3.5 Makroskopische Transportparameter



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3.5 Makroskopische Transportparameter

Quasiferminiveaus sind empirisch nicht unmittelbar zugänglich. Ebenso ist der Energiestrom nicht direkt beobachtbar, wenn sich auch seine Divergenz als lokale Wärmetönung bemerkbar macht. Andererseits sind zwei Situationen in der Praxis leicht zu realisieren, der isothermische Fall und der stromlose Fall. In diesen Fällen ist auch eine Messung makroskopischer Transportparameter möglich.

Aus diesen Gründen ist es naheliegend, die phänomenologischen Gleichungen (3.38), (3.39), (3.40) so umzuformen, daß sie unter den besagten experimentellen Bedingungen unmittelbar anwendbar sind. Formal bedeutet dieser Schritt eine Parametrisierung der mit wenigen unabhängigen Transportparameter, die physikalisch signifikant und experimentell leicht zugänglich sind, und außerdem zur Charakterisierung von Materialeigenschaften verwendet werden können. Für den thermoelektrischen Transport im Halbleiter werden die elektrischen Leitfähigkeiten und die thermoelektrischen Kräfte für Elektronen und Löcher verwendet, sowie die thermische Leitfähigkeit .

Die Definitionsgleichungen der makroskopischen Transportparameter geben die experimentelle Situation unmittelbar wieder [35], [91]. Die elektrische Leitfähigkeit ist die Ladungsträgerstromdichte pro Einheitsgradienten des dazugehörigen Quasifermipotentials unter isothermischen Bedingungen:

  

Nach der Definitionsgleichung (3.43) ist die thermoelektrische Kraft das Verhältnis der Gradienten von Quasifermipotential und Temperatur. Gl. (3.43) ist eine Erweiterung der klassischen Definition:

 

Diese Definition der thermoelektrischen Kraft wurde ursprünglich für Metalle gegeben, in denen Konzentrationsgradienten keine Rolle spielen. Sie trifft auch auf den homogenen Halbleiter zu, in dem das chemische Potential ortsunabhängig ist. Gl. (3.43) ist insofern eine konsequente Verallgemeinerung von Gl. (3.44), als alle Effekte, die zur Akkumulation von Ladungsträgern am kalten Ende beitragen, auch in die Definition der thermoelektrischen Kraft aufgenommen werden müssen, unabhängig davon, ob sie experimentell von außen leicht (wie , ) oder schwer (wie ) beeinflußt werden können. Die thermoelektrische Kraft (3.43) wird auch als differentielle oder absolute Thermospannung bezeichnet.

Die Wärmeleitfähigkeit ist jener Wärmestrom, der pro Einheit des Temperaturgradienten im stromlosen Fall fließt:

 

Zur Definition der Wärmeleitfähigkeit (3.45) ist zu bemerken, daß Stromlosigkeit eigentlich das Verschwinden der Gesamtstromdichte verlangt. In der Bauelementesimulation wird jedoch der Elektronen- und Löcherstrom getrennt beschrieben (siehe Gl. (3.19), (3.20)). Deshalb ist es angemessen, die Definition der Wärmeleitfähigkeit bandspezifisch zu geben.

Die Anwendung der Definitionsgleichungen (3.42), (3.43), (3.45) auf die phänomenologischen Gleichungen der Form (3.38) liefert folgende Ausdrücke für elektrische Leitfähigkeiten , thermoelektrische Kräfte und für die Wärmeleitfähigkeit :

 

 

 

Mit Hilfe von Gl. (3.46), (3.47) und (3.48) ergeben sich für den thermoelektrischen Transport im Halbleiter folgende Stromrelationen :

   

Gl. (3.49), (3.50), (3.51) enthalten beide Grenzfälle, isothermische elektrische Stromleitung aufgrund angelegter Quasifermipotentiale und Wärmeleitung im stromlosen Fall, weil ein Temperaturgradient existiert. Der erste Fall wird durch das Ohmsche Gesetz beschrieben. Die elektrische Stromdichte in einem isotropen Medium, das auf konstanter Temperatur gehalten wird, ist mittels einer skalaren, isothermischen elektrischen Leitfähigkeit phänomenologisch mit der treibenden Kraft () verknüpft. Im Fall stromloser Wärmeleitung () reduziert sich Gl. (3.51) auf das Gesetz der Wärmeleitung von Fourier. Es muß nochmals darauf hingewiesen werden, daß die Wärmeleitfähigkeit (3.48) den ambipolaren Anteil der Wärmeleitung explizit nicht enthält, weil nach Gl. (3.45) mit der Nebenbedingung der Stromfreiheit jeweils nur einer Ladungsträgersorte ermittelt wird. Die ambipolare Wärmeleitfähigkeit steckt aber implizit in den Gl. (3.49), (3.50), (3.51). Sie ergibt sich, wenn Wärmestrom (3.51) und Wärmeflußgleichung mit der Gesamtstromdichte reformuliert werden (siehe Gl. (4.1), (4.2) im nächsten Kapitel). Diese Form ist für die Bauelementesimulation jedoch nicht zweckmäßig.

Setzt man die Ladungsträgerstromdichten (3.49), (3.50) in die Kontinuitätsgleichungen (3.22), (3.23) ein, erhält man:

  

Mit Hilfe des Wärmeflusses (3.51) kann die Entropiebilanzgleichung (3.36) in eine Wärmeflußgleichung transformiert werden (3.54):

 

Die Expansion des Divergenzoperators und triviale algebraische Umformungen ergeben:

 

Die rechte Seite von Gleichung (3.55) stellt die Wärmegeneration dar. Es kann gezeigt werden, daß sie Thomson's Gesetze impliziert (siehe Gl. (4.2) im nächsten Kapitel).



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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995