Transportphänomene sind Nichtgleichgewichtsphänomene. Die Kinetische Transporttheorie erfaßt das Verhalten der Ladungsträger im Halbleiter unter dem Einfluß äußerer Kraftfelder. Nur ein teilweise mit Elektronen gefülltes Band erlaubt einen gerichteten Trägertransport.
Im Festkörper ist ein Teilchentransport zugleich mit einem Ladungstransport und Energietransport verbunden. Das Ziel der Transporttheorie ist die konsistente Berechnung des durch die treibenden Kräfte verursachten elektrischen Stromes und Energiestromes.
Die Boltzmann Transportgleichung (BTE) ist der Ausgangspunkt
der konventionellen, semiklassischen Transporttheorie.
Sie kann aus der Liouville-Neumann Gleichung hergeleitet werden [135].
Die Boltzmann Transportgleichung ist eine pseudoklassische Gleichung, die das
statistische Verhalten der
Elektronen und Löcher im Korrespondenzprinziplimit beschreibt, d.h.
wird als quasikontinuierlich betrachtet, die Bewegung des Wellenpakets
erfüllt die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen [126].
Die Boltzmanngleichung stellt eine Bestimmungsgleichung für die
Nichtgleichgewichtsverteilungsfunktion während des
Ablaufs irreversibler Prozesse dar.
Sie beschreibt das Elektronenkollektiv im
Nichtgleichgewicht durch die Änderung von
in Abhängigkeit
äußerer Kraftfelder und innerer Stoßvorgänge.
Die Boltzmanngleichung kann
als verallgemeinerte Kontinuitätsgleichung im 6 dimensionalen Phasenraum
betrachtet werden, der aus dem jeweils
dreidimensionalen Orts- und Impulsraum besteht.
Die implizite Form der Boltzmanngleichung lautet:
Gl. (2.71) sagt, daß das totale (zeitliche) Differential der Verteilungsfunktion verschwindet. Implizit behauptet Gl. (2.71), daß die zeitliche Änderung der Verteilungsfunktion als Folge äußerer Kräfte durch eine gleich große zeitliche Änderung der Verteilungsfunktion durch Stoßprozesse kompensiert wird:
Entwickelt man die linke Seite von Gl. (2.72), ergibt sich:
Gl. (2.72), (2.73) lassen sich zusammenfassen. Berücksichtigt man außerdem Gl. (2.9), (2.10) erhält man die zeitabhängige Form der Boltzmann Transportgleichung:
Der erste Summand der linken Seite in Gleichung (2.74)
repräsentiert die lokale, direkte Abhängigkeit der
Nichtgleichgewichtsverteilungsfunktion von der Zeit.
Der zweite Term stellt die örtliche Abhängigkeit der
Verteilungsfunktion dar.
Er wird als Diffusionsterm bezeichnet, weil
er Transporteffekte aufgrund ortsabhängiger Temperatur und
Ladungsträgerkonzentrationen beschreibt.
ist die Geschwindigkeit des Blochelektrons im Kristallgitter.
Der letzte Term der linken Seite in (2.74) wird Feldterm genannt.
Er ist der Teilchenbeschleunigung
proportional, über den die auf das Teilchen wirkenden Kräfte unmittelbar
eingehen. Nach Gl. (2.24) ist die auf das Blochelektron wirkende Kraft
proportional dem Gradienten seiner potentiellen Energie, die aus externen
und internen sogenannten eingebauten Feldern stammt.
Die rechte Seite in Gl. (2.74) wird als Stoßterm bezeichnet. Er beschreibt die zeitliche Änderung der Verteilungsfunktion aufgrund von Streuprozessen im Halbleiter. Ein Gitterstoß ist ein mit der Emission oder Absorption eines Phonons verbundener Prozeß. Neben der Phononenstreuung sind Streuprozesse an ionisierten und (bei tiefen Temperaturen) neutralen Störstellen zu berücksichtigen. Durch Elektron-Phonon Wechselwirkung wird Energie und Impuls zwischen dem Elektronensystem und Ionengitter ausgetauscht. Der Kollisionsterm enthält sowohl Intraband wie Interbandübergänge. In [120] werden beide Ereignisklassen separiert.
Ein stationärer, stromführender Zustand stellt sich dann ein, wenn sich die Beschleunigung der Elektronen durch das elektrische Feld und die Abbremsung durch Phononenemission (und andere Streuprozesse) kompensieren. Die aus dem Feld aufgenommene Energie wird dann von den Ladungsträgern an das Gitter abgegeben. Die Elektron-Phonon Wechselwirkung führt zu einer Dissipation der Überschußenergie des Elektronensystems.