3.7 Stabilitäts- und Konvergenztheorie



next up previous contents
Next: 3.8 Ableitungen nach Up: 3 Zeitveränderliche Generations- und Previous: 3.6 Kopplung mit den

3.7 Stabilitäts- und Konvergenztheorie

 

Der Grund der Komplexität der klassischen Van-Roosbroeck-Halbleitergleichungen liegt in ihrer Nichtlinearität, die analytische Resultate sehr erschwert. Nicht nur die Gleichungen selbst, auch die physikalischen Parameter (z.B. ,,) hängen nichtlinear von den unabhängigen Variablen ab. Das gilt auch für das Shockley-Read-Hall-Modell der indirekten transienten Generation und Rekombination.
Ein einfaches und doch aussagekräftiges mathematisches Werkzeug ist die Kleinsignalanalyse der linearisierten Gleichungen im thermischen Gleichgewicht. Unter anderem ist es die Standardmethode zum Beweis der Stabilität diskreter Approximationen im Zeitbereich.
Im folgenden wird eine Kleinsignal-Analyse im thermodynamischen Gleichgewicht der mit den Halbleitergleichungen gekoppelten Störstellen-Bilanzgleichung durchgeführt. Zur funktionalanalytischen Notation ist folgendes grundsätzlich vorauszuschicken. sei der (Sobolev-) Raum der Funktionen . Diese Funktionen und ihre partiellen Ableitungen gehören dem -Funktionenraum an. Eine Teilmenge dieser Funktionen, , aus ist jene mit homogenen Dirichlet-Randbedingungen auf dem Dirichlet-Teil der Berandung (ohmsche Kontakte). Dieser Raum werde benannt, und sei das Komplement dazu, sodaß das Paar und vollständig ist. Spitze Klammern (<, >) mit rechts tief gesetztem Symbol notieren das innere Produkt zweier Funktionen, d.h. für Funktionen und aus sei

definiert. Doppelte Betragsstriche notieren gewichtete Normen in , d.h. für Funktionen und Gewichte ist

definiert. Weiters ist durch

eine Norm für den Funktionenraum in definiert.
Ausgehend von den Werten , , und , die die zeitlich festen Werte der unabhängigen Variablen im thermodynamischen Gleichgewicht darstellen, werden zeit- und ortsabhängige komplexe Kleinsignalgrößen , , und definiert, die über die Beziehungen

    

mit den unabhängigen Variablen , , und verbunden sind. Die komplexe Variable repräsentiert den Dämpfungskoeffizienten der Kleinsignalgrößen. Abklingende Störungen des thermodynamischen Gleichgewichts verlangen Re.
, , , und genügen homogenen Dirichlet-Randbedingungen an den ohmschen Kontakten und homogenen Neumann-Randbedingungen überall sonst. Man setzt nun den Variablensatz (3.60)-(3.63) in (3.54)-(3.56) ein und erhält so nach Berücksichtigung des thermodynamischen Gleichgewichts

die Kleinsignalgleichungen wie folgt. Alle örtlich variablen Parameter dieses Gleichungssystems seien im thermodynamischen Gleichgewicht ausgewertet und zeitlich unveränderlich. Man definiert weiters die verteilten Parameter

wobei und die üblichen Emissionsparameter (siehe Abschnitt 3.1) im thermodynamischen Gleichgewicht sind. Die Auswertung der SRH-Gleichungen für das diskrete Energieniveau führt auf

Unter Vernachlässigung von Größen höherer als erster Ordnung erhält man die linearen Kleinsignalgleichungen

    

Man multipliziert die Poissongleichung (3.72) mit and integriert partiell, was unter Berücksichtigung der homogenen Randbedingungen auf

 

führt. Nun werden die linken Seiten von Gleichung (3.73) mit , (3.74) mit und (3.75) mit multipliziert und unter der Annahme von , , , als räumlich konstant, partiell integriert. Nach Division der sich nun ergebenden Vorfaktoren und Addition der drei Gleichungen erhält man für die linke Seite mit Hilfe von Gleichung (3.76) den Ausdruck

 

was nach Vereinfachung auf die Gleichung

 

führt. Die nichttrivialen Lösungen dieser Gleichung bezüglich sind die komplexen Eigenfrequenzen des Systems.
Das Problem bei der Lösung dieser Gleichung liegt in den inneren Produkten , die komplexe Zahlen sind und definitive Aussagen zur Lage der Eigenwerte nicht zulassen. Setzt man hingegen , so erhält man mit Hilfe von Gleichung (3.78) und der Abschätzung

mit eine Eingrenzung der Eigenwerte auf der negativen reellen Achse [69]

Demzufolge sind die reell und negativ. Auf kleine Störungen im thermodynamischen Gleichgewicht reagiert das dynamische System mit exponentiell abklingenden Bewegungen. Insbesondere ist mit Im das System nicht schwingungsfähig.
Eine Erweiterung dieses Resultates auf Systeme mit Störstellen nach dem Modell von Shockley-Read-Hall erscheint nicht unbedingt gegeben. Wenn auch die Gleichung (3.78) einer trivialen Interpretation nicht zugänglich ist, so läßt eine Vereinfachung Rückschlüsse auf die Eigendynamik zu.
Die Schwierigkeiten in der Analyse von (3.78) besteht in der Kopplung von Elektronen und Löchern in (3.75). Eine naheliegende Vereinfachung besteht darin, einen der beiden Ladungsträger zu vernachlässigen, z.B. die Löcher. Da die Gleichungen bezüglich der Kleinsignalgrößen der Elektronen und Löcher symmetrisch sind, ist die Analyse des komplementären Falles dazu analog.
Man betrachte also das System der Elektronen und Störstellen und setze , und damit bzw. . Eliminiert man die dynamische Gleichung der Störstellen (3.75), so findet man für die Poissongleichung und die Kontinuitätsgleichung der Elektronen

  

In analoger Vorgangsweise zu (3.76)-( 3.78) multipliziert man (3.81) mit und (3.82) mit und integriert partiell, was nach Berücksichtigung der homogenen Randbedingungen auf

  

führt. Man kann nun die Gleichungen (3.83) und (3.84) in ihren Real- und Imaginärteil trennen. Für den Realteil erhält man die Gleichungen

  

und für den Imaginärteil die Gleichungen

  

Die Gleichungen (3.85)-(3.88) sind unabhängig von . Setzt man (3.87) gleich (3.88), so sieht man, daß die Gleichung für eine Gleichung für darstellt:

 

Demzufolge können konjugiert komplexe in der linken Halbebene existierengif. Weitere Lösungen folgen für . In diesem Fall ist wegen Gleichung (3.83) der Ausdruck reell. Mit Hilfe der Identität

 

findet man eine quadratische Gleichung mit positiven Koeffizienten für die beiden :

 

Aufgrund der elementaren Beziehung

 

hat die quadratische Gleichung zwei reelle Wurzeln mit negativem Vorzeichen.
Das wichtige Ergebnis dieser Analyse ist die Tatsache, daß alle ganz in der linken Halbebene liegen. Das bedeutet, daß das kontinuierliche dynamische System innerhalb der gegebenen Einschränkungen stabil ist, also nur zu abklingenden Eigenbewegungen fähig ist. Dieses Resultat läßt sich für diskrete Approximationen in folgender Weise anwenden [69]. Man setzt eine konstante Zeitschrittweite voraus und führt die zeitdiskreten Variablen

    

ein. Diskretisiert man das System (3.53)-(3.56) zeitlich mit dem impliziten Euler-Verfahren, so erhält man die zeitdiskreten Kleinsignalgleichungen, die in das System (3.72)-(3.75) übergeben, falls man durch

ersetzt. Durch die dadurch gegebene konforme Abbildung wird die linke -Halbebene in den -Einheitskreis abgebildet. Das bedeutet Stabilität einer impliziten Euler-Diskretisierung unter den gegebenen Einschränkungen.



next up previous contents
Next: 3.8 Ableitungen nach Up: 3 Zeitveränderliche Generations- und Previous: 3.6 Kopplung mit den



Martin Stiftinger
Fri Oct 14 21:33:54 MET 1994