Die Bedeutung der inneren Energie in einem dotierten Zwei- bzw. Mehrbandhalbleiter ist nicht eindeutig. Mikroskopisch betrachtet tragen Wärmebewegung sowie molekulare Kräfte kurzer Reichweite zur inneren Energie bei [86], [90]. Das durch die inhomogene Dotierung bedingte ortsabhängige, eingebaute Potential stellt jedoch ein Makropotential dar, das Feldkräfte langer Reichweite bedingt.
Von einem makroskopischen Standpunkt wird die innere Energie eines thermodynamischen Systems (z.B. eines Festkörpers) gewissermaßen negativ definiert, weil sie Beiträge makroskopischer potentieller und kinetischer Energie explizit ausschließt. Nur in einem thermodynamischen System, an dem keine äußeren Kräfte angreifen und das sich im Zustand der Ruhe befindet, ist die innere Energie (Ruheenergie) gleich der Gesamtenergie des Systems. Auch von diesem Standpunkt sind eingebaute Potentiale nicht dem Begriff der inneren Energie zu subsumieren. Dazu kommt, daß für praktische Zwecke der Bauelementesimulation nicht nur die innere Energie und die eingebaute potentielle Energie berücksichtigt werden müssen, sondern auch die Energie angelegter, externer Felder aufgrund der Beschaltung des Bauelements.
Die formaltheoretische Behandlung des Halbleiters im Hinblick auf die
einzelnen Energiebeiträge, die innere Energie und die eingebaute
und angelegte potentielle Energie, ist auf verschiedene Weise möglich.
Folgt man der intuitiven Auffassung, daß die Energie dotierungsbedingter
eingebauter Felder Energie im Inneren des Halbleiters ist, kann
die aufgrund der Dotierung gegebene zusätzliche
ortsabhängige potentielle Energie dem Begriff der inneren Energie subsumiert
werden [91].
In [199] wird dagegen das eingebaute Potential thermodynamisch als
angelegtes Potential betrachtet.
In dieser Arbeit wird umgekehrt das angelegte Potential im Rahmen eines
einheitlichen Banddiagramms wie ein eingebautes Potential behandelt.
Alle drei Behandlungsweisen tragen der Tatsache Rechnung, daß die
Grenze eines thermodynamischen Systems nicht apriori feststeht, sondern
für einen bestimmten praktischen Untersuchungszweck frei gewählt werden
kann.
Danach ist der intrinsische Halbleiter [199], der dotierte
Halbleiter [91] oder der 'Halbleiter plus elektrisches Feld'
als zu untersuchendes thermodynamisches System zu betrachten.
Nimmt man letzteren Standpunkt ein, muß dem zu untersuchenden
thermodynamischen System die totale innere Energie (Gesamtenergie)
zugeordnet werden.
Sie setzt sich aus zwei Beiträgen zusammen:
kann als innere Energie im eigentlichen Sinn bezeichnet werden.
Sie ist dem intrinsischen Halbleiter zuzuordnen.
ist die zusätzliche elektrische Feldenergie, unabhängig davon,
ob sie durch eingebaute oder angelegte elektrische Felder bedingt ist.
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik, der Satz von der Erhaltung der Energie
ist nur auf die Gesamtenergie eines thermodynamischen Systems anwendbar.
Aus der systemtheoretischen Perspektive auf das thermodynamische System
'Halbleiter-Feld' kann das erste Axiom der Thermodynamik als
Erhaltungsgleichung für die totale innere Energie (pro Volumseinheit)
folgendermaßen ausgedrückt werden:
stellt den Vektor der Gesamtenergiestromdichte dar.
Die Gesamtenergie der einzelnen Subsysteme des Halbleiters, d.h. des
Elektronen- bzw. Löchersystems
und des Phononensystems
ist nicht quellen- bzw. senkenfrei.
Auch die Bilanzgleichungen spezieller Energieformen, der kinetischen
Energie
, der potentiellen Energie
und der inneren Energie
(im eigentlichen Sinn)
enthalten Quellen oder Senken.
Die Theorie der klassischen Thermoelektrizität unterscheidet die einzelnen
Energiebeiträge der den Halbleiter konstituierenden Subsysteme
(Elektronen-, Löcher-, Phononensystem) nicht.
In der Gesamtenergiebilanzgleichung (3.31) ist auch die innere
und potentielle Energie ,
nur implizit enthalten.
Im Unterschied zur Hydrodynamik tritt auch die kinetische
Energie explizit nicht in Erscheinung.
Auf die formale Analogie der Definition der
makroskopischen Gesamtenergie
(3.30) mit der Definition der
mikroskopischen
Gesamtenergie des Elektrons
(2.22) im Banddiagramm ist im Hinblick
auf spätere Interpretationen von
hinzuweisen.