3.7.2 Variante 2



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3.7.2 Variante 2

Die Annahme der Gültigkeit des lokalen Gleichgewichts impliziert nicht nur die Anwendbarkeit der Gibbs Fundamentalform, sondern aller thermostatischer Beziehungen in kontinuierlichen thermodynamischen Systemen [90], [115], [192]. Diese Voraussetzung erlaubt die Anwendung der Maxwellrelationen, um in Gl. (3.62) die Entropiedichte zu eliminieren. Indem die Ableitungen der Entropiedichte nach den Ladungsträgerkonzentrationen auf die Änderung der Quasifermipotentiale in Abhängigkeit von der Temperatur zurückgeführt werden [2], [35], [200], ermöglichen die Maxwellrelationen die Auswertung von Gl. (3.62) ohne Einschränkungen und weitere Annahmen:

 

Setzt man Gl. (3.76) in die Wärmeflußgleichung (3.55) ein, ergibt sich:

 

Um Hochdotierungseffekte zu berücksichtigen, werden die Quasifermipotentiale nicht nur als Zustandsfunktionen des elektrostatischen Potentials , der Ladungsträgerkonzentrationen bzw. und der Temperatur , sondern auch der effektiven intrinsischen Ladungsträgerkonzentration betrachtet [168], [174]. Ersetzt man in der Boltzmannstatistik durch , können (2.68) und (2.69) wie folgt geschrieben werden:

  

Mit Hilfe der Ableitungen

lassen sich sowohl die zeitliche Änderung der Entropiedichte (3.76) als auch die Stromrelationen (3.49), (3.50) neu formulieren. Gl. (3.76) nimmt folgende Form an:

 

Entwickelt man die Gradienten der Quasifermipotentiale in Abhängigkeit von , , bzw. , und setzt obige Ableitungen ein, ergibt sich aus Gl. (3.49) und (3.50) folgende Form der Stromrelationen:

  

Gl. (3.89), (3.90) enthalten Gl. (3.28), (3.29), um die elektrische Leitfähigkeit auf die Beweglichkeit zurückzuführen. Die effektive thermoelektrische Kraft kann - verglichen mit (3.73), (3.74) - auf allgemeinere Weise definiert werden:

  

Gl. (3.89), (3.90) lassen sich umformen, um Transportparameter einzuführen, die den verwendeten treibenden Kräften konjugiert sind (wie die Leitfähigkeiten und thermoelektrischen Kräfte den in Gl. (3.49), (3.50) verwendeten):

  

Gl. (3.93), (3.94) enthalten im Unterschied zur einfachen Drift-Diffusionsnäherung (2.131) sowohl einen erweiterten Driftterm als auch einen erweiterten Diffusionsterm. Der Strom setzt sich aus vier Anteilen zusammen. Ein effektives elektrisches Feld [136] berücksichtigt nicht nur angelegte und eingebaute elektrische Felder, sondern zusätzliche innere Felder aufgrund von Hochdotierungseffekten. Letztere sind in Gl. (3.93), (3.94) durch die Ortsabhängigkeit der effektiven intrinsischen Ladungsträgerkonzentration bedingt (siehe auch [150]). Der chemische Diffusionsstrom wird durch die ortsabhängige Ladungsträgerkonzentration verursacht. Er ist wie in Gl. (2.131) dem Konzentrationsgradienten proportional. bezeichnet den Diffusionskoeffizienten. Für ihn gilt die Einsteinbeziehung (2.130). Auch ein Temperaturgradient kann Ursache des Konzentrationsgefälles sein. Der Thermodiffusionsstrom kommt dadurch zustande, daß Ladungsträger in Gebieten höherer Temperatur eine höhere, mittlere, thermische Geschwindigkeit haben. Wegen des damit verbundenen Energieunterschieds wandern die Ladungsträger ins kältere Gebiet. wird als Thermodiffusivität oder Soretkoeffizient bezeichnet. Es stellt sich heraus, daß die effektive thermoelektrische Kraft das Verhältnis von Thermodiffusivität und Beweglichkeit darstellt. kann als Soretfaktor bezeichnet werden.

Faßt man die bisherigen Ergebnisse zusammen, erhält man ein vollständiges System von Bestimmungsgleichungen für den thermoelektrischen Transport. Die Poissongleichung (3.16) beschreibt den Einfluß der transportbedingten Änderungen der Ladungsträgerkonzentrationen auf das elektrische Feld, das seinerseits in den Trägerkontinuitätsgleichungen als stromtreibende Kraft auftritt:

 

Gl. (3.22), (3.23) ergeben mit den Stromrelationen (3.89), (3.90) folgende Kontinuitätsgleichungen für Elektronen und Löcher:

  

Die Wärmeflußgleichung folgt nach kurzer Rechnung aus Gl. (3.55), (3.88) und (3.91), (3.92):

 

Gl. (3.98) ist sowohl im stationären als auch im transienten Bereich gültig.

Die rechte Seite von Gl. (3.98) stellt die Wärmegeneration dar. Sie enthält alle lokalen Energiekonversionsprozesse, die zur Selbsterwärmung beitragen können. Mit der Selbsterwärmung sind Dissipationsvorgänge verbunden. Die arbeitsfähige Energie des angelegten, externen, elektrischen Feldes wird in Wärmeenergie umgewandelt (irreversible Energieumwandlung). Mikroskopisch betrachtet bedeutet Energiedissipation die Umwandlung der kinetischen Energie einer geordneten Molekularbewegung in die kinetische Energie einer ungeordneten Bewegung. Die linke Seite von Gl. (3.98) enthält die Wärmeleitung. Der Wärmetransport durch Wärmeleitung stellt eine Energieübertragung im atomaren Bereich dar, die keine makroskopische Arbeit einschließt.

Es können vier charakteristische Wärmequellen unterschieden werden. Die ersten zwei Summanden beschreiben Joulesche Wärmverluste infolge des Elektronen- bzw. Löchertransports. Die Joulewärme muß immer positiv sein, weil sie dem Quadrat der Stromdichte proportional ist. Die beiden nächsten Terme berücksichtigen die Thomsonwärme. Das Vorzeichen hängt wegen der Stromproportionalität sowohl von der Stromrichtung wie vom Ladungsträgertyp ab. Die Thomsonwärme ist eine Konsequenz der Energieerhaltung. Die Bedeutung der Rekombinationswärme ist bereits in [3] hervorgehoben worden. Sie tritt in Gl. (3.98) - verglichen mit [3] - in einer erweiterten Form auf, die nicht nur den Beitrag des Bandabstandes enthält. Die letzten beiden Ausdrücke werden als Ladungsträgerquellwärme interpretiert. Sie repräsentieren die Änderung der im System enthaltenen Energie aufgrund der Nettoänderung der Konzentration geladener Teilchen in einem Volumselement, dem ein bestimmter, als Produkt der thermoelektrischen Kraft und der Temperatur ausgedrückter Energiewert zugeordnet wird. Der Energieaustausch aufgrund lokaler Umladung ist insbesondere als transientes Phänomen signifikant. Die Ladungsträgerquellwärme kann als transienter Effekt der Zweibandleitung aufgefaßt werden. Im stationären Fall reduziert sich die rechte Seite von Gl. (3.98) auf die quasistatische Näherung der Wärmegeneration (3.75), vorausgesetzt, daß Hochdotierungseffekte vernachlässigt werden ().



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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995