Im Rahmen der MC Simulation wird die Zwischentalstreuung aufgeteilt in Übergänge zwischen energieentarteten Tälern eines Bandminimums und Übergänge zwischen energetisch verschiedenen Bandminima. Erstere nennt man äquivalente Zwischentalstreuung, sie ist möglich im L und X Minimum, zweitere heißen nichtäquivalente Zwischentalstreuung und können zwischen allen Minima auftreten (-L, -X, L-X und umgekehrt). Dabei ist die Streurate jeweils proportional zur Anzahl der Endtäler im betreffenden Minimum. Für verspannte HL ist diese formale Auftrennung natürlich nicht sinnvoll, da jedes Tal im Prinzip eine unterschiedliche Minimumenergie aufweisen kann. Daher muß jedes Tal als eigenes Minimum behandelt werden. Es gibt sozusagen nur mehr nichtäquivalente Streuung zwischen beliebigen Tälern (-, -, X100-, ), die Anzahl der Endtäler reduziert sich auf Eins.
Als Beispiel ist die (F) Charakteristik in Ga0.75In0.25As für pseudomorphes Wachstum auf GaAs (Abbildung 6.31) und InP (Abbildung 6.32), jeweils in Parallel- und Normalrichtung zur (001) Grenzfläche, im Vergleich zum unverspannten Fall dargestellt. Die Deformation ist in diesem Material in beiden Fällen betragsmäßig ungefähr gleich, sodaß sich ein interessanter Vergleich zwischen der kompressiven (auf GaAs: ) und tensilen (auf InP: ) Belastung ergibt. Abgesehen von der Erhöhung von bei niedrigem Feld unter biaxialer Dehnung sowie der Reduktion unter Kompression, wie sie schon beim Verspannungseinfluß auf die Nullfeldbeweglichkeit in Abschnitt 6.1.8 behandelt wurden, beobachtet man in beiden Fällen eine Degradation des Hochfeldtransports. Die Reduktion von ist bei Kompression ausgeprägter, wie auch die Anisotropie zwischen Parallel- und Normaltransport. Dies beruht auf der Änderung der Population der Täler. In Abbildung 6.33 sind die relativen Besetzungen der , L und X Minima dargestellt. Da die Besetzung der Täler unabhängig von der Richtung des elektrischen Feldes ist, ist jeweils nur eine Kurvenschar gezeigt. Im Vergleich zum unverspannten Fall werden die X Minima schon bei wesentlich geringeren Feldern populiert. Da die Energiedifferenz der X100 und X010 Täler zu für stärker sinkt als der Abstand von X001 zu für (vgl. Abbildung 5.2), ist der Effekt im Kompressionsfall deutlich stärker.
Die unterschiedlichen Verläufe für Parallel- und Normalrichtung, also die Anisotropie, erklärt sich wieder aus den verschiedenen longitudinalen und transversalen effektiven Massen. Folgendes Beispiel soll zur Erläuterung dienen: Bei biaxialer Kompression sind die X100 und X010 Täler dominant populiert. So bestimmt für F in [001] Richtung (normal zur Grenzfläche) die transversale Masse mtX die Driftgeschwindigkeit in X, während für Felder in [100] oder [010] Richtung (parallel zur Grenzfläche) das arithmetische Mittel maßgeblich ist. Im zweiten Fall ist wegen mlX>mtX niedriger. Unter den Annahmen, daß in den einzelnen Minima umgekehrt proportional zu deren Massen ist und daß alle Minima im Verhältnis ihrer Population zur Gesamtdriftgeschwindigkeit beitragen, errechnet man für die maximale Besetzung von X, die bei auftritt (Abbildung 6.33), ein Verhältnis der Parallel- zur Normalkomponente von von 3:4. Dieser Wert stimmt sehr gut mit den MC Simulationsergebnissen überein (Abbildung 6.31) und stellt gleichzeitig die maximale Anisotropie für diese Materialkombination dar. Die und L Minima liefern dabei für alle Richtungen gleich große Beiträge, tragen also nicht zur Anisotropie bei.
Zum Abschluß wird noch die Änderung des Transportverhaltens für pseudomorphes GaxIn1-xAs auf GaAs in Abhängigkeit von der Legierungskonzentration, und damit von der Verspannung, als Funktion der elektrischen Feldstärke demonstriert. Abbildung 6.34 zeigt den für HEMT wichtigen Fall des Transports parallel zur Grenzfläche und in Abbildung 6.35 ist der Normaltransport dargestellt, wie er für HBT maßgeblich ist. Die Driftgeschwindigkeit, die im unverspannten Fall aufgrund der Legierungszusammensetzung leicht unter der von reinem GaAs liegenden würde, wird mit zunehmender Verspannung deutlich verringert, auch die Anisotropie nimmt zu.