflußgleichungen des Elektronen-, Löcher- und Phononensystems ergibt sich in Analogie zu Gl. (3.76) durch Anwendung der Maxwellrelationen:

   



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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995