Die sich nunmehr stellende Aufgabe ist, optimale Gewichtsfunktionen zu finden, die für Elektronen-, Löcher- und Verschiebungsstromdichten gleichermaßen optimal sind. Aus den Schlußfolgerungen des Abschnittes 2.3 ergibt sich, daß die Gewichtsfunktionen für alle drei Teilstromdichten in den Halbleitergebieten ident sein müssen. Für Isolatorgebiete, in denen die Verschiebungsstromdichte integriert wird, muß die nunmehr einzige Gewichtsfunktion stetig angeschlossen werden. Die Fragestellung legt nahe, das arithmetische Mittel der Funktionale für Elektronen und Löcher (2.23)-(2.24) für die gemeinsame Gewichtsfunktion zu minimieren, nämlich
Die Funktion ist
in Raumladungszonen (falls solche existieren) klein, sodaß die
Gradienten der Gewichtsfunktion gerade in
Raumladungszonen auftreten.
Die Lösungen dieser Extremwertaufgabe
erfüllen die lineare partielle Euler-Lagrangegleichung
Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, daß
Gewichtsfunktionen dieses Typs in [72]
in Erwägung gezogen wurden,
jedoch aufgrund von Schwierigkeiten bei der
Diskretisierung verworfen worden sind.
Die Diskretisierung dieser partiellen Differentialgleichung
erfolgt durch finite Differenzen.
Analog zu (2.23) und (2.24)
ist durch harmonische Mittenwertapproximation die Stabilität der
Diskretisierung zu gewährleisten. Für die
x-Richtung liefert diese Interpolation den Ausdruck
unter Einsatz der exponentiellen Interpolationsformeln (2.31) und (2.32). Die bestimmte Integration liefert
mit den Parametern und
der Diskriminante
und der Funktion
Zur Implementation der Interpolationsformel (2.41)
ist sorgfältig auf die Vermeidung von
Unter- bzw. Überläufen der Fließkomma-Arithmetik zu achten,
die durch die sehr großen bzw. kleinen auftretenden Zahlen
leicht entstehen können. Am einfachsten logarithmiert
man die Beträge von Zähler und Nenner des Argumentes der
Area- bzw. Arcusfunktion und begrenzt den Betrag der Differenz
mit dem größtmöglichen durch die Computerarithmetik
zur Verfügung stehenden Exponenten. Weiters hat
die hyperbolische Tangensfunktion bei Polstellen.
Der Wert der Areafunktion kann in der
Nähe durch den maximalen Exponenten
der Computerarithmetik ersetzt werden.
Setzt man in (2.41)
abwechselnd und ,
bzw. und zu Null, so geht die
Interpolationsformel (2.41)
erwartungsgemäß in (2.35) für Elektronen
bzw. in (2.36) für Löcher über.
Eine kurze Überlegung zeigt, wie beliebige Gewichtsfunktionen,
die bloß auf dem Halbleitergebiet definiert sind, auch zur
Bestimmung des Verschiebungsstroms verwendet werden können.
Dazu denke man sich diese Gewichtsfunktionen
in die Oxidgebiete beliebig stetig fortgesetzt.
Einzige Einschränkung ist,
daß am äußeren Rand der Oxidgebiete
die für die Gewichtsfunktionen notwendigen
homogenen Dirichlet- (D) bzw. Neumann-Randbedingungen (N)
gemäß (2.5) bzw. (2.6)
eingehalten werden.
Man erhält für das Gesamtgebiet
gültige Gewichtsfunktionen
mit beliebigen Funktionen . Die Beiträge der Oxidgebiete können nun einzeln in Oberflächenintegrale über die Berandung dieser Gebiete verwandelt werden:
Diese Oberflächenintegrale sind nur
von der Verschiebungsstromdichte
und von den Gewichtsfunktionen an der Berandung
, nicht
jedoch vom Verlauf im Inneren der Oxidgebiete
abhängig.
Der gesamte Verschiebungsstrom kann solcherart aus
einem Volumenintegral mit dem Gradient der Gewichtsfunktion
im Halbleitergebiet,
und aus Beiträgen von Oberflächen-integralen entsprechend
den Oxidgebieten zusammengesetzt werden.
Für Gate-Kontakte, die keine entsprechenden Gewichtsfunktionen
im Halbleitergebiet besitzen, existieren auch keine
Fortsetzungen derselbigen, d.h. der Bereich der
Gewichtsfunktionen entartet auf die Gate-Kontakte selbst.
Deswegen müssen für die Verschiebungsströme, die über diese
Gate-Kontakte fließen, Linienintegrale berechnet werden.
Abbildung 2.1: Querschnitt durch den Oxidkörper eines MOSFETs.
Zur Illustration betrachte man den Querschnitt
durch den planaren Oxidkörper eines MOSFETs
mit angrenzendem Source-, Drain- und Gate-Kontakt
(Abbildung 2.1). Die Linien
, ,
gehören zum Dirichlet-Rand des Gate-Kontaktes,
zum Dirichlet-Rand des Drain-Kontaktes und
zum Dirichlet-Rand des Source-Kontaktes.
Die Oberflächenintegrand dieser Abschnitte
wird entweder mit = oder = gewichtet.
Die Verschiebungsstromdichte
auf der Linie , die an das Halbleitergebiet grenzt,
wird mit der Gewichtsfunktion des Halbleitergebietes
multipliziert. Die beiden verbleibenden Abschnitte
und sind Neumannränder,
an denen die Gewichtsfunktion vorgegeben werden kann.
Um die Bedingung (2.7) zu erfüllen, wählt
man zweckmäßig die Gewichtsfunktionen als stetige lineare
Funktionen im Intervall [,]. Das bedeutet, daß
beispielsweise auf der Linie die Gate-Gewichtsfunktion
komplementär (bezüglich ) zur
Source-Gewichtsfunktion sein muß.
Bei einem SOI-MOSFET mit einem vergrabenen Substratkontakt
(Backgate) kann der Verschiebungsstrom direkt auf der
Grenzfläche zwischen Halbleiter und vergrabenem Oxid
integriert werden.