Der Durchlaßbereich liefert den überwiegenden Teil der anfallenden Verlustwärme [80]. Bei gegebener Kühlung ist der Dauergrenzstrom durch die Durchlaßspannung bestimmt. Sie ist verkehrtproportional zur effektiven Lebensdauer, die eine Funktion der Auger-Koeffizienten (3.124) und der Shockley-Read-Hall-Lebensdauern (3.120) darstellt [189].
Die Betriebstemperatur des Bauelements stellt einen strombegrenzenden Faktor im durchgeschalteten Thyristor dar [3]. Die Fermipotentiale (bzw. eingebauten Potentiale) werden mit zunehmender Temperatur kleiner. Daraus müßte sich bei gleichem Anodenstrom eine Erniedrigung der Durchlaßspannung ergeben. Allerdings wird dieser Effekt durch einen zusätzlichen Spannungsabfall in den Basisgebieten überkompensiert, weil in den Mittelgebieten der Beitrag des Rekombinationsstroms zum Gesamtstrom abnimmt. Insgesamt nimmt mit zunehmender Temperatur die Speicherladung in den Mittelgebieten ab, was eine höhere Vorwärtsspannung bedingt. Dieser Effekt wird bei weiterer Temperaturerhöhung durch die Abnahme der Trägerbeweglichkeit verstärkt.
Die Abhängigkeit der Vorwärtsspannung von der
Betriebstemperatur wirkt zunächst stabilisierend [97].
Wenn sich ein Gebiet des Bauelements erwärmt, nimmt dort die Stromdichte
verglichen mit kälteren Gebieten ab.
Aufgrund dieser negativen Rückkopplung versucht das Bauelement die
Gleichverteilung von Strom und Temperatur wiederherzustellen.
Erst bei hohen Temperaturen, wenn die intrinsische
Ladungsträgerkonzentration gegenüber der
Überschußkonzentration nicht mehr vernachlässigt werden kann,
kommt es zu einer Destabilisierung (der kritische Temperaturbereich ist
Grad Celsius).
Konventionelle isothermische Simulationen setzen ideale
Kühlbedingungen voraus.
Tatsächlich ist die Wärmeabfuhr begrenzt,
auch wenn sie sehr gut ist.
In der Folge wird das Problem der thermoelektrischen Stabilität eines
GTO-Thyristors im eingeschalteten Zustand untersucht.
Die Angaben zur Problemspezifikation stammen aus [138], [139].
Es handelt sich um eine Emitterzelle eines TOSHIBA 600V-600A GTO-Thyristors.
Die Scheibendicke beträgt .
Die gesamte Emitterfläche des Thyristors ist
groß.
Das Simulationsgebiet umfaßt eine Hälfte einer symmetrischen
Thyristorzelle.
Es ist lang und
breit.
Abb. 7.1 zeigt die Abmessungen
des
-Emittergebietes, der
-Basis, der
-Basis und des
-Anodenbereichs (von links nach rechts).
Der Anodenkontakt erstreckt sich über die gesamte rechte Seite und
ist
lang.
Der Emitter am linken Rand ist kürzer (
).
Im Unterschied zu [138], [139] ist das Simulationsgebiet in
Abb. 7.1 nichtplanar.
Es ist zu beachten, daß das Rechteck an der linken unteren Ecke
nicht mehr zum Thyristor gehört (nichtplanare
-Basis).
Das
-Basisgebiet ist
lang.
Die Grunddotierung beträgt
.
Die Oberflächendotierung des
-Emitters beträgt
, die der Anode und der
-Basis
.
Abb. 7.2 zeigt den Logarithmus der Dotierung im Simulationsgebiet.
Er wird in
-dotierten Gebieten negativ aufgetragen.
An der Vorderseite ist das hochdotierte Emittergebiet zu erkennen.
Abbildung 7.1: Abmessungen des Simulationsgebietes in
Abbildung 7.2: Dotierstoffkonzentration []
Zuerst wird - wie in [138], [139] - die stationäre
elektrische Lösung für einen Arbeitspunkt der
Durchlaßkennlinie berechnet.
teilen sich auf einen ohmschen Lastwiderstand und den Thyristor auf.
Bei einem Anodenstrom von
beträgt die Durchlaßspannung
.
Die Verjüngung des Simulationsgebietes zum Emitter hin bedingt eine
signifikante Stromeinschnürung.
Abbildung 7.3: Potential [],
,
Abbildung 7.4: Elektronenkonzentration [],
,
Abbildung 7.5: Löcherkonzentration [],
,
Abbildung 7.6: Gesamtstromdichte [],
,
Abb. 7.3 zeigt das elektrostatische Potential.
In Abb. 7.4 und 7.5 ist der Logarithmus der Elektronen- und
Löcherkonzentration
dargestellt.
In beiden Basisgebieten herrschen Hochinjektionsverhältnisse.
Die Elektronen- und Löcherkonzentrationen haben dieselbe
Größenordnung,
sodaß das Elektron-Loch-Plasma als quasineutral betrachtet werden kann.
Das Konzentrationsniveau in den Basisgebieten ist wesentlich höher als
die Grunddotierung.
Deshalb erfolgt der Potentialabfall im -Basisgebiet nahezu linear.
Das Mittelgebiet des Thyristors stellt einen ohmschen Widerstand dar.
Abb. 7.6 zeigt außer der erhöhten Emitterstromdichte eine auffällige
lokale Konzentration des Stromes an der Ecke des nichtplanaren Teils der
-Basis.
Die isothermische elektrische Lösung bildet den Ausgangspunkt der
thermoelektrischen Stabilitätsuntersuchung.
Das elektrische Teilsystem befindet sich für sich im stationären
Zustand.
Die von der Energiedissipation verursachten
Selbsterwärmungsprozesse sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
In [138], [139] bildet die stationäre Lösung den
Ausgangspunkt für die Untersuchung des elektrischen Ausschaltverhaltens
des Thyristors mit ohmscher Last, unter Berücksichtigung von
Selbsterwärmungseffekten.
Im Gegensatz dazu wird in dieser Arbeit untersucht, ob und wie sich in
Abhängigkeit gegebener Kühlbedingungen ein
dynamisches, thermoelektrisches Gleichgewicht einstellt.
Das primäre Interesse gilt dem thermischen und thermisch induzierten
elektrischen Verhalten bzw. der Frage,
ob eine stationäre Lösung des thermoelektrischen Problems existiert.
Zu diesem Zweck wird die transiente Wärmeflußgleichung
zusammen mit den stationären
Ladungsträgerkontinuitätsgleichungen gelöst.
Um die Signifikanz der in Gl. (3.98) enthaltenen Beiträge zur
Wärmegeneration zu zeigen, werden die Simulationen zu Vergleichszwecken
auch mit einem heuristischen Modell der Wärmegeneration
durchgeführt, das
nur Joulsche Verluste und die
Rekombinationswärme berücksichtigt [3], [168]:
In Gl. (7.1) ist zu beachten, daß die Joulewärme mit der elektrischen Feldstärke als treibender Kraft berechnet wird. Die Rekombinationswärme berücksichtigt nur den Beitrag des Bandabstandes.
In der ersten Serie von Simulationen werden sehr gute
Kühlbedingungen angenommen.
Für die Wärmeübergangszahl wird der Wert
gewählt [3], [191].
Die Temperatur der Wärmesenke
beträgt in allen
Simulationen
.
Es wird doppelseitige Kühlung angenommen.
Abb. 7.7 zeigt die zeitliche Entwicklung der maximalen und minimalen
Temperatur im Inneren des Thyristors.
Nach ungefähr drei Millisekunden kommt der
Selbsterwärmungsvorgang zum Stillstand.
Es stellt sich ein stationärer thermoelektrischer Zustand ein.
Dieser Zustand stellt ein dynamisches Gleichgewicht zwischen dem elektrischen
und thermischen Teilsystem dar.
Die Wärmesenke nimmt die gesamte dissipierte Leistung auf.
Die numerischen Ergebnisse in Abb. 7.7 stimmen sehr gut mit der analytischen
Lösung eines äquivalenten, vereinfachten, thermischen
Ersatzschaltkreises überein,
der aus der Wärmekapazität
und einem externen und internen
Wärmewiderstand
besteht.
Wenn man dem thermischen 'Netzwerk' zum Zeitpunkt
die Verlustleistung
sprungförmig einprägt, ergibt sich mit der
Anfangsbedingung
ein zeitlicher Temperaturanstieg, der
folgender Funktion gehorcht:
Gl. (7.2) stellt sozusagen die Sprungantwort des thermischen Systems
dar.
Infolge der Wärmeträgheit des Bauelements (spezifische Wärme,
Massendichte) folgt die Bauelementtemperatur der Verlustleistung
verzögert.
ergibt sich durch Integration der Wärmegeneration über das
gesamte Bauelementvolumen.
stellt den gesamten thermischen Widerstand
(inneren und äußeren) dar.
Das Produkt
bestimmt die
charakteristische Zeit der Selbsterwärmung (thermische Zeitkonstante)
.
Abbildung 7.7: Zeitliche Entwicklung der maximalen und minimalen
Thyristortemperatur (,
)
Der Thyristor nimmt elektrische Energie auf und gibt Wärme an die Umgebung
ab.
Innerhalb des Bauelements finden Energiekonversionsprozesse statt.
Die thermoelektrische Wechselwirkung stellt einen geschlossenen
Wirkungskreislauf dar.
Die Dissipation elektrischer Energie führt zu einer verzögerten
Temperaturerhöhung.
Die charakteristische Zeit der Selbsterwärmung
bestimmt, wie schnell sich Verlustleistungsänderungen thermisch
auswirken, d.h. wie schnell die thermische Wirkung der elektrischen
Ursache folgt.
Umgekehrt bedingt eine Temperaturänderung eine
Änderung der abhängigen elektrischen Variablen (eingebautes Potential,
Elektronen- und Löcherkonzentration) sowie physikalischer elektrischer
Parameter.
Die elektrische Wirkung thermischer Ursachen stellt sich instantan ein.
Ein stationärer thermoelektrischer Arbeitspunkt ist nur dann stabil,
wenn die Zunahme der abgeführten Verlustleistung mit wachsender Temperatur
größer ist als die Zunahme der durch Wärmegeneration zugeführten
Verlustleistung (mit wachsender Temperatur).
Abbildung 7.8: Temperaturerhöhung in Kelvin nach Sekunden
Abbildung: 7.9 Temperaturerhöhung in Kelvin nach Sekunden
Abbildung: 7.10 Temperaturerhöhung in Kelvin nach Sekunden
(heuristisches Modell)
Abb. 7.8-7.10 sind Schnappschüsse der Temperaturerhöhung
im Inneren des Thyristors
nach und
Sekunden.
Nur zu Beginn des Selbsterwärmungsprozesses treten hohe
Temperaturgradienten auf, allerdings bei niedrigen absoluten
Temperaturdifferenzen
.
Mit zunehmender Erwärmung flacht das Temperaturprofil ab.
Aus Abb. 7.7 ist zu ersehen, daß das thermodynamische Modell
der Wärmegeneration höhere Maximaltemperaturwerte liefert als das
heuristische Modell.
Ein Vergleich von Abb. 7.9 und Abb. 7.10 zeigt, daß im Fall des
thermodynamischen Modells das Temperaturprofil im gesamten Bereich
höher liegt.